Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
Vom Netzwerk:
knorrigen Eiche,
die breitwipfelig mitten auf einer Pferdekoppel stand. — Im Wipfel dieser Eiche
aber saß Cornix, der Knese, und blickte aus halbgeschlossenen Augen dem Reiher
entgegen.
    »Was verschafft dem Krähenhäuptling die
Ehre eines so vornehmen Besuches?« fragte er spöttisch, als der Reiher sich vor
ihm in die Zweige der Eiche einschwang.
    »Du sagtest mir am Abend nach dem
Gericht der Frau Harke, daß du Zeuge warst, als der Mensch Ruanda und die
Jungen vom Nest schoß», sagte der Reiher ruhig. »Willst du mir helfen, den Ort
aufzufinden, wo er sie hingetragen hat, damit ich erfahre, was aus ihnen
geworden ist?«
    »Oh, warum nicht«, antwortete Cornix
langsam. »Wo willst du, daß ich suche?«
    »Nimm das Ufer am großen Strom, während
ich mit dem Menschenkind an die Seen fliege«, sagte der Reiher.
    »Das bedeutet also, daß er mir die
Suche allein anvertraut«, überlegte Cornix und duckte sich noch mehr auf den
Zweig nieder. — Laut aber fragte Cornix: »Und wo treffen wir uns?«
    »Am Rambower See bei den Runensteinen,
wenn die Sonne morgen am höchsten steht«, erwiderte der Reiher und schwang sich
mit der Kleinen in die Luft.
    Als Gurian in der Ferne verschwunden war,
reckte sich der Knese auf. — »Eine größere Ehre ist dir ja noch nicht erwiesen
worden«, sagte er zu sich selbst. »Auf, Cornix! Auf und hinab in die Höfe der
Menschen!«

Auf dem
Kerstinghof
     
    Während Gurian am folgenden Morgen noch
im Wipfel der alten Hängeweide schlief, die im Felde des Kerstingbauern stand,
kroch die Kleine vorsichtig unter seinem Flügel hervor.
    Es war noch früh am Morgen, als sie den
Feldweg zum Dorfe hinunterlief, und niemand begegnete ihr zu dieser Stunde. Sie
war sehr aufgeregt, denn sie wußte nicht, wie das alles ausgehen würde.
    Am Tage vorher war sie noch im Zweifel,
wohin eigentlich ihre Wünsche gingen. Die Heimkehr zu den Eltern und
Geschwistern und der Ritt auf Gurians Rücken in die unbekannte Ferne standen
gleich verlockend vor ihr. Als sie aber die Nacht auf dem Weidenbaum im Felde
ihres Vaters verbracht hatte, so nahe ihrem Elternhaus, da war das Heimweh
wieder mit aller Gewalt über sie hereingebrochen, und sie meinte, es nicht mehr
ertragen zu können, wenn sie nun von neuem wieder in die Fremde hinausgestoßen
werden sollte!
    Die kleine Dott hatte beschlossen, auf
diesem Wege klein zu bleiben, um sich besser verbergen zu können. Darum
brauchte sie auch für den kurzen Weg vom Felde zum Dorf so viel Zeit, daß die
Bauern bereits auf ihre Äcker hinausfuhren, als sie die ersten Häuser
erreichte.
    Neben einem der Feldwagen mit
Ackergeräten, die ihr begegneten, ging ihr Vater. Die kleine Dott duckte sich
ins Gras am Wege, als die beiden Pferde klirrend und stampfend an ihr
vorüberzogen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als ihr Vater dicht an ihr
vorüberschritt — breitschultrig und stark kam er daher, den Kopf etwas
vorgeschoben, wie es seine Art war, den Mund fest geschlossen, die Augen unter
den zusammengezogenen Brauen geradeaus gerichtet.
    »Nein«, sagte da die kleine Dott zu
sich selber, »es wird für den Vater ganz gewiß keine Freude sein, wenn ich so
verzaubert zu ihm heimkehre!«
    So rannte sie wieder dem Dorfe zu, an
dessen Rand der Kerstinghof lag. Vorsichtig und nach allen Seiten umherblickend,
schritt sie über den Hof. — Nichts schien verändert. Die Hühner spazierten
umher und scharrten auf dem Misthaufen. Aus dem Stall hörte sie das zufriedene
Muhen der Kühe und das Klirren ihrer Ketten. In der Ecke vor dem Pferdestall
stand wie immer die Hundehütte, und Greif, der Kettenhund, kam ihr rasselnd
entgegengesprungen.
    Die kleine Dott lief auf ihn zu und
umarmte ihn unter Tränen.
    »O Greif!« rief sie. »Wie froh bin ich,
daß ich dich wiedersehe!«
    Greif sah sie prüfend aus seinen
dunklen Augen an. Er nahm sie zwischen seine beiden Pfoten und schaute
freundlich auf sie nieder.
    »Also ist es wahr — du sprichst
wirklich unsere Sprache«, sagte er. »Alle Tiere singen ja Loblieder auf dich.«
    Dott mußte lachen. »Ja, bei den Tieren
habe ich mehr Glück als bei den Menschen«, meinte sie. »Aber wo ist die Mutter,
Greif?«
    »Im Garten mit Vater Gnilica«,
antwortete er.
    »Und wie geht es den Geschwistern?«
    Greif schaute zur Seite und streckte
sich. »Gerd ist in der Schule«, gähnte er. »Geh nur in den Garten.«
    Dott kletterte die Stufen hinauf. Die
Haustür war nur angelehnt. Leise huschte sie durch den Eren und in die Küche
hindurch und

Weitere Kostenlose Bücher