Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
unbedingt freundlich gegenüberstehst. Dann wurdest du überwacht, doch du hattest keine Ahnung, wie engmaschig ihr Netz wirklich war. Bis du es schließlich herausfandest. Doch da war es bereits zu spät. Der Feind war in nächster Nähe. An Maries, an deiner Seite, in deinen Gedanken und Überlegungen.
Nikolas schloss die Augen. Er konnte den Gedanken nicht fassen, der gerade in seinem Kopf wütete, und nichts hinterließ außer Zorn.
Ich hoffe, dass ich mit Hannah nun endlich im Winter in die Berge fahren kann. Es bleibt meine Hoffnung, dass Marie nicht dabei ist. Das ist besser für sie. Du verstehst das sicherlich.
Er hatte es ihm gesagt. Schon vor Tagen hatte er es ihm gesagt! Erik hasste die Berge, er hasste Schnee. Er hasste ihn so sehr, dass er von dem scheußlichen weißen Zeug sprach, von der weißen Hölle. Nikolas hatte angenommen, dass diese Passage ein Lückenfüller war. Gebrabbel ohne Sinn, um den Brief persönlich wirkender zu lassen, damit er durch die scharfen Kontrollen von Gestapo und SS kam. Doch auch in diesem Absatz lag eine verborgene Nachricht und er war nicht imstande gewesen, sie zu entschlüsseln. Welch fataler und tödlicher Fehler.
Nikolas biss so fest auf seine Zähne, dass es schmerzte. »Du hast auch Marie getötet!«
»Nein! Nein!« Sie ging einige Schritte die Treppe herunter, ihr Hände ausgestreckt, als wolle sie diese Vermutung voller Empörung ablehnen. »Ich habe sie nicht getötet, das war er selbst. Er hat sie in der Nacht ins Auto gepackt, niemand wusste davon. Ihr Tod war nicht vorgesehen, das musst du mir glauben.«
Varusbach seufzte entnervt, der Diskussion sichtlich überdrüssig. »Ja, ja, es war ein schrecklicher Irrtum, den wir alle sehr bedauern, und ich denke, wir sollten jetzt auf mein Angebot zurückkommen. Schließlich ist es zeitlich sehr begrenzt.«
»Weißt du, was er vorhat, Hannah? Weißt du, was dieser Irre da vorhat?«, brüllte Nikolas mit ausgestrecktem Finger.
Nun lag doch ein Zittern in ihrer Stimme. Sie sprach die Worte so leise, dass sie beinahe zerfielen. »Es ist für das Tausendjährige Reich, Nikolas. Es ist für den Endsieg.«
Varusbach küsste zärtlich ihren Hals, spielte mit den Strähnen. »Ist sie nicht ein braves Mädchen?«, säuselte er leise. Doch anschließend donnerte er die Worte, sodass sie in der Halle grell widerhallten. »Also, was ist jetzt, Herr Brandenburg?«
Noch bevor Nikolas antworten konnte, wurde er zu Boden geworfen. Sich mit beiden Händen im Glas abstützend, sah er sich um. Die Detonationen waren stark, dann folgte das Dröhnen. Erst leise und unterschwellig legte es mit jeder Sekunde an Intensität zu. Die Bomben explodierten nun in nächster Nähe, als würden Riesen gegen das Gebäude schlagen. Sie war da. Die zweite Welle.
Varusbach fiel zurück, musste sich am Geländer abstützen. »Genug der Worte. Erschießt sie!«
Im selben Moment, indem diese Worte seine Lippen verließen, traf der erste Sprengkopf das Gebäude. Ohrenbetäubend detonierte die Bombe und ließ das Glas in den verbliebenen Fenstern splittern. Die Soldaten auf der Empore hatten sich schnell gefasst und rappelten sich wieder auf. Plötzlich drang ein Schrei an Nikolas’ Ohren. So laut und grölend, dass er nicht anders konnte, als sich umzusehen. In der Dunkelheit entdeckte er Pascals rote Haare, welche wie ein Feuer aus der Dunkelheit leuchteten. Mit aller Kraft schleuderte er den Rucksack auf die zweite Etage – mitten zwischen die Soldaten. Sofort fielen Schüsse. Bevor er auch nur einen Schritt hinter die schützenden Tische machen konnte, trafen Dutzende Projektile seinen Körper. Nikolas konnte hauchzarten Blutnebel erkennen, als die Kugeln den Franzosen durchsiebten. Dann explodierte der Sprengsatz. Unzählige Soldaten wurden von der zweiten Etage heruntergeschleudert, wobei einige schon nicht mehr am Leben waren. Nikolas machte einzelne Körperteile aus, welche auf dem Boden vor ihm landeten. Als wäre es der grausame Startschuss für eine Katastrophe gewesen, prasselten nun weitere Bomben nieder. Sie standen inmitten eines Tummelplatzes der Gewalt. Varusbach schrie seinen Soldaten etwas entgegen, während er mit Hannah verschwand. Die Parteien schossen wie wild durcheinander. Mündungsfeuer blitzte in finsterer Kulisse.
»Komm«, rief Claire ihm zu und feuerte auf einen Soldaten, der die Treppe hinunterstürmen wollte. Sie mussten über seine Leiche steigen, als sie die zweite Etage erreichten. Nikolas zog seine
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