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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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anderes
entdecken als Lebensmittel, Töpfe und Backtröge und irdene und hölzerne
Schüsseln und Ballen mit Fellen und Kleidungsstücken. Auch gingen die meisten
barfuß.
    Sobald die Frauen ihren Besitz
abgeladen hatten, begannen sie auch sogleich zu wirtschaften, als wenn sie zu
Hause wären.
    Eine junge Frau stemmte drei
zugespitzte Stäbe in die Erde und band sie oben zusammen. Zwischen die Stäbe
hängte sie ein Tuch, in das sie ihr jüngstes Kind legte.
    »Du kannst die Bombaschka schaukeln«,
sagte sie zu Dott. »Ich muß die Vorräte ins Haus bringen. Paß gut auf die
Kinder auf, dann bekommst du auch ein schönes Küchlein am Abend, schöne, heiße
Käsekuchlein und saure Milch«, und bevor Dott noch antworten konnte, war die
junge Frau im Gewühl verschwunden.
    Die Kleine begann gehorsam die
Bombaschka mit dem Kinde darin zu schaukeln und blickte auf die halbnackten
Kinder, die neben ihr spielten. Denn diese wendischen Kinder fühlten sich
ebenso zu Hause hier wie die Erwachsenen, so, als hätten sie ihr halbes Leben
im Kriegslager zugebracht. Sie riefen einige Kameraden herbei und begannen ein
Reigenspiel, das Dott merkwürdig vertraut erschien.

    »Wilde Gänschen, fliegt nach Haus!«
rief der älteste Junge und klatschte in die Hände.
    »Wir dürfen nicht!« riefen die jüngeren
zurück.
    »Weswegen?«
    »Des Wolfes wegen!«
    Die Fragen und Antworten gingen eilig
hin und her.
    »Fliegt, Gänschen, fliegt!« rief
zuletzt der Junge, und in wilder Jagd stürmten die Kinder an ihm vorüber und um
Dott herum, so daß sogar die mageren, hochbeinigen Schweine auffuhren und
auseinanderstoben.
    »Das Lied haben wir ja im Spreewald bei
der Großmutter gesungen!« dachte die Kleine.
    Dott wußte gar nicht, wohin sie zuerst
blicken sollte, so fremdartig war alles, was sie sah. In ihrer Nähe saßen zwei alte
Frauen, die in einem Sieb aus Buchenrinde Erbsen schüttelten, um sie von den
Hülsen zu befreien.
    »Lange kann es dauern, bis wir
ausgehungert werden, lange, Domulic«, sagte die eine von ihnen. »Braucht jeder
nicht mehr zu essen, als er vertragen kann, man muß nicht essen wie ein
Schwein.«
    »Ach, mögen sie immer essen«,
antwortete die andere. »Mögen sie immer essen. Es ist doch alles, wie es ist,
und wird nicht anders.«
    »Es werden viele Lichter am Himmel
auslöschen in wenigen Tagen«, murmelte die erste und blickte zum Sternenhimmel.
»Viele Seelen werden hinab in die Dunkelheit fliegen, und viele unserer Weiber
werden in blauen Trauerkleidern gehen«, setzte sie ruhig hinzu.
    »Malas Kleinste war so müde, als wir
aufbrachen«, sagte nach einer Pause die andere. »Das Köpfchen wollte nicht vom
Kissen weg.«
    »Ja, flink muß man sein bei allen
Sachen, langes Fragen taugt nichts.« So sprachen die beiden Frauen bedächtig
und schüttelten das Sieb.
    Hinter Dott saßen einige Wendenkrieger
der Burg Lunkin im Kreise um ein Feuer. Sie tranken aus hölzernen Krügen
Honigbier. Einer von ihnen, welcher der Erste unter ihnen zu sein schien, trug
unter einem Wolfsfell ein eisernes Schuppenhemd. Sein Gürtel war mit
Silberplatten besetzt, und der Kopf war mit einer spitzen Pelzmütze bedeckt.
Seine Augen blickten schmal und finster, und ein roter Schnurrbart hing lang zu
beiden Seiten des Mundes bis auf die Brust.
    Nicht einer der Männer sprach. Sie
tranken das Bier und schauten aufmerksam zum Himmel, an dem der Mond langsam
emporstieg. Plötzlich drehte der Knese — so heißt der Fürst der Wenden — seinen
Krug um und warf ihn in die Glut. »Es ist soweit«, sagte er und stand auf.
    Kaum hatte er sich erhoben, als das
ganze Bild sich mit einem Schlage änderte.
    Die Krieger warfen ihre Krüge um, die
Männer, welche die Pferde und das Vieh besorgten, ließen sie stehen, wo sie
gerade standen, und drängten dem Knesen nach aus dem Tor hinaus vor die Burg.
Der Greis, der eben noch das Korn zwischen den Mahlsteinen zerrieben hatte,
sprang auf und eilte ihnen nach. Die beiden alten Frauen setzten ihr Erbsensieb
zu Boden, und alle Frauen und Kinder kletterten in großer Eile den Wall hinauf
und blickten über die aus Reisig geflochtene Brustwehr.
    Dott wußte nicht, ob sie die Bombaschka
verlassen durfte, da sie aber nicht gern allein zurückbleiben wollte und ihre
Neugier zu groß wurde, packte sie das Kind und rannte mit dem Kleinen im Arm
hinter den andern her auf den Wall hinauf.
    Als sie dort über die Brustwehr
hinüberblickte, sah sie unter sich die ganze Landschaft im Mondlicht
ausgebreitet

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