Wunscherfuellung Fuer Selbstabholer
verspekuliert und war fast pleite. (Ich verkneife
mir an dieser Stelle die Frage, warum er sich für seine Arbeit kein ausreichend finanzielles Ergebnis gewünscht hatte, vielleicht
hatte er das ja bloß vergessen.) Er überlegte also, wie viel Geld er brauchen würde, um mindestens ein Jahr sorgenfrei zu
leben. Diese Summe wünschte er sich intensiv. Eine Woche später kaufte er auf einem Wohltätigkeitsfest ein paar Lose. Und,
Sie ahnen es sicher: Er zog den Hauptgewinn. Ein Luxusauto, das ihm beim Verkauf exakt die gewünschte Summe brachte.
Die meisten von uns haben wohl schon einmal mit sehnsüchtigen Gedanken an eine Reise nach Mauritius oder an einen Kleinwagen
in eine Lostrommel gegriffen und dann nach dem Aufpulen der Lose enttäuscht gemurmelt: »Wieder eine Niete.« Ich habe auf diese
Weise immerhin schon einen Eishockey-Schläger gewonnen, aber wirklich glücklich machte der mich auch nicht, schließlich kann
ich mich kaum auf Schlittschuhen halten. Mit unserem Misserfolg sind wir in bester Gesellschaft mit denjenigen, die vergeblich
Lotto spielen, Preisausschreiben ausfüllen, beim Radiosender für kostenlose Konzertkarten anrufen oder auf den Mann fürs Leben,
ein freies Zugabteil oder einen Studienplatz in ihrer Lieblingsstadt hoffen.
Machen wir denn alle etwas falsch? Glauben wir vielleicht nicht fest genug an die Erfüllung unseres Wunsches? Schon das kleinste
Quäntchen Zweifel soll sich ja verheerend auswirken.
Ich darf Sie beruhigen: Ob Sie den Hauptgewinn abräumen, liegt nicht an Ihrer Qualität als erfolgreich Wünschende, sondern
ist zunächst einmal dem puren Zufall geschuldet, jedenfalls aus Sicht der Mathematiker. Denen gilt der Zufall als ein unvorhersehbares
Ereignis, dessen Ergebnis sich im Experiment nicht mit Sicherheit wiederholen lässt, wie etwa das Werfen einer Münze oder
die Verteilung von Milch im Kaffee. Hätte unser Mann zum zweiten Mal in die gleiche Losmenge gegriffen, hätte er vermutlich
gar nichts oder vielleicht eine CD der Regensburger Domspatzen gewonnen. Insofern war sein Gewinn |131| purer Zufall. Das
Deutsche Wörterbuch
der Gebrüder Grimm definiert ähnlich: »Zufall ist das unberechenbare Geschehen, das sich unserer Vernunft und Absicht entzieht.«
Gehirn sucht Sinn
Wenn wir zwischen einem glücklichen Zufall und unseren Wünschen einen ursächlichen Zusammenhang sehen, dann hat das weniger
mit persönlicher Magie als mit unserem menschlichen Gehirn zu tun. Neuropsychologen haben nachgewiesen, dass wir Unberechenbarkeit
schwer akzeptieren können. Unsere grauen Zellen sind darauf programmiert, einen Sinn oder eine Regel in dem zu finden, was
uns geschieht. Damit wir Ereignisse in unsere Erfahrung einordnen können, suchen wir nach einer Deutung. Was nicht heißt,
das wir hinter jedem x-beliebigen positiven Ereignis gleich einen tieferen Zusammenhang vermuten. Schließlich ereignet sich
fast täglich in unserem Leben Zufälliges, das wir einfach nur erfreut zur Kenntnis nehmen: Im Buchladen treffen Sie eine Freundin,
die Sie lange nicht gesehen haben. Spontan gehen Sie zusammen einen Kaffee trinken. Oder: Gerade wollen Sie aus dem Haus gehen,
da kommt der Paketbote. Glück gehabt, so müssen Sie später nicht extra zur Post. Falls Sie sich allerdings genau das vorher
gewünscht haben, sieht das Ganze schon anders aus. Dann stellen Sie sofort die Verbindung her: »Hurra, meine Wünsche funktionieren.«
Je mehr solcher Ereignisse Sie registrieren, umso mehr glauben Sie an Ihren Erfolg.
Koinzidenz – der sinnvolle Zufall
Damit sind Sie nun kein Fall mehr für die Mathematik, sondern für die Psychologie. Man spricht in dem Zusammenhang von »Koinzidenz«.
Eigentlich bezeichnet das auf Lateinisch einfach nur »Zusammentreffen«, aber im psychologischen Sinn steckt noch mehr dahinter,
als dass Sie gerade diese Zeilen lesen und in China fällt gleichzeitig ein Sack Reis um. Der Psychoanalytiker Robert H. Hopcke,
Direktor des |132| Center for Symbolic Studies in Berkeley, definiert Koinzidenz so: »Ein ungewöhnliches zeitliches Zusammentreffen von Ereignissen,
die auf irgendeine Weise miteinander verknüpft sind.«
Dabei können nicht nur äußere Ereignisse miteinander verbunden werden (Sie gehen in den Buchladen und treffen Ihre Freundin),
sondern auch Gedanken und Gefühle: Sie denken gerade an Ihre Freundin, schon ruft sie an. Oder Sie fühlen sich deprimiert
und im Radio bringen sie Ihr
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