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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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schnippte mit den Fingern. »Und in der Schule bin ich einfach ein Goth-Girl. Ja, das ist es, so mach ich das.«
    »Klingt nach einem Plan.« Ich nickte.
    »Danke, Auggie.« Sie kicherte. »Weißt du, das mag ich am liebsten an dir. Ich hab das Gefühl, dass ich dir alles erzählen kann.
    »Ja?«, erwiderte ich und nickte. Ich machte ein Daumen-Hoch-Zeichen. »Ultracool.«

Schulfotos
     
    Ich glaube, niemand wird vor Überraschung aus dem Sitz kippen, wenn ich sage, dass ich am 22. Oktober nicht für die Schule fotografiert werden will. Auf keinen Fall. Nein danke. Ich erlaube es schon seit einiger Zeit niemandem mehr, Fotos von mir zu machen. Ich glaube, man könnte es eine Phobie nennen. Nein, eigentlich ist es keine Phobie. Es ist eine »Aversion«, ein Wort das ich übrigens gerade bei Mr. Browne im Unterricht gelernt habe. Ich habe eine Aversion dagegen, mich fotografieren zu lassen. Na also, da hätte ich das Wort auch schon in einen Satz eingebaut.
    Ich hatte geglaubt, Mom würde versuchen, mich dazu zu bewegen, meine Aversion gegen das Fotografiertwerden wegen des Schulfotos aufzugeben, doch es war nicht der Fall. Aber während ich es schaffte, dass man kein Porträtfoto von mir aufnahm, konnte ich leider nicht verhindern, mit aufs Klassenfoto zu müssen. Würg. Der Fotograf sah aus, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen, als er mich sah. Ich bin mir sicher, dass er glaubte, ich würde das Foto ruinieren. Ich war einer derjenigen, die ganz vorn saßen. Ich lächelte nicht, aber es hätte ja auch sowieso keiner gemerkt.

Schimmliger Käse
     
    Vor gar nicht so langer Zeit ist mir aufgefallen, dass die Leute sich zwar an mich gewöhnen, dass mich aber niemand berühren will. Zuerst bemerkte ich das gar nicht, denn es ist ja sowieso nicht so, als ob die Kinder in der Middle School rumlaufen und sich die ganze Zeit betatschen würden. Aber letzten Donnerstag im Tanzunterricht – was sowieso das Fach ist, das ich am wenigsten mag –, versuchte Mrs. Atanabai, die Lehrerin, Ximena Chin dazu zu überreden, meine Tanzpartnerin zu werden. Also, ich habe noch nie jemanden eine echte Panikattacke kriegen sehen, aber ich habe schon davon gehört, und ich bin ziemlich sicher, dass Ximena in diesem Moment eine Panikattacke hatte. Sie wurde total nervös und blass, und ihr brach ganz plötzlich der Schweiß aus, und dann kam sie mit irgendeiner lahmen Ausrede, dass sie wirklich ganz dringend aufs Klo müsse. Na ja, Mrs. Atanabi verschonte sie dann auch und stellte am Ende einfach überhaupt keine Tanzpaare zusammen.
    Gestern haben wir dann in meinem Naturwissenschafts-Wahlfach so eine coole Pulver-Untersuchung gemacht, bei der wir einen Stoff als Säure oder Base identifizieren sollten. Alle mussten ihr Pulver auf einer Heizplatte erhitzen und den Verlauf beobachten, deshalb drängten wir uns alle mit unseren Chemieheften um das Pulver herum. Na ja, es gibt acht Schüler in dem Wahlfach, und sieben von ihnen quetschten sich auf der einen Seite der Platte zusammen, während einer von ihnen – ich – jede Menge Platz auf der anderen Seite hatte. Das fiel mir natürlich auf, aber ich hoffte, Miss Rubin würde es nicht merken, weil ich nicht wollte, dass sie etwas dazu sagte. Aber natürlich merkte sie es, und natürlich sagte sie auch was.
    »Leute, auf der anderen Seite ist viel Platz. Tristan, Nino geht da rüber«, sagte sie, also kamen die beiden herübergezuckelt. Tristan und Nino verhielten sich immer ganz okay mir gegenüber. Das möchte ich zu Protokoll geben. Nicht supernett, so als würden sie sich darum reißen, mit mir abzuhängen, aber okay, sie sagten Hallo und redeten ganz normal mit mir. Und als Miss Rubin ihnen sagte, dass sie zu mir herüberkommen sollten, verzogen sie noch nicht einmal das Gesicht, was viele Kinder tun, wenn sie glauben, dass ich nicht hinsehe. Na ja, es lief so weit auch alles gut, bis Tristans Pulver schließlich anfing zu schmelzen. Er nahm seine Folie genau in dem Moment von der Platte, als auch mein Pulver zu schmelzen begann. Ich wollte meins dann auch herunternehmen, und so stieß meine Hand für den Bruchteil einer Sekunde gegen seine Hand. Tristan riss seine Hand derartig schnell weg, dass ihm die Folie runterfiel und er gleichzeitig auch noch die Folien von allen anderen mit von der Heizplatte fegte.
    »Tristan!«, rief Miss Rubin, aber Tristan kümmerte sich gar nicht um das verschüttete Pulver oder darum, dass er das Experiment ruiniert hatte. Er schien nur unbedingt

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