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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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des Sultans ergründen zu wollen. Der Verstand dieses Mannes war ein ebensolches Labyrinth wie die Sandsteintäler seiner Heimat.
    »Die Männer setzen Fett an«, stellte der Sultan missbilligend fest.
    »Das dürfte ihnen bei den knapp bemessenen Rationen, die du ausgeben lässt, schwer möglich sein«, warf Salim trocken ein.
    »Spar dir deine geistreichen Bemerkungen für das Schlafgemach auf«, gab der Sultan mit einem viel sagenden Blick zu Bilal zurück, der diesem das Blut in die Wangen trieb. »Ich sage, dass die Männer Beschäftigung brauchen, ehe sie vergessen, was dieses Wort bedeutet.« Er trank einen Schluck Tee, dann fuhr er fort: »Deswegen schicke ich dich auch in den Süden - stöbere jemanden auf, der vor Räubern gerettet werden muss oder Schutz oder sonst irgendetwas braucht, was eine Elitetruppe von Soldaten in Atem hält.«
    »Soll ich nach Kerak reiten?«, erkundigte sich Salim hoffnungsvoll.
    »Auf keinen Fall«, beschied ihn sein Vater.
    »Aber es könnte nützlich sein, herauszufinden, was Arnat im Schilde führt.«
    »Das ist mir bereits bekannt«, entgegnete der Sultan. »Er ist mit den anderen Edelleuten in Al-Quds und versucht ihren König dazu zu bewegen, etwas gegen Raymond von Tripolis zu unternehmen. Sie werden vermutlich früher oder später Erfolg haben, aber natürlich rechnen sie nicht mit Tripolis’ neuer muslimischer Leibgarde.«
    Ein Lächeln trat auf sein Gesicht, verblasste aber rasch wieder, und er heftete seine scharfen Augen auf seinen Sohn. »Da Arnat momentan anderweitig beschäftigt ist, ist der Zeitpunkt ideal für einen Erkundungsgang. Wenn möglich, müssen wir unbedingt in Erfahrung bringen, wie stark Kerak genau ist - welche Mitglieder seiner Familie  sich in der Burg aufhalten, wie viele Ritter seine Garnison umfasst, über wie viele Vorräte er verfügt, wie es mit der Wasserversorgung aussieht …«
    »Du willst die Burg belagern?« Salim nippte an seinem Tee und stellte das Glas dann beiseite. Bilal konnte den Blick nicht von ihm abwenden; die Anmut des Prinzen faszinierte ihn immer wieder von neuem. Auch der Sultan beoachtete seinen Sohn. Bilal meinte, tief in seinen Augen verborgen einen Funken von Anerkennung aufblitzen zu sehen und fragte sich, warum der Mann derartige Gefühle ständig zu unterdrücken versuchte.
    »Es wäre mir lieber, wenn es nicht dazu käme«, sagte Saladin endlich. »Jedenfalls noch nicht jetzt. Ich kann im Moment weder die Zeit noch die Männer dafür entbehren. Aber andererseits wäre Jerusalems Armee geschwächt, wenn Arnats Truppen nicht zu ihr stoßen könnten. Doch wir sollten mit weiteren Spekulationen warten, bis uns Tatsachen bekannt sind.«
    Unverhofft wandte er sich an Bilal. »Du sagtest, die beiden verfeindeten Parteien deines Stammes lägen schon lange im Krieg miteinander. Hast du schon einmal an einem ghazw teilgenommen?«
    Überrascht erwiderte Bilal: »Nur als Kundschafter, Hoheit.«
    Der Sultan musterte ihn einen Moment lang forschend, dann fuhr er fort: »Die Beduinen sind die besten ghuzat, die ich je gesehen habe. Ich hoffe, du kannst meinem Sohn etwas über ihre Raubzugtaktiken beibringen, und zu diesem Zweck wirst du ihn in den Süden begleiten.« Er wandte sich wieder an Salim. »Ihr werdet heute Abend aufbrechen. Geh jetzt und gib deinen Männern Bescheid.«
    Die beiden jungen Männer verneigten sich vor dem Sultan und verließen das Zelt. Saladin sah ihnen mit nachdenklicher Miene nach.
     Salim lachte, als Bilal ihn fragte, ob er glaubte, sein Vater könne bezüglich der Natur ihrer Beziehung Verdacht geschöpft haben. »Mein  Vater ist über alles im Bilde, was sich in seinem Lager abspielt.« Er lachte wieder, als er Bilals entsetztes Gesicht sah. »Glaub mir, er weiß auf die Minute genau, wann du in mein Bett gekommen bist, aber er stört sich nicht daran. Warum auch? Schließlich bist du weder eine Jungfrau, für die ein Brautpreis zu entrichten wäre, noch ein geldgieriger Vater, der seine Ehre bedroht, noch eine verheiratete Frau, die meine besudeln könnte. Außerdem sind wir nicht das einzige Liebespaar hier. Das ist ein Teil des Lebens in der Armee, wenn die Männer weit fort von ihren Frauen sind und es ihnen verboten ist, Huren aufzusuchen.«
    Noch immer nicht ganz überzeugt stürzte sich Bilal dankbar in die Vorbereitungen für ihren Auf bruch. Als die Abenddämmerung hereinbrach, verließen sie das Lager. Der Sultan und sein Sohn nickten sich zu, wechselten aber kein Wort miteinander.

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