Wunschkonzert: Roman (German Edition)
wir Glück, und es gibt ein zweites Frühstück. Mir knurrt schon wieder der Magen.« Spontan muss ich wieder an das Salamibrot denken und atme einmal tief ein und aus, damit sich mir nicht sofort wieder der Magen umdreht. Jedenfalls wundert es mich nicht, dass Hilde so füllig ist, bei den Mengen, die sie verdrückt. Hoffentlich lasse ich mich nicht auch mal so gehen, dann hätte ich mich viele Jahre lang vollkommen umsonst diszipliniert.
»Also«, fordere ich die anderen auf, »dann lasst uns mal runtergehen.«
Im Aufenthaltsraum herrscht bereits angeregtes Gemurmel, als Hilde, Jenny, Natascha und ich eintreten. Meine Kollegen haben sich auf die umstehenden Stühle und Sessel verteilt, am Kopfende des Raumes steht ein verschlissenes Sofa, auf dem David Dressler sitzt und gerade mit Martin diskutiert. Als wir reinkommen, blicken beide auf, David lächelt mich an.
»Schön, Stella, dass du beschlossen hast, doch hierzubleiben. Ich hätte es wirklich schade gefunden, dich nicht mit dabeizuhaben.«
Ich nicke etwas verlegen. »Ja, tut mir auch leid«, setze ich an, werde aber von meinem neuen Boss unterbrochen.
»Kein Problem, vergiss es einfach.« Dann steht er auf und spricht zu uns allen. »Wenn wir dann jetzt vollzählig sind, können wir anfangen.« Meine Kollegen und ich sehen ihn erwartungsvoll an. »Also«, beginnt er, »was wir hier in den nächsten Tagen zusammen erleben werden, wird mit Sicherheit einzigartig.«
»Das glaube ich auch«, höre ich Tobias leise Natascha zuflüstern, die daraufhin kichert.
»Wie ich euch schon gesagt habe, möchte ich, dass wir im Verlauf dieser Woche zu einem Team werden. Einem Team, das zusammen alles schaffen kann.« Von einem kleinen Beistelltisch, der neben dem Sofa steht, nimmt er ein schwarzes Buch und hält es in die Höhe. »Das hier«, spricht er weiter, »wird in den nächsten Tagen unsere Bibel sein.«
»Unsere Bibel?«, fragt Robert Hansen, der Produktmanager von World Music.
»Ja«, bestätigt David. »Hier drin«, er klopft auf den Umschlag, »steckt der Schlüssel zum Erfolg.« Meine Neugier ist geweckt: Was ist das nur für ein Buch? »Das sind viele hilfreiche Übungen, die ich selbst schon mehrfach absolviert habe. Und genau das habe ich nun mit euch vor.«
Vor meinem inneren Auge entstehen Bilder davon, wie wir alle zusammen »Du schaffst das!«-brüllend mit nackten Füßen über glühende Kohlen laufen müssen. Bitte, lieber Gott, lass es nicht so etwas sein! David Dressler nimmt noch etwas von dem Tischchen. Etwas ziemlich Kleines. Als er seine Hand wieder hochhält, erkenne ich, dass es eine Büroklammer ist. »Fangen wir also an. Könnt ihr mir sagen, was das hier ist?«
Schweigen.
Natürlich wissen wir alle, was David da in seiner Hand hält. Aber nicht nur ich scheine mich zu fragen, was das soll, die anderen sehen ebenso ratlos aus wie ich.
»Äh«, traue ich mich schließlich, einen Vorstoß zu wagen, »eine Büroklammer?«
David grinst mich breit an. »Falsch«, antwortet er. »Was ich hier in meiner Hand halte, ist ein Haus.«
»Ein Haus?«, kommt es zeitgleich aus aller Munde.
»Richtig«, David nickt, »das ist ein Haus.«
9. Kapitel
I ch möchte euch die Geschichte des Kanadiers Kyle MacDonald erzählen«, erklärt David Dressler. »Er hatte den Traum, seiner Verlobten zur Hochzeit ein Haus zu schenken. Was ihm dafür allerdings fehlte, war das nötige Geld. Also beschloss er zu versuchen, eine Büroklammer im Internet gegen einen etwas höherwertigen Gegenstand einzutauschen, den er dann wiederum gegen etwas Wertvolleres tauschen würde und so weiter und so fort.« Ich erinnere mich dunkel daran, von dieser Sache einmal gehört zu haben.
»Die Büroklammer wäre vermutlich als Präsent auch nicht ganz so gut angekommen«, macht Oliver einen Witz, und alle lachen.
»Was ich euch damit erzählen will«, fährt David fort, »ist, dass man alles erreichen kann, wenn man es nur wirklich will. Kyle MacDonald hat es geschafft: Innerhalb eines Jahres wurde aus der Büroklammer erst ein Stift, dann ein Türgriff aus Porzellan, ein Campingkocher, ein Generator, ein Skiurlaub, ein Treffen mit Alice Cooper, eine Filmrolle und schließlich – das Haus.«
»Nicht schlecht«, stellt Martin Stichler anerkennend fest. »Auf so eine Idee muss man erst mal kommen!«
»Richtig«, meint David. »Mit einer guten Idee fängt immer alles an. Und deshalb werdet ihr heute in Zweierteams losgehen und versuchen, bis zum Abend eure Büroklammer
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