Wunschkonzert: Roman (German Edition)
nicht, dass das für dich so schlimm sein würde. Sollte doch nur ein lustiger Abend werden.«
»O ja!«, gebe ich ironisch zurück. »Für die anderen war es gerade bestimmt so richtig lustig!«
»Stella, ich wollte dich doch nicht vorführen. Keiner wollte das.«
»Ich weiß«, gebe ich mich versöhnlich. »Aber so etwas ist einfach nichts für mich, dabei fühle ich mich unwohl. Ich bin ja schließlich A&R geworden, weil ich gerne
hinter
der Bühne stehe. Und nicht
darauf.
« Einen Moment lang stehen wir noch schweigend voreinander. David wartet wohl darauf, dass ich mich vollends beruhige.
»Geht’s wieder?«, will er nach einer Weile wissen. Ich nicke. »Dann sage ich den anderen Bescheid, dass wir gleich mit dem Bus zurückfahren.« Er guckt auf seine Uhr. »Ist ja auch schon nach eins, wir sollten langsam wieder in die Herberge.«
»Okay. Ich warte hier draußen.«
David verschwindet in der Bar, eine Viertelstunde später strömen meine Kollegen lachend und kichernd heraus auf die Straße. Während wir zum Bus marschieren, suche ich verstohlen nach Anhaltspunkten dafür, ob mich einer von ihnen vielleicht hämisch oder mitleidig ansieht, aber die meisten beachten mich gar nicht, sondern sind in Gespräche mit den anderen vertieft. Hilde streicht mir im Vorbeigehen sanft über die Schulter, und Jenny nickt mir aufmunternd zu. Aber als ich Martins Blick begegne, rutscht mir für einen kurzen Moment das Herz in die Hose. Nein, nicht weil ich bei ihm Schadenfreude entdecke. Es ist eher Zärtlichkeit.
14. Kapitel
A ch Möhrchen! Ich habe mich heute absolut zum Affen gemacht.« Es ist schon drei Uhr nachts, aber ich kann nach diesem blamablen Abend nicht einschlafen und wälze mich seit einer Stunde hin und her. Natürlich denke ich nicht, dass mein Aussetzer beim Karaoke etwas über meine künftige Tätigkeit bei World Records aussagt – aber hundertprozentig sicher bin ich auch wieder nicht.
»Weißt du, Möhrchen«, erzähle ich meinem Hasen, »die anderen haben echt alle richtig viel Spaß gehabt und waren total locker. Und eigentlich gibt’s gar keinen Grund dafür, dass ich mich nicht auch einfach amüsieren kann. Aber, ach«, ich seufze und drücke ihn ganz fest an meine Brust, »ich weiß es ja auch nicht! Bin ich wirklich so verkorkst? Manchmal glaube ich das fast.«
Tock, tock, tock.
Ich horche auf, irgendwo klopft es leise.
Tock, tock, tock.
Noch einmal ein Klopfen, diesmal lauter. Und es kommt ganz eindeutig von meiner Tür. Ist das wieder Tobias, der nicht weiß, wo er hinmuss?
Noch einmal
tock, tock, tock,
dicht gefolgt von einem halblauten: »Stella? Bist du noch wach?«
Martin! Ich erkenne seine Stimme sofort, stopfe Möhrchen unter die Decke, stehe auf und streiche meinen Pyjama glatt.
»Was gibt es denn?«, zische ich, nachdem ich die Tür einen kleinen Spalt weit geöffnet habe.
»Darf ich kurz reinkommen?«
Ich zögere einen Moment, dann öffne ich die Tür ganz. »Okay.«
»Danke.« Im Gegensatz zu mir ist Martin noch komplett angezogen, als er in mein Zimmer spaziert. Der Duftfahne, die er hinter sich herzieht, nach zu urteilen, hat er sogar eben erst geduscht oder frisches Aftershave aufgelegt. Ich registriere es und bin darüber ziemlich verwundert. Was will er mitten in der Nacht und parfümiert wie ein orientalischer Harem bei mir? Mir ist, als würde ich Miriam laut und spöttisch lachen hören:
Stella, was soll er schon wollen?
Mein Kollege hält in der einen Hand unsere Flasche Dom Pérignon, in der anderen zwei Gläser und steuert zielgerichtet den kleinen Tisch mit zwei Stühlen in der Ecke neben dem Kleiderschrank an.
»Ich dachte, nach dem Abend kannst du einen Schlummertrunk gebrauchen. Da fiel mir ein, dass ich ja noch unsere Flasche Champagner habe.« Er setzt sich auf einen der Stühle und fängt dann an, am Korken zu nesteln. Mit verschränkten Armen beobachte ich ihn dabei und weiß gerade nicht so recht, was ich davon halten soll. »Ich hatte sie draußen auf dem Fensterbrett stehen. Ist zwar nicht wirklich kalt, aber es wird schon gehen«, meint mein Kollege und löst dann mit einem leisen
Plopp
den Verschluss. Er fängt an, die Gläser zu füllen, stellt die Flasche wieder ab und sieht mich an. Dann wandert sein Blick zur Seite und bleibt an etwas hängen.
»Tse, tse«, gibt er von sich, »ganz so ordentlich ist Miss Hundertprozent also doch nicht?« Ich folge irritiert seinem Blick, er sieht zu dem Sessel neben meinem Kleiderschrank – ups!
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