Wunschkonzert: Roman (German Edition)
einkauft, vervielfältigt und auf den Markt wirft, funktioniert es bei dieser Form des Abschlusses so, dass Plattenfirma und Künstler gemeinsam eine Single oder ein Album erarbeiten. Sieht so aus, als würde daraus in nächster Zeit erst einmal nichts werden, weder aus dem einen noch aus dem anderen Vertrag.
»Ich kann mich nur wiederholen«, fasst Lutz noch einmal alles zusammen, »macht euch bitte keine Sorgen. Ich kenne David Dressler immerhin schon seit vielen Jahren und bin überzeugt davon, dass er sein Wort halten wird.«
»Dass ich nicht lache!
Er wird sein Wort halten
– na, das wäre aber der erste Mann, von dem ich je gehört habe, der seine Versprechen nicht bricht, sobald es zu seinem Vorteil ist.« Meine Mutter klingt fast noch aufgebrachter als ich, während ich ihr abends von den unvorhergesehenen Ereignissen am Telefon berichte. Das Konzert, zu dem ich eigentlich wollte, habe ich sausenlassen. Zum einen war mir nach der schockierenden Nachricht meines Chefs nicht wirklich danach, zum anderen habe ich für mich selbst ein wenig bockig beschlossen, dass ich da nicht hinmuss, wenn ich momentan ja eh auf Eis gelegt bin. Da habe ich mich lieber in meine Wohnung in Ottensen zurückgezogen, mir ein schönes Glas Wein eingeschenkt, meinen Schnuffelhasen Möhrchen aus dem Bett geholt und mich zusammen mit ihm aufs Sofa gekuschelt.
So lag ich da eine gute halbe Stunde lang rum, Möhrchen fest an meine Brust gedrückt, und erzählte ihm von den Neuigkeiten. Eine etwas seltsame Macke von mir, ich weiß, aber wenn ich Sorgen habe oder wütend bin, lade ich das schon seit meiner Kindheit immer bei Möhrchen ab – und seltsamerweise geht es mir danach meistens besser. Möhrchen hat mir beigestanden, als Papa uns damals verließ. Wenn ich in der Grundschule wegen meinem ungewöhnlichen Vornamen gehänselt wurde. Er war für mich da, als Dirk aus der 4 c lieber mit der blöden Laura ein Eis essen gehen wollte, und als nach dem ersten Hoch, als ich bei Mama ausgezogen war, der Frust kam, weil ich auf einmal allein in einer fremden Stadt in einem schrottigen Ein-Zimmer-Apartment saß.
Diesmal half es nicht wirklich, was vermutlich daran liegt, dass mein Stoffhase mir natürlich nicht antworten kann. Miriam wäre mir eine deutlich größere Hilfe, aber die ist noch bis Samstag mit ihrem Freund Gunnar im Liebesurlaub in Frankreich, bei dem ich sie nicht stören wollte, also beschloss ich, das zu tun, was ich sowieso meistens mache, wenn ich nicht weiterweiß: meine Mutter anrufen. Sie kann zwar eine ziemliche Nervensäge sein, aber wenn ich ihren Rat brauche, hat sie meist ganz nützliche Tipps. Nur gerade jetzt nicht, im Gegenteil: Sie bestärkt mich eher noch in meinen Horrorvorstellungen.
»Wenn deine Position in der anderen Firma bereits vergeben ist, wäre dieser Dressel oder wie der heißt …«
»Dressler«, sage ich matt, »David Dressler.«
»Wie dem auch sei. Was weißt du denn über diesen Dressler?«, fragt Mama.
»Nicht viel«, gebe ich zu. »Er hat das Label vor drei Jahren gegründet und ist damit recht erfolgreich. Immerhin so erfolgreich, dass er uns schon ernsthafte Konkurrenz gemacht hat. Ansonsten habe ich ihn bisher nur einmal kurz auf einer Veranstaltung aus der Ferne gesehen, ist mehr der zurückgezogene Typ, der sich nicht viel auf Branchenfesten rumtreibt.«
»Aha«, wirft meine Mutter vielsagend ein, wobei ich mich gerade frage, was an dieser Aussage
aha
ist. »Also«, spricht sie weiter, »jedenfalls wäre dieser David Dressler doch schön blöd, wenn er nicht so schnell wie möglich versuchen würde, dich loszuwerden und gegen jemanden auszutauschen, der weniger verdient als du.« Damit bestätigt Mama zu hundert Prozent genau die Sorgen, die ich mir auch schon gemacht habe. Hätte ich doch einfach weiter mit Möhrchen gesprochen, der hat wenigstens die Klappe gehalten!
»Außerdem«, fährt sie fort, »woher willst du wissen, was Dressler wirklich zu Lutz gesagt hat? Vielleicht gab es das Versprechen, von dem er euch erzählt hat, ja gar nicht.«
»Warum hätte er das sonst behaupten sollen?«
»Das liegt doch wohl auf der Hand!«, schleudert Mama mir entgegen. »Damit ihr nicht zuckt, schön die Füße stillhaltet und ihm keinen Ärger macht.«
»Bisher konnte man sich auf Lutz immer verlassen«, wende ich ein.
»Aha!« Nun klingt sie ironisch. »Das merkt man ja auch gerade, wie sehr ihr euch auf ihn verlassen könnt! Stellt euch einfach vor vollendete Tatsachen,
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