Wunscherfuellung Fuer Selbstabholer
fürchte ich, dass ich mich in feinen Kreisen blamiere.
Bei uns zu Hause gab es nie Besuch. Ich habe keine Ahnung, wie man Freunde gewinnt.
Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich zwölf war. Das ist der Grund für meine starken Verlustängste.
Was Entschuldigungen dieser Art für die Erfüllung Ihrer Wünsche bedeuten, können Sie sich leicht ausmalen. Es wirkt sich ähnlich
aus, als ob Sie mit verschränkten Armen nach etwas greifen wollen. Dabei sind sogar aus dem Blickwinkel der Sozialpsychologie
die Zeiten längst vorbei, in denen man sich darauf berufen konnte: »Tut mir leid, aber ich musste mich so verhalten, ich hatte
eine schwere Kindheit.« Inzwischen haben Wissenschaftler in Langzeitstudien herausgefunden, dass negative Erlebnisse in Kindheit
und Jugend keineswegs automatisch Schuld daran haben, wie wir als Erwachsene sind. Es kommt einzig und allein darauf an, was
wir daraus machen. Um das |53| zu verdeutlichen, passt die folgende Anekdote sehr schön: Zwei Brüder wachsen bei einem gewalttätigen, trunksüchtigen Vater
auf. Der erste wird Bankräuber und landet im Knast. Der zweite hilft als Sozialarbeiter benachteiligten Kindern. In einer
Talkshow befragt, entschuldigt sich der kriminelle Sohn: »Bei dem schlechten Vorbild musste ich ja so werden.« Der andere
erklärt: »Bei dem schlechten Vorbild habe ich mir vorgenommen: So wirst du nie!«
Was bisher in Ihrem Leben passiert ist, ist faktisch vorbei. In diesem Sinne ist Ihre Vergangenheit für immer in einem großen
schwarzen Zeitloch verschwunden. Trotzdem ist sie gleichzeitig noch vorhanden: Sie befindet sich in Ihrem Kopf. Genau dort
müssen wir ansetzen, wenn Sie sich von den negativen Folgen Ihrer Vergangenheit lösen wollen.
Der finnische Psychiater Ben Furman hat sich damit beschäftigt, wie man die Beeinträchtigungen der Vergangenheit aufheben
kann. Von ihm habe ich einen Schlüsselsatz, der hervorragend ausdrückt, worum es geht. Furman selbst hat ihn auf unerwartete
Weise entdeckt: Ein Easy-Rider-Typ fuhr auf einem Motorrad an ihm vorbei, Lederjacke, zerzauster Bart und lange Haare unter
dem Helm. Das Motorrad hatte vorne eine riesige Windschutzscheibe aus Plexiglas, und darauf war mit großen Buchstaben geschrieben:
»Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben.« Zunächst fand Furman diesen Satz nur amüsant, doch dann wurde ihm
klar, dass sich dahinter eine Weisheit verbirgt.
Die scheinbar paradoxe Behauptung, man könne seine Vergangenheit nachträglich verändern, beruht auf einer Erkenntnis, die
schon der griechische Philosoph Epiktet ausgedrückt hat: Nicht wie die Dinge sind, ist entscheidend, sondern wie wir sie sehen.
Auch Furman betont: »Wenn wir die Ereignisse unseres Lebens im Nachhinein anschauen, beeinflussen die Gedanken, die wir darüber
bilden, unsere aktuellen Gefühle.« Das bedeutet: Wir können die Folgen unserer Vergangenheit verändern, indem wir sie auf
andere Weise betrachten. Es ist möglich, negative Erinnerungen in heilsame Geschichten zu verwandeln. Das hat nichts mit Schönreden
zu tun, sondern mit einer bewusst gewählten positiven Perspektive.
|54| Ich habe Ihnen eine Methode versprochen, wie Sie die negativen Aspekte Ihrer Vergangenheit löschen können. Hier ist sie nun.
Sie beruht darauf, dass Sie Ihre negativen Erlebnisse
umdenken
.
Ihre Vergangenheit ergibt einen Sinn
Seit einigen Jahren hat die Psychologie erkannt, dass starker Stress nicht nur belastend ist, sondern auch bereichernd sein
kann. Im Gegensatz zu einer »posttraumatischen Störung« gibt es offenbar auch ein »posttraumatisches Wachstum«. Das kann vor
allem dann stattfinden, wenn es uns gelingt, dem Geschehen einen Sinn zu verleihen. Tatsächlich gilt: »Jedes Problem trägt
ein Geschenk in der Hand.« Es lässt sich immer etwas Gutes im Schlechten finden.
Ein beeindruckendes Beispiel dafür gibt Gavin de Becker, der Autor des Ratgebers
Mut zur Angst
. Becker wuchs in einer Problemfamilie auf. Seine Mutter war psychisch schwer gestört. Der kleine Gavin und seine jüngere
Schwester mussten mehrfach mit ansehen, wie sie den Stiefvater wütend mit einer Pistole bedrohte und ihn einmal sogar schwer
verletzte. Die Kinder lebten in ständiger Angst vor der nächsten häuslichen Katastrophe. Viele Nächte klammerten sie sich
in ihrem Schlafzimmer aneinander und lauschten ängstlich auf die bedrohlichen Geräusche im Wohnzimmer. Gavin versuchte, die
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