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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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liegt
Herzog Heinrich II. der Fromme begraben, der Schlesien und das ganze Abendland
vor den Mongolen gerettet hat. Seine Mutter, die heilige Hedwig, hat ihn selbst
vom Schlachtfeld geholt!«
    »Und jetzt sieh dir die große Kirche
hinter dem Markt an«, unterbrach sie ungeduldig der dicke Junge. »Die mit den
beiden Türmen meine ich, die oben in der Luft durch eine Brücke verbunden sind,
das ist unsere Kirche, die Sankt-Maria-Magdalena. Das ist die Kirche der
Handwerker, die Breslau zu einer so schönen und starken Stadt gemacht haben«,
setzte er triumphierend hinzu.
    »Und der gewaltige hohe Turm dort auf
der anderen Seite des Marktes, der gehört zu unserer Kirche«, erklärte
jetzt stolz der schön gekleidete Junge. — »Zur Sankt-Elisabeth-Kirche gehört
er, zur Kirche der Ratsherren und Kaufleute, die Breslau zur mächtigsten Stadt
im Osten gemacht haben!«
    »Ah — sieh mal an, die Kaufleute also!«
lachten die Jungen. Und im Handumdrehen hatten sie das fremde kleine Mädchen in
ihrer Mitte vergessen. Mit lauten Stimmen begannen sie aufeinander einzureden
und darüber zu streiten, wer am meisten für die Stadt getan habe.
    Voll Sorge schaute Dott über die Stadt
hinweg in die Ferne.
    Schauerlich verlassen lag das Land
unter der Frühlingssonne. Kein Handelszug rollte über die Straßen, kein Pflug
bereitete die Erde für die Saat.
    Nur vom Norden her, da bewegte sich
etwas in einer Wolke von Staub, dunkle Gestalten schoben sich langsam darin
vorwärts, Pferde und Wagen und altertümliche, unförmige Geschütze, Männer zu
Roß und zu Fuß mit Armbrüsten und Büchsen, mit Spießen und...
    »Sie kommen!« schrie die kleine Dott,
»die Hussiten kommen! Und voran tragen sie die Schischkatrommel!«
    Im selben Augenblick stießen die Kinder
einen Schrei aus, und dann stürzten sie aus dem Turmgemach, die kleine Dott
hinterdrein. Und fort ging es, die Treppe hinunter, durch eine Halle hindurch
und aus der Tür hinaus. Der Angstschweiß stand der kleinen Dott auf der Stirn,
während sie versuchte, sich durch das Menschengewühl draußen hindurchzudrängen.
Da aber hörte sie auch schon von fernher den dumpfen Wirbel einer Trommel.
    »Die Schischkatrommel!« dachte Dott
wieder mit einem Schauder. »Die Trommel aus Menschenhaut!«
    Wo sollte sie sich denn nur in dieser
fremden Stadt verstecken?
     
     
     

Laßt den König herein.
     
    Brrr bum! dröhnte es über dem Kopf der
Kleinen. Jetzt kam der Schall von hinten, dann trommelte es von allen Seiten!
Dott war zwischen den weiten Röcken der Frauen eingefangen, es war ihr darum
ganz unmöglich, herauszubekommen, was eigentlich vor sich ging. Sie bohrte sich
mit dem Kopf vorwärts, machte mit einem Ruck die Schultern frei — und schaute
zwischen zwei ungeheuren Röcken hindurch auf den Platz.
    Da aber war das sonnige Frühlingswetter
verschwunden. Schnee rieselte vom Himmel. Alle Dächer waren weiß, und auf den
altertümlichen Laternen standen hohe Schneehauben.
    Aufmerksam blickte die Kleine umher.
»Die Kirchtürme stehen noch«, sagte sie zu sich selbst. »Auch das Rathaus ist
noch da. Dann ist es den Hussiten doch nicht gelungen, Breslau zu erobern!« Sie
merkte wohl, daß sie nun wieder in eine andere Zeit hineingeraten war.
    Aber was für Trommelschläge sind es
jetzt? fragte sie sich.
    Wohlgekleidete Bürger eilten über den
Platz, die Männer in Kniehosen und mit weißgepuderten Zöpfen, den Dreispitz auf
dem Kopf, die Frauen in weiten Röcken und mit Häubchen im gepuderten Haar. Der
Trommelwirbel aber kam von der Mitte des Platzes her, über den eine Bürgerwache
marschierte: Handwerker und Kaufleute, der Tambour an der Spitze.
    Rund um die Kleine drängten sich am
Eingang des Rathauses Männer und Frauen.
    »Hier steht es!« rief ein Bäckermeister
und schlug mit der flachen Hand gegen das Gitter eines Holzkastens, in dem ein
Schriftstück aufgehängt war. »›Ganz ohne allermindesten Anlaß ist die
Einrückung der Königlich Preußischen Kriegsmacht in unser Erbherzogtum
Schlesien erfolgt!‹« las er aus dem österreichischen Erlaß vor. »Und nun nehmen
wir gar Ihro Königlich Preußischer Majestät Allerhöchste Person selbst in die
Ringmauern von Breslau auf!« fuhr er aufgeregt fort. »Alle daraus
entspringenden Folgen aber werden wir selbst vor unserer Allergnädigsten
Erb-Landesfürstin Maria Theresia zu verwahren haben!« schloß er düster.

     
    Die Kleine nickte sich selbst
verständnisvoll zu. Sie wußte jetzt, in welcher Zeit sie sich

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