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Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Titel: Wunschkonzert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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finden. Und auch wenn das hier gerade die fünf Minuten sind, in denen ich mich mit Martin ganz gut verstehe, so ganz traue ich ihm einfach nicht über den Weg. Was, wenn ich das jetzt mitmache – und er haut mich irgendwann damit in die Pfanne? Gut, damit würde er sich selbst gleich auch in die Pfanne hauen, aber ich weiß nicht …
Vertrau keinem außer dir selbst,
klingelt Mamas Stimme schrill in meinem Ohr.
Und pass vor allem bei diesem Martin Stichler auf!
    Ich straffe die Schultern und teile ihm mit: »Nein, ich möchte, dass wir das so machen, wie David es uns aufgetragen hat. Außerdem hat er ja gesagt, dass es uns sogar Spaß machen wird, wir sollten uns der Herausforderung also in jedem Fall stellen.« Martin seufzt, holt sein Portemonnaie hervor, steckt den Fünfziger wieder weg und holt stattdessen die Büroklammer raus.
    »Da.« Er drückt sie mir in die Hand. »Dann versuch mal dein Glück, ich bin sehr gespannt.«
    Mit unserem Tauschgegenstand in der Hand gehe ich zum Hauseingang, Martin folgt mir auf dem Fuße. Ich klingele, zwei Minuten später wird die Tür geöffnet, und vor mir steht eine ältere, kleine Dame im Kostümchen und mit lilafarbener Dauerwelle.
    »Guten Tag«, beginne ich mit unserem Anliegen. »Entschuldigen Sie bitte die Störung.«
    »Ja?«, fragt sie, und ich bemerke selbst bei diesem einzigen kurzen Wort das deutliche Misstrauen, das in ihrer Stimme mitschwingt. Ich gebe mir Mühe, mein charmantestes Lächeln aufzusetzen.
    »Mein Name ist Stella Wundermann, und das hier«, ich deute auf Martin, der schräg hinter mir steht, »ist mein Kollege Martin Stichler. Wir würden Sie gern um etwas bitten.«
    »Sind Sie von den Zeugen Jehovas?«, will das Ömchen wissen.
    »Zeugen Jehovas?« Ich lache. »Nein, ganz sicher nicht.«
    »Mormonen?« Ich schüttele den Kopf.
    »Nein, auch nicht, wir wollen nur …«
    »Ich kaufe nichts und habe auch kein Bargeld im Haus«, bellt mich die Alte an, und eine Sekunde später ist –
rumms!
 – die Tür wieder zu. Etwas ratlos starre ich auf den geflochtenen Weidenkranz, der daran hängt und durch die Erschütterung nun sachte hin- und herbaumelt.
    »Na?«, erklingt Martins spöttische Stimme hinter mir. Ich drehe mich zu ihm um. Seine Miene zeigt unverhohlene Schadenfreude. »Das hat jetzt aber echt richtig Spaß gemacht, oder?«
    »War ja nur der erste Versuch«, zische ich ihn an.
    »Ich bin auf die weiteren gespannt!«
    Wir gehen zum nächsten Haus, und ich klingele. Sofort ertönt ohrenbetäubendes Hundegebell. Vor Schreck mache ich einen Schritt zurück. Diesmal ist es ein Mann Mitte fünfzig, der uns öffnet. In leicht gebückter Haltung, mit einer Hand hält er zwei kläffende und ziemlich große Köter zurück, die er mit den Worten »Sammy! Alwy! Platz!« anschnauzt. Er steckt in Jeans und einem fleckigen T-Shirt, unter dem sich ein ziemlich mächtiger Bierbauch wölbt.
    »Guten Tag«, sage ich und schiebe sofort hinterher: »Wir sind nicht von den Zeugen Jehovas oder den Mormonen, und wir wollen Ihnen auch nichts verkaufen.« Der Mann zieht verwundert die Augenbrauen hoch.
    »Sondern?«, will er wissen. Immerhin, er fragt nach.
    »Wir sind gerade auf einem Firmenseminar und machen eine Art Rallye«, erkläre ich ihm. Mittlerweile haben sich die Hunde wieder einigermaßen beruhigt, sitzen ihrem Herrchen zu Füßen und hecheln mit raushängender Zunge. »Dafür müssen wir verschiedene Aufgaben erledigen, und die heutige ist, das hier«, ich halte ihm die Büroklammer hin, »gegen etwas einzutauschen, das ein kleines bisschen wertvoller ist.«
    »Wertvoller als eine Büroklammer?« Der Mann kratzt sich ratlos am Kopf, ein paar dicke Schuppen rieseln auf den Kragen seines T-Shirts. Igitt!
    »Ja, vielleicht ein Kugelschreiber oder so«, meine ich und erzähle ihm in kurzen Sätzen die Geschichte von dem Kanadier, der sich ein Haus ertauscht hat.
    »Was für ein Spinnkram«, kommentiert der Mann und schüttelt ungläubig den Kopf. »Wir haben hier in der Heide ja ständig irgendwelche Firmen, die für Tagungen kommen und dann so ein beklopptes Zeug machen müssen.« Er grinst. »Neulich habe ich ein paar Leute in Zweiergruppen gesehen, die kreuz und quer durch den Ort marschiert sind. Dabei hatte der, der vorweg ging, die Augen geschlossen und musste sich nach den Anweisungen seines Partners bewegen. So mit ›Achtung, jetzt kommt eine Stufe!‹ oder ›Stehen bleiben, die Ampel ist rot!‹.« Er prustet und spuckt dabei ein paar

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