Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
Etage Aufstellung nahmen und das Feuer eröffneten. Ohne zu zögern, schossen Rohn und die anderen zurück. Claire war nicht mehr auszumachen, war in den Schwaden des Pulverdampfes untergetaucht, jedoch drang ihre helle Stimme an Nikolas’ Ohren, während sie ihre Kämpfer befehligte. Ohne wirklich hinzusehen, schoss er in Richtung der Empore. Es war ein wahrer Kugelhagel, der in dem Foyer niederging. Einige getroffene Soldaten stürzten nach unten und landeten auf dem Boden. Schmerzverzerrte Schreie halten in dem gläsernen Palast wieder und vermischten sich mit den Schüssen zu einer grauenvollen Symphonie aus Leid.
»Einen tollen Freund hast du da«, hetzte Rohn schnell, während er nachlud. »Hat uns einfach so ans Messer geliefert.«
Auch Nikolas legte ein neues Magazin in seine Walther ein. »Ich kann es mir nicht erklären, er hätte nie …«, er murmelte die Worte wie eine Beschwörung, als könnte allein ihr Klang die Tatsachen ungeschehen machen.
Es kam ihm unendlich lange vor, bis endlich die Schüsse abnahmen und der rauchige Umhang des Kampfes sich mehr und mehr legte.
»Eigentlich dachte ich, dass diese Feier schon längst zu Ende wäre. Aber wie es manchmal so spielt, sind doch noch einige Ehrengäste eingetroffen.«
Nikolas erkannte die arrogante und selbstverliebte Stimme, welche von der zweiten Etage aus dem Hintergrund zu ihnen herüberdrang. Jedes der Worte war wie Gift, das sich beißend über seine Sinne legte. Nikolas sah zur Treppe. Varusbach.
»Besonders begrüßen möchte ich Herrn Brandenburg, falls Sie nicht kürzlich aus dem Leben verschieden sind.« Der Offizier machte eine kleine Kunstpause, dann wurde seine Stimme herausfordernd höher. »Herr Brandenburg? Sind wir denn noch wohlauf?«
Nikolas wechselte mit Rohn einen Blick. Der Feldwebel nickte, kundschaftete in der Zeit die Lage aus.
»Guten Abend, Herr Varusbach«, rief Nikolas aus voller Kehle. »Es tut mir leid, dass wir Sie zu so später Stunde noch behelligen.«
Ein selbstzufriedenes Lachen durchzog die Stille. »Aber, aber, dafür müssen Sie sich doch nicht entschuldigen. Immerhin hatten wir sowieso vor, Sie baldmöglichst Ihrem Freund folgen zu lassen.«
Zwischen dem Durchladen von automatischen Gewehren hörte Nikolas ein paar langsame Schritte. »Möchten Sie sich nicht zeigen, Herr Brandenburg? Ich bin ein wenig erkältet und wurde ungern die ganze Zeit schreien.«
»Damit Sie mich über den Haufen schießen können?«
»Ihr Tod ist nicht unbedingt unausweichlich. Auch nicht der Ihres Freundes, Herrn Dr. Weißenfels. Zeigen Sie sich und wir können wie zwei zivilisierte Menschen miteinander reden.«
Nikolas spähte um die Kante des Tisches. Er sah eine Gestalt, die sich locker, fast gleichgültig auf das Geländer am oberen Ende der Treppe lehnte. Neben ihr standen mehrere Soldaten, er musste eine gesamte Kompanie gerufen haben, als Martin sie verraten hatte.
»Geh drauf ein, vielleicht schaffst du es, sie hinzuhalten, bis die Bomben fallen«, flüsterte Rohn. Aus seiner Lippe lief ein Rinnsaal Blut und auch seine Stirn war davon bedeckt. Kleine Glassplitter hatten sich in das Gesicht des Feldwebels gebohrt. »Vielleicht schaffen wir es, ihn abzulenken, dann haben wir eine Chance.« Mehrmals sah er sich um, versuchte zu zählen, wie viele Kräfte ihm für einen Ausfallangriff zur Verfügung standen.
»Wenn die Bomben fallen, sind wir alle tot«, widersprach Nikolas.
Rohns Atem war heftig, sein Blick wissend. »Macht doch keinen Unterschied, oder? Es ist unsere einzige Chance, Kommissar. Also los!«
Nur unter größter Anstrengung schaffte er es aufzustehen. Provokativ langsam streckte er die Hände in die Höhe, ließ seine Pistole in die dafür vorgesehene Ledertasche gleiten. Die Männer auf der Empore verfolgten jeden seiner Schritte mit ihren Gewehrläufen. Das Glas knirschte, während er auf die Treppe zu ging und die Leichen der Résistancekämpfer zählte. Manche lagen ruhig auf dem Rücken, sahen aus, als würden sie schlafen, andere wiederum hatten seltsam verdrehte Gliedmaßen und starrten ihn mit offenen Mündern und Augen an.
»Na sehen Sie, Herr Brandenburg. So kann man ein ordentliches Gespräch führen«, ergötzte sich Varusbach und machte ein paar Schritte die Treppe herunter. Sein Gesicht lag im Schatten. Dieser düstere Effekt wurde von der schwarzen Uniform des Obersturmbannführers noch verstärkt. Lediglich das Eiserne Kreuz, welches baumelnd um seinen Hals hing, glänzte im
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