Wunschkonzert: Roman (German Edition)
mehr viel mit, außer dass ich schon lange nicht mehr so viel mitgekriegt habe.
Feels like heaven
singt Peter Cetera.
Seufz!
Ich schlage die Augen auf und bin im ersten Moment ein bisschen verwirrt und benommen. Mein Kopf liegt am Fußende meines Bettes, das zerwühlte Laken hat sich um meine Knöchel gewickelt, und ich bin vollkommen nackt. Aus den Augenwinkeln sehe ich Möhrchen, der auf dem Fußboden liegt und mich nahezu vorwurfsvoll mustert. Der muss im Eifer des Gefechts wohl aus dem Bett geflogen sein. Ich räkele mich wohlig und setze mich auf, hangele dann nach meinem Stoffhasen und packe ihn neben mein Kopfkissen.
Von Martin ist keine Spur zu sehen, aber ich meine, im Halbschlaf mitbekommen zu haben, wie er sich mit einem Kuss von mir verabschiedet und dann auf leisen Sohlen mein Zimmer verlassen hat.
Was war das bloß für eine Nacht! Mit Martin Stichler! In mir macht sich ein seltsames Gefühl breit, eine Mischung aus verwegener Freude und schlechtem Gewissen. Freude, wenn ich an die ein oder andere Situation in den vergangenen Stunden zurückdenke – schlechtes Gewissen, weil sich das, was Martin und ich miteinander gemacht haben, genau genommen nicht gehört. Sex mit einem Kollegen, Sex ohne Liebe, Sex …
»Papperlapapp!«, rufe ich mich laut selbst zur Ordnung. »Wir sind ja nicht mehr in den Fünfzigern!« Mein Blick fällt auf meinen Nachttischwecker. Es ist schon kurz nach neun und somit höchste Zeit, aufzustehen und mit den anderen zu frühstücken.
Eine halbe Stunde später betrete ich den Speisesaal. Natürlich habe ich mich besonders sorgfältig hergerichtet. Zum einen, weil heute ja unser kleines Sommerfest ist, zum anderen … Na, so sind wir Frauen halt. Ich trage einen schmalen Schotten-Minirock mit schwarzem Tanktop und dazu passende Ballerinas, die Haare habe ich zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. Ein bisschen Make-up habe ich auch aufgelegt, wobei meine Wangen, als ich vorhin in den Badezimmerspiegel geblickt habe, ohnehin schon ziemlich rosig waren. Meine Durchblutung ist offenbar ganz gut in Schwung …
Mit einem Anflug von Enttäuschung registriere ich, dass Martin nicht beim Frühstück ist, er war also entweder schon da oder kommt noch. Trotzdem nehme ich bester Stimmung neben Hilde und Jenny Platz.
»Guten Morgen!«, begrüße ich die beiden fröhlich.
»Guten Morgen!«, geben sie zurück, Hilde fügt ein »Du bist ja heute so gut gelaunt!« hinzu.
»Ja!« Und dann schnappe ich mir zwei Schrippen aus dem Brotkorb, befördere ein paar Scheiben Kasseler und Käse auf meinen Teller und stibitze mir aus der Schüssel neben der Teekanne noch zwei gekochte Eier.
»Da hat aber jemand Hunger«, kommentiert Hilde verwundert.
»Kann man sagen«, stimme ich ihr zu und grinse. »Einen echten Bärenhunger!«
»Na, dann müssen wir nachher bei den Büfett-Vorbereitungen wohl aufpassen, dass du uns nicht die Hälfte wegfutterst, bevor unser Fest überhaupt angefangen hat.«
»Stimmt, das behältst du besser im Auge«, rate ich ihr kichernd, »momentan fühlt es sich so an, als könnte ich ein halbes Schwein verdrücken.«
Körperliche Ertüchtigung macht hungrig,
füge ich im Geiste hinzu. Ich greife nach dem Körbchen mit den Marmeladenpackungen und nehme mir noch drei Portionen Nutella heraus. Wennschon, dennschon!
Nach dem Frühstück fangen alle an, ihre Aufgaben für die Feier zu erledigen. Hilde, Jenny und ich verziehen uns in die Küche und beginnen als Erstes damit, Hackfleisch für kleine Frikadellchen zu kneten.
»Mach da ruhig ordentlich Senf dran«, werde ich von Hilde instruiert, während ich bis zu den Ellbogen in einer Schüssel mit Hack, Eiern und eingeweichtem Toastbrot stecke. »Und alles so lange miteinander verkneten, bis es eine schöne glatte Masse gibt.« So kneten, rühren und schnippeln wir, was das Zeug hält, neben den Frikadellen soll es noch jede Menge anderer Leckereien geben: Blätterteigstangen mit Käse, diverse Salate, Rohkoststäbchen mit Dips, Pflaumen im Speckmantel, eine Käse- und eine Obstplatte, Maiscremesuppe, Hähnchengeschnetzeltes und, und, und … Während ich mich von Hilde hierhin und dorthin scheuchen lasse, wandern meine Gedanken immer wieder zu Martin. Wo er wohl gerade steckt? Vermutlich draußen auf der Lichtung vor der Herberge, da soll unser Fest stattfinden, also muss dort alles aufgebaut werden. Beim Gedanken an ihn macht mein Herz einen Hüpfer. Wobei, wenn ich ehrlich bin, ist es nicht unbedingt das Herz,
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