Wunschkonzert: Roman (German Edition)
dabei nicht, euren Computer und was ihr sonst noch alles mitnehmen wollt, zu beschriften, damit die Umzugsleute wissen, was wohin kommt. Eure Möbel bleiben hier, die übernimmt der Nachmieter, und in der Hafencity wird alles neu eingerichtet.« Wieder nicken alle. »Tja«, fährt er fort, »und damit komme ich zur eigentlichen Überraschung.«
»
Noch
eine Überraschung?«, entfährt es Hilde, die vermutlich gedanklich bereits den U- und S-Bahn-Fahrplan wälzt. Mal wieder nestelt sie an einer Tafel Schokolade herum, diesmal hat sie
Die Weisse
am Wickel.
»Ja«, bestätigt David, »während übernächste Woche die Büros neu eingerichtet werden, fahren wir alle zusammen weg.«
»Wie, weg?«, rutscht es mir raus.
»Ich habe für uns einen Aufenthalt in der Lüneburger Heide gebucht«, erklärt David, »bei dem wir sieben Tage lang ein gemeinsames Teambuildingseminar abhalten werden. Einfach, damit wir uns besser kennenlernen und dann gestärkt in die Zukunft starten. Nächsten Freitag um neun geht’s los, wir treffen uns vorm alten Büro von World Music.« Mittlerweile ist ein derart euphorischer Ausdruck auf sein Gesicht getreten, als hätte er uns alle soeben zu einer kleinen Spaßpartie nach Las Vegas eingeladen.
»Freitag?«, will unser Produktmanager Oliver entgeistert wissen. »Am
Wochenende?
« Olli arbeitet eigentlich nur, um sich seine Feiertouren finanzieren zu können, ein gestrichenes Wochenende kommt für ihn einer Wurzelbehandlung gleich.
»Die Tage könnt ihr natürlich wieder abbummeln«, wird er von David Dressler beruhigt, allerdings hebt er dabei leicht die linke Augenbraue an, und ich könnte wetten, dass Oliver mit seinem Einwurf jetzt nicht gerade Pluspunkte bei ihm gesammelt hat. Ganz im Gegensatz zu Tobias, der ein lautes »Geil!« verlauten lässt. »Das ist ja wie Klassenfahrt!« Unser Junior A&R ist aber der Einzige, der spontan in Begeisterung ausbricht. Alle anderen blicken ein wenig unschlüssig drein. Und in mir selbst steigt erneut ein ziemlich ungutes Gefühl auf. Teambuildingseminar? In der Lüneburger Heide? Gedankenverloren schüttele ich den Kopf. Ich weiß sofort, was das bedeutet: Das wird ein Survival-Camp! Ein Survival-Camp, an dessen Anschluss sich entscheiden wird, wie genau es sich mit dem Wörtchen
vorerst
verhält!
»Glaubt mir«, meint David Dressler, als wollte er meine Befürchtung bestätigen, »ich habe so etwas schon ein paar Mal mitgemacht, und nach dieser Woche wird nichts mehr so sein, wie es mal war. Ihr werdet euch und eure Kollegen von den ungewöhnlichsten Seiten kennenlernen!«
»Mit wem machen wir denn das Seminar?«, will ich wissen. Wenn ich den Leiter von diesem Teambuilding-Dingens ebenfalls google und nachsehe, was genau der so macht, kann ich mich mit Sicherheit besser auf alles vorbereiten.
Oder,
schießt mir sofort wieder die Angst in die Glieder,
über den Namen herausfinden, dass es sich in Wahrheit um einen Unternehmensberater handelt.
Denn wie ja jeder weiß: Wenn so einer anrückt, darf hinterher die Hälfte der Belegschaft gehen.
»Wie meinst du das?«, fragt David nach und sieht ziemlich verwundert aus.
»Na«, erkläre ich, »wie heißt der Coach, der mit uns das Seminar macht? Kennt man den?« Mein neuer Chef schmunzelt amüsiert, dabei fand ich meine Frage jetzt gar nicht sooo blöd oder witzig.
»Stella,
ich
mache das.«
»Ach so«, entfährt es mir. »Ich dachte nur …« Ich unterbreche mich.
»Was dachtest du?« Er lächelt noch immer freundlich.
»Äh, gar nichts.«
»Komm schon, raus damit!«
»Also«, stottere ich, »ich, also, irgendwie habe ich gedacht, dass ein richtiger Berater dabei ist.« Während ich es sage, merke ich schon, wie
saublöd
das klingt. Schnell schiebe ich hinterher: »Ich meine, einer, der das
hauptberuflich
macht.« Wieder ein Schmunzeln von David.
»Stella, weißt du, was ein Berater ist?«
Ich schüttele den Kopf, weil ich noch nicht einmal die Frage so richtig verstehe. Jetzt grinst mein neuer Boss breit.
»Ein Mann, der fünfzig Liebesspiele kennt – aber nicht ein einziges Mädchen.« Von jetzt auf gleich bricht die versammelte Mannschaft in schallendes Gelächter aus, und auch ich muss losprusten. David Dressler zwinkert mir zu, und ich muss gestehen, dass meine Angst für den Bruchteil einer Sekunde wie weggeblasen ist. Würde man solche Witze machen, wenn man in Wahrheit vorhat, schon bald einige Leute rauszuschmeißen? Wobei – wenn ich mal wieder an Dieter Bohlen denke: Der
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