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Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Titel: Wunschkonzert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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oder?«
    »Ja, um eins. Bis morgen!«
    »Und das Geld für unser Gespräch zahl ich dir natürlich zurück«, füge ich noch eilig hinzu.
    »Behalt’s lieber«, erwidert sie glucksend. »Wer weiß, ob du die Kohle nicht bald zusätzlich zur Stütze gut gebrauchen kannst.«
    »Haha!«, erwidere ich und lege dann auf. Aber immerhin: Ich bin schon wesentlich besser gelaunt als vorhin, und wenn Miriam erst einmal wieder zu Hause ist und wir ausführlich die gesamte Situation durchkakeln, werden sich meine Schreckensphantasien sicher komplett verflüchtigen. Meine beste Freundin hat nämlich eine sehr angenehme Eigenschaft: Egal, wie schlimm die Katastrophe auch sein mag, sie kann selbst im größten Unglück noch etwas Positives entdecken. Ein echter Sonnenschein ist sie, eine fröhliche Blondine, die mit bewundernswerter Gelassenheit durchs Leben geht. Beneidenswert, manchmal wäre ich gerne auch ein bisschen so. Aber ich bin’s halt nicht und stecke eben in meiner eigenen Haut.
    Ich greife nach meinem bimmelnden Handy und nehme das Gespräch entgegen. »Stella Wundermann«, melde ich mich.
    »Hallo, meine Schöne! Wo steckst du denn?«
    Mist!
Tim Lievers von den Reeperbahnjungs. Den Termin mit ihm und seiner Band hatte ich in dem Chaos jetzt komplett vergessen!
    »Sorry, ich hab’s total vergessen«, gebe ich ehrlich zu.
    »Vielen Dank für den Tritt gegen mein Ego!«, erklingt es am anderen Ende der Leitung. »Höre ich immer wieder gern, dass man mich vergessen hat. Vor allem, wenn es von hübschen Mädels kommt!«
    Ich muss lachen. Vor allem, weil ihm anzuhören ist, dass er nur beleidigt spielt.
    »Tut mir echt leid«, sage ich noch einmal, »ich hatte heute einen Höllentag im Büro, da habe ich unser Treffen echt verschwitzt.«
    »Was war denn los?«, will er sofort besorgt wissen. Ja, das sind sie, die Momente, die ich an meinem Job manchmal auch so liebe: Wenn mir gutaussehende, charmante Männer das Gefühl vermitteln, ich sei der Nabel der Welt. Auch wenn diese gutaussehenden und charmanten Männer das vermutlich nur tun, weil sie sich einen Plattenvertrag von mir erhoffen. Aber wer will da schon kleinlich sein?
    »Ach, nix Besonderes«, wiegele ich ab und habe dabei fast ein schlechtes Gewissen. Denn die neue Situation betrifft ihn ja irgendwie auch, nur kann ich ihm das ja nicht sagen.
    »Kommst du denn jetzt?«, fragt er. »Die Jungs und ich warten schon seit einer halben Stunde.« Ich blicke an mir hinunter: Mittlerweile stecke ich in ausgeblichenem T-Shirt und Jogginghose, meine Haare habe ich auf dem Kopf zu einem Dutt drapiert, und weil ich die Verabredung mit den Reeperbahnjungs vor lauter Aufregung tatsächlich vergessen habe, ziert mein Gesicht eine schlammfarbene Entspannungsmaske.
    »Äh, also … das würde leider noch eine ganze Weile dauern.« Ich überschlage schnell den Umfang der nötigen Restaurierungsarbeiten: mindestens eine halbe Stunde, dann noch eine halbe Stunde Fahrt zum Probenraum auf einem alten Fabrikgelände in Moorfleet. »Bestimmt noch eine Stunde«, teile ich ihm zerknirscht mit.
    »Hmm, doof«, erwidert Tim. »Zwei von uns müssen in einer Dreiviertelstunde spätestens weg.«
    »Sollen wir es auf nächste Woche verschieben?«
    Er schweigt kurz. »Können wir machen«, sagt er dann; die Enttäuschung in seiner Stimme springt mir förmlich entgegen.
    »Tut mir echt leid«, setze ich noch einmal an, aber Tim unterbricht mich.
    »Ich hab eine Idee: Was hältst du davon, wenn ich mir die CD mit unseren neuen Songs schnappe und bei dir vorbeikomme? Dann können wir sie uns da anhören.«
    »Neee«, antworte ich zögerlich, »lieber nicht.«
    »Ist es bei dir so unaufgeräumt?«, foppt er mich.
    »Nein, gar nicht, ich weiß nur nicht …«
    »Verstehe, brauchst mir nichts zu erklären.« Er lacht. »Willst du zu mir kommen?«
    »Also, Tim, ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist.«
    »Keine Angst, ich beiße dich schon nicht.«
    »Das sagen sie alle!«, mache ich den lahmen Versuch eines Witzes. Denn tatsächlich komme ich mir selbst gerade richtig spießig vor. Nur halte ich eben nichts davon, Berufliches und Privates zu vermischen. Wobei der Umstand, dass man sich zu Hause zusammen eine Demo- CD anhört, natürlich noch nicht zwingend was mit
Vermischen
zu tun hat. Aber immer wenn ich Tim sehe oder mit ihm spreche, flirtet er mich spürbar an, das war schon bei unserem ersten Gespräch nach dem Konzert im
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so. Natürlich schmeichelt es mir, aber ich blocke es immer

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