Wunder wie diese
abgemachte Sache, wenn ich mich nur mal bequemen und was unternehmen würde. Wahrscheinlich haben sie recht und ein Mann ist schließlich kein Kamel. Trotzdem interessiert mich nichts wirklich von dem, was sie zu erzählen hat.)
– Lauren aus dem Soziologieseminar. Ziemlich abgefahren. Ich kenn sie kaum. Trägt auffällige Ketten. Hasst Durkheim.
– Michaela (in Billionen von Jahren nicht. Ziemlich krank, sie überhaupt zu erwähnen.)
22. August
Okay. Zuerst einmal muss ich gestehen, dass ich total besoffen bin, und da der Wein, den ich eben erst geschluckt habe, noch nicht im Blutkreislauf angekommen ist, werde ich gleich noch besoffener sein. Der Grund für das Besäufnis ist, dass heute ein Anruf von Michaela kam. Der hat mich restlos fertiggemacht. Ich dachte, ich hätte ihr auf dem Flughafen bereits erklärt, was ich davon halte – an jenem scheußlichen Tag. Aber nein. Sie ruft aus Perth an und meint, sie könne sich ein bisschen mit mir unterhalten, als wäre nichts geschehen.
Sie fragt mich, wie’s mir geht, wie’s in der Uni läuft, wie es Mum und Dad geht!?!
Ich frage sie, von wo aus sie anruft.
Sie zögert einen Moment und gesteht dann, dass sie bei Brad ist.
»Oh, wie geht’s Brad denn so?«, frage ich mit eindeutigem Unterton.
Sie ziert sich ein bisschen, dann reißt sie sich zusammen und sagt, es ginge ihm gut.
»Na, das ist doch prima, Michaela«, entgegne ich. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich mich das macht. Und warum zum Teufel rufst du mich an?«
Darauf meint sie, dass sie immer noch hoffe, wir könnten Freunde sein.
Freunde! Lasst mich euch mitteilen, liebe Leser, oder wer immer geneigt ist zuzuhören, warum Michaelas Hoffnung, wir könnten jemals Freunde sein, völlig daneben ist.
Wenn ich nur an ihr Leben in Perth denke, steigt mir vor Eifersucht die Galle hoch. Ich schmecke sie und spüre sie durch jede meiner Zellen pulsieren. Sie weitet meine Kapillargefäße. Sie brummt mir in den Ohren. Damit meine ich nicht nur meine Eifersucht auf Brad. Das trifft es bei Weitem nicht. Ich bin auf ihre gesamte Familie eifersüchtig: ihre Eltern, Schwestern, Onkel, Tanten, Cousinen, die sie ständig sehen dürfen, die mit ihr Weihnachten und ihre Geburtstage feiern. Ich bin eifersüchtig auf alle ihre Freunde, die mit ihr nach der Uni den Strand entlanglaufen dürfen, die mit ihr sonntags Fußball spielen gehen und hinterher mit ihr auf die Saison anstoßen, die jeden Montagabend mit ihr Buffy sehen dürfen. Ich bin eifersüchtig auf die Busfahrer, bei denen sie ihren Fahrschein kauft, auf den Moment der Nähe, der ihnen zuteilwird, wenn sie ihren Fahrschein entwertet. Ich bin eifersüchtig auf die Verkäufer im Laden, wo sie ihre Kaugummis und Zeitungen kauft, über die flüchtigen Begrüßungen und Berührungen, die ihnen zukommen, wenn sie ihnen das Geld gibt. Ich bin eifersüchtig auf das heiße Wasser, das beim Duschen über ihre Haut rinnt und ihr Haar benetzt. Ich bin eifersüchtig auf den Spiegel, der das Funkeln ihrer warmen braunen Augen wiedergeben darf. Ich bin neidisch auf das Kissen, auf dem sie nachts ihre Wange bettet. Elende Bastarde! Sie haben so viel von ihr und ich habe nichts.
Habe ich schon erwähnt, dass Jeff Buckley läuft, während ich dies schreibe. Ist so. Und es hilft nicht gerade, das Feuer zu löschen. Ich werde jetzt so schnell bestimmt nicht wieder damit aufhören können, so viel ist sicher.
Ihre Schultern.
Dieses Schlüsselbein.
Brad kann ihre Schultern küssen, wann er will. Er kann sich jederzeit an dem So-viel-er-küssen-kann-Buffet ihrer Schultern bedienen und ich halte es nicht aus, auch nur daran zu denken. Aber plötzlich kann ich an nichts anderes mehr denken.
Das ist der Grund, warum wir keine Freunde sein können, wie sie sich am Flughafen erdreistete vorzuschlagen und dann noch mal in einem Brief und nun per Telefon. Was denkt sie sich eigentlich! Ich vermiss dich so, Chris. Wir waren doch immer so gute Freunde, Chris. Lass uns wenigstens einen Teil von dem, was wir hatten, retten, Chris. Sie versucht bloß, ihr eigenes Gewissen zu beruhigen.
Wie stellt sie sich das denn vor, diesen freundschaftlichen Auftritt? Also Michaela, Freundin, Kumpeline, erzähl doch mal, wie hat es dir Brad gestern Nacht besorgt? Mhmmm, mhm. Aha. Erzähl mir doch noch mehr davon, Kumpel – fang doch mal ganz von vorn an, weil weißt du, liebe Freundin, ich kann einfach nicht genug davon kriegen, mir die verschiedensten Szenarien auszumalen. Habt
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