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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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ohne Zweifel Balkenwerk
auch in größerer Tiefe«, sagte er. »Man muß zuerst die Erde zwischen den
Stämmen herausheben, soweit es geht«, und er entfernte sich, um den Schloßherrn
zu holen.
    Während die Arbeiter die Balken
freilegten und sich immer tiefer zwischen ihnen hindurcharbeiteten, war die
Kleine an die Grube herangetreten. Da sah sie, daß der Schacht durch sauber geschichtetes
Holzwerk führte, das immer dichter gelagert war, je weiter die Arbeiter in die
Tiefe des Berges vorstießen. Zuletzt lag Stamm neben Stamm bald längs, bald
quer, mit nur kleinen Zwischenräumen.
    »Das ist ja ein sonderbarer Berg, der
ganz aus Holz besteht«, dachte Dott.
    Da trat der Schloßherr mit dem
Bauleiter an die Grubenöffnung heran.
    »Ich habe mir schon immer gedacht, daß
dieser Bergkegel mitten in der flachen Sumpfebene nicht durch die Natur
entstanden sein kann«, sagte der Schloßherr. »So ist es also wahr, daß dieser
Berg von Menschenhand errichtet worden ist!«
    Er schaute schweigend und voll
Bewunderung in die Tiefe. Die Arbeiter waren nun an eine Schicht herangekommen,
wo die Baumstämme ganz dicht nebeneinander lagen, Holz neben Holz.
    »Das wird so weitergehen bis zum
Wasserspiegel der Löcknitz, durch dreißig Meter hindurch, und der
Brunnenschacht müßte mitten durch das Balkenwerk hindurch vorgestoßen werden«,
sagte der Bauleiter.
    »Wer diesen Hügel wohl aufgebaut haben
mag«, sagte der Schloßherr. »Es muß ein Volk gewesen sein, das sich seiner
Kraft und seines Besitzes sicher war, denn ein solcher Hügel wird nicht für
eine vorübergehende Verteidigung und Zuflucht aufgerichtet — dazu hätten
schnell aufgeworfene Schutzwälle genügt, mit Balken und Brettern festgestampft,
die Schutzwehr aus Zaunwerk geflochten und mit Lehm bestrichen, und rundherum
Sumpf und Moor.«
    Er blickte wieder schweigend in den
Schacht hinunter.
    »Ich möchte nur wissen, wer diesen Berg
hier an der Elbe aufgebaut hat«, murmelte er nach einer Pause, »ein Bollwerk
nach Westen und Osten!«
    »Ja — das möchte ich wirklich auch gern
wissen«, dachte die Kleine und blickte ebenfalls in die Tiefe. »Das ist ja
beinahe so, als hätten Riesen diesen Berg hier aufgebaut«, überlegte sie. Und
plötzlich fiel ihr ein anderer Berg ein, der ganz nahe bei ihrem Heimatdorf
gelegen war und auf dem mehr als achtundfünfzig mächtige Felsblöcke in einen
Kreis zusammengeschleppt worden waren, und auf dem ein Altar aufgebaut war von
so riesigen Steinen, daß es kaum zu glauben war, daß Menschenhände sie
emporgehoben und zu einem Dolmen aufgerichtet hatten.
    »Ob es vielleicht dasselbe Volk gewesen
ist, das die Opfersteine von Mellen errichtet hat?« überlegte sie, während sie
auf das Sägen und die Axthiebe in der Tiefe lauschte.

Der Abschied
     
     
     

Der Morgen
     
    Immer lauter wurde das Hämmern, und es
schien Dott, als wenn etwas mit lautem Lachen und Singen aus dem Schacht
heraufgepoltert kam.
    Sie richtete sich verwundert auf und
schaute umher. Da sah sie, daß sie im hellen Sonnenschein im Turmstübchen in
zwei Sesseln zwischen den Kissen lag.
    Mit einem Satz sprang sie aus den
Sesseln und duckte sich hinter den Tisch. Da öffnete sich auch schon die Tür,
und zwei junge Mädchen von vierzehn und fünfzehn Jahren sprangen herein.
    »Wie sieht es denn hier aus?« rief die
Größere und blieb stehen.
    »Brrr! — Und wie das nach Fischen
riecht!« fiel die Kleinere ein und schüttelte sich, daß das lange Lockenhaar
ihr um die Schultern flog.
    »Und schau nur hier! — Da hat jemand in
den Sesseln geschlafen! Alles ist zerwühlt! — Und mit den dreckigen, nassen
Stiefeln hat er auf den schönen Kissen gelegen!«
    »Und hier liegt sein Beutel!« rief die
Kleinere und hob Dotts Proviantsack mit spitzen Fingern vom Tisch. »Daher also
der Fischgeruch! — Guck doch bloß mal rein, was für ein Gerümpel darin ist!
Draht, eine alte Blechdose, altes Schwarzbrot, und hier, etwas in ein
schmutziges Taschentuch gewickelt! — Pfui! Wie scheußlich!« Sie schüttelte sich
wieder. »Ich werde das alles sogleich in die Tiefe pfeffern!« und sie trug
alles mit weit von sich gestreckten Händen zur Tür, die aus dem Turmstübchen
hinaus und auf die Plattform des Turmes führte.
    Die kleine Dott beobachtete mit
zusammengepreßten Lippen ihre Bewegungen. Sie war zu allem entschlossen, denn
eingewickelt im Taschentuch lag der goldene Becher.
    »Laß das, Ursula«, sagte die Größere
und hielt die Schwester zurück.

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