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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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nächsten Leben nicht an diesem Gesicht hängen bleibe.«
    Er zeigte auf sein Gesicht, während er das sagte, und blinzelte mit den Augen, was mich zum Lachen brachte.
    »Ich vermute, nicht.« Ich zuckte mit den Schultern.
    »Hey, ich könnte sogar hübsch sein!«, sagte er grinsend. »Das wär doch krass, oder? Ich könnte wiederkommen und wäre dann so ein gut aussehender Typ mit jeder Menge Muskeln und supergroß.«
    Ich lachte wieder. Er konnte echt über sich selbst lachen. Das gehörte zu den Dingen, die ich an Auggie am meisten mochte.
    »Hey, Auggie, kann ich dich mal was fragen?«
    »Ja«, sagte er, als würde er genau wissen, worauf ich hinauswollte.
    Ich zögerte. Ich wollte ihn das schon seit einer ganzen Weile fragen, aber ich hatte mich dann doch nie getraut.
    »Was?«, sagte er. »Du willst wissen, was mit meinem Gesicht los ist?«
    »Ja, ich glaub schon. Wenn es okay ist, dass ich das frage.«
    Er zuckte mit den Schultern. Ich war so erleichtert, dass er nicht wütend oder traurig zu sein schien.
    »Klar, ist keine große Sache«, sagte er entspannt. »Das Entscheidende, was ich habe, ist das Treacher-Collins-Syndrom. Aber ich habe auch noch dieses andere Syndrom, das Goldenhar-Syndrom. Und dann noch eins, das ich nicht mal aussprechen kann. Und diese Sachen sind irgendwie zusammengemorpht in eine große Megasache, die so selten ist, dass es nicht mal einen Namen dafür gibt. Ich meine, ich will nicht angeben oder so, aber tatsächlich werde ich als so eine Art medizinisches Wunder angesehen, weißt du?«
    Er lächelte.
    »Das war ein Witz«, sagte er. »Du darfst lachen.«
    Ich lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Du bist lustig, Auggie.«
    »Ja, das bin ich«, sagte er stolz. »Ich bin ultracool.«

Die ägyptische Grabkammer
     
    Im Lauf des nächsten Monats verbrachten August und ich nach der Schule viel Zeit miteinander, entweder bei ihm oder bei mir zu Hause. Augusts Eltern luden Mom und mich sogar hin und wieder zum Abendessen ein. Einmal bekam ich mit, wie sie darüber sprachen, dass sie für Mom ein Blind Date mit Augusts Onkel Ben arrangieren wollten.
    Am Tag unserer ägyptischen Ausstellung waren wir alle ziemlich aufgeregt und total aufgedreht. Am Tag zuvor hatte es geschneit – nicht so viel wie in den Thanksgiving-Ferien, aber trotzdem: Schnee ist Schnee.
    Die Sporthalle war in ein riesiges Museum verwandelt worden, und die ägyptischen Ausstellungsstücke von allen Schülern standen auf Tischen mit kleinen beschrifteten Karten davor, die erklärten, worum es sich handelte. Die meisten Sachen waren echt toll, aber ich glaube wirklich, die von August und mir waren am besten. Meine Anubis-Skulptur sah ziemlich echt aus, und ich hatte sogar original Goldfarbe für sie verwendet. Und August hatte seine Stufenpyramide aus Zuckerstückchen hergestellt. Sie war über einen halben Meter hoch und ebenso breit, und er hatte sie mit Sandfarbe eingesprüht oder so. Es sah echt abgefahren aus.
    Wir verkleideten uns alle in ägyptischen Kostümen. Einige der Schüler waren Archäologen im Indiana-Jones-Stil, andere Pharaonen. August und ich verkleideten uns als Mumien. Unsere Gesichter waren bedeckt, mit Ausnahme zweier kleiner Löcher für die Augen und eines kleinen Lochs für den Mund.
    Als die Eltern auftauchten, stellten sie sich alle im Korridor vor der Sporthalle auf. Dann wurde uns gesagt, dass wir sie hereinholen durften, und jedes Kind musste seine Eltern mit einer Taschenlampe durch die dunkle Halle führen. August und ich führten unsere Mütter gemeinsam herum. Wir blieben vor jedem Ausstellungsstück stehen und erklärten, worum es sich handelte, wobei wir flüsternd sprachen und Fragen beantworteten. Da es dunkel war, benutzten wir dabei unsere Taschenlampen, um die Arbeiten anzuleuchten. Manchmal hielten wir uns für den dramatischen Effekt die Taschenlampen auch unters Kinn, während wir etwas detailliert erklärten. Es war total cool, all dieses Flüstern im Dunkeln zu hören und all diese im dunklen Raum hin und her huschenden Lichter zu sehen.
    Einmal ging ich zum Wasserspender, um mir etwas zu trinken zu holen. Ich musste die Mumien-Bandagen dafür von meinem Gesicht abnehmen.
    »Hey, Summer«, sagte Jack, der zu mir herüberkam, um sich mit mir zu unterhalten. Er war angezogen wie der Hauptdarsteller aus Die Mumie . »Cooles Kostüm.«
    »Danke.«
    »Ist die andere Mumie August?«
    »Ja.«
    »Ähm … hey, weißt du eigentlich, warum August sauer auf mich ist?«
    »Eh-he.«

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