Wunscherfuellung Fuer Selbstabholer
Doch was ist, wenn sie in den nächsten zehn Jahren nicht genug
verdient? Dann würde man ihr die Wohnung pfänden und sie bliebe auf
einem Schuldenberg sitzen.
Vielleicht sind Sie in einer ähnlichen Lage. Ihr Wunsch ist zwar stark, aber die Angst vor möglichen negativen Folgen hält
Sie zurück. Sie wären froh, wenn Sie diese Angst los wären. Vor allem nervt das Hin und Her – heute sind Sie fest entschlossen,
morgen haben Sie schon wieder kalte Füße. Eine Klientin sagte mir einmal: »Ich habe die Nase voll. Können Sie mir meine Angst
wegmachen?«
Bitte auf die Lücke achten!
Wenn Sie in London mit der U-Bahn fahren, hören Sie es regelmäßig beim Ein- und Aussteigen. Durch den Lautsprecher warnt eine
Frauenstimme: »Please mind the gap« – »Achten Sie bitte auf die Lücke«. Gemeint ist, dass Sie als Fahrgast darauf achten sollen,
dass zwischen dem Trittbrett des Waggons und dem Bahnsteig ein Spalt klafft. Beim Ein- und Aussteigen müssen Sie aufpassen,
dass Sie nicht in den Spalt treten und sich möglicherweise gefährlich verletzen. Ich finde, die Aufforderung hat Symbolwert.
Wann immer wir von einem gewohnten Zustand in einen veränderten wechseln, gibt es ein »Gap«, eine Lücke, die Risiken birgt
– wir wissen noch nicht, wie gut wir das Neue bewältigen. Leider können wir nicht, wie in der U-Bahn, mit einem |153| entsprechend großen Schritt darüber hinweggehen. Wir müssen uns mit dieser Lücke zwischen Vertrautem und Unvertrautem auseinandersetzen.
Und sie löst vor allem ein Gefühl aus: Angst.
Bevor wir jedoch die Angst als lästige Wunschbremse verteufeln, sollten wir uns erst einmal bewusst machen, welche Aufgabe
sie überhaupt in unserem Leben hat. Erst dann können wir souverän entscheiden, wie wir mit ihr umgehen wollen. Also schließen
Sie bitte die Augen, wir machen als Erstes einen geistigen Ausflug in den
Jurassic
Park.
Die Funktion der Angst
Vor Millionen Jahren, als unsere Vorfahren noch in Höhlen hausten, waren Gefühle für sie überlebensnotwendig. Ohne Klauen
und Reißzähne überlebte der schwache Mensch nur mithilfe seines inneren Alarmsystems. Das teilte ihm mit, wann er die Keule
schwingen sollte und wann er besser so schnell wie möglich hinter den nächsten Felsblock sprang. Dank seiner gut funktionierenden
inneren Warnlämpchen schaffte er es, wilde Tiere, Naturkatastrophen und Feinde aus der eigenen Gattung zu überleben. Sein
SOS-System kannte zwei entscheidende Impulse: Angst bewegte ihn zur Flucht, Wut machte ihn fit zum Kampf. Beide Male handelte
es sich um einen physiologischen Vorgang, bei dem das Nervensystem unabhängig von bewusster Kontrolle reagiert. Viel Zeit
zum Überlegen blieb unserem Urahn nämlich nicht, wenn plötzlich ein Säbelzahntiger vor ihm auftauchte. Wir, die Nachfahren
dieser Überlebenskämpfer, tragen das sensible Warnsystem noch immer in uns. Es reagiert automatisch, vor allem bei existenzieller
Bedrohung: Wenn wichtige Lebensbereiche, etwa Arbeit, Liebe oder Gesundheit, gefährdet sind, empfinden wir starke Angst. Doch
wir spüren sie nicht nur bei tatsächlicher Gefahr. Unsere bloße Vorstellungskraft löst den gleichen Effekt aus wie eine reale
Bedrohung. Besonders Neues und Unbekanntes erscheint uns gefährlich, weil wir nicht abschätzen können, was auf uns zukommt.
Weil viele Wunschziele mit solchen Unwägbarkeiten verbunden sind, sind sie angstbesetzt.
|154| Zum Glück sind wir der Angst heute nicht mehr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Seit unsere Vorfahren durch die Wälder
streiften, hat sich unser Gehirn entscheidend weiterentwickelt. Unsere für Angst zuständigen Regionen, das limbische System
und der Mandelkern, sind mit unserem Neocortex, dem Sitz des Denkens, verbunden. Deshalb ist es möglich, das elementare Gefühl
der Angst über das Denken zu beeinflussen. Allerdings geht es nicht darum, die Angst gewaltsam zu unterdrücken. Abgesehen
davon, dass uns das kaum gelingen wird, wäre es auch unklug. Angst hat die Aufgabe, uns wachsam zu machen, damit wir die eventuelle
Gefährlichkeit einer Situation wahrnehmen. Doch sobald unsere Aufmerksamkeit geweckt ist und wir uns sämtliche Details der
bedrohlich erscheinenden Situation bewusst gemacht haben, hat die Angst ihren Zweck erfüllt. Nun könnten wir das Warnlämpchen
im Gehirn ausknipsen und sachlich überlegen:
Checkliste
Wollen wir unser Wunschziel aufgeben, weil es wirklich gefährlich
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