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Wuppertod

Wuppertod

Titel: Wuppertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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überlegte. Hatte seine Versetzung etwas
mit dem Mordverdacht zu tun? Wollte man den Ruf der Schule nicht
ruinieren? War Jochims für das Gymnasium nicht mehr tragbar
gewesen? »Wo finde ich ihn jetzt?«
    »Ab morgen an
der Hainstraße.«
    Stefan runzelte die
Stirn. »Dort gibt es eine Schule?« Davon hatte er noch
nie etwas gehört.
    »Nein, keine
Schule«, wurde er belehrt. »Aber einen
Friedhof.«
    »Jochims ist
…« Stefan konnte es nicht glauben. Die Gedanken
schlugen Purzelbäume in seinem Kopf.
    »Tot, ja.«
Sie nickte und nestelte wieder an ihrer Brille herum. »Er
lebt nicht mehr. Ist mit der Schande nicht fertig geworden
…«
    Stefan überlegte,
ob er die nächste Frage stellen sollte, entschied sich
dafür und ging in die Offensive. »Hat das etwas mit den
Schwierigkeiten in seiner Ehe zu tun?«
    »Woher wissen
Sie davon?«
    »Nun«,
sagte Stefan. »Deshalb wollte ich ja mit ihm
reden.«
    »Zu
spät«, wiederholte die Frau mit dem
Krähengesicht.
    Das Gespräch
brachte ihn nicht weiter. »Wie lange ist er
…«
    »Gestern. Er hat
sich umgebracht. Ja, junger Mann, Selbstmord. Kam mit dem ganzen
Theater nicht mehr zurecht. Er war viel zu gut für dieses
Frauenzimmer.«
    »Frauenzimmer?«
    »Diese Henrike
Jochims, seine Ehefrau. Sie ist lebenslustig und schert sich einen
Dreck um die Moral. Er hätte etwas Besseres verdient, als
diese … Person.« Das letzte Wort hatte sie wie ein
Schimpfwort ausgestoßen.
    »Wie ist
sie?«
    »Ein Flittchen,
wenn Sie mich fragen.« Dann schüttelte sie den Kopf.
»Entschuldigen Sie mich. Ich habe noch zu
tun.«
    »Natürlich«,
nickte Stefan und machte eine verständnisvolle Miene.
»Trotzdem, vielen Dank.«
    * * *
    Stefan hatte einen
freien Tisch im Schatten der weit ausladenden Kastanienbäume
gefunden und sich ein kleines Wupperhell bestellt.
    Sein Blick glitt durch
den Biergarten hinauf zur Backsteinfassade des Brauhauses.
Generationen von Wuppertalern hatten hier früher das Schwimmen
gelernt. Nicht im Bier natürlich, denn vor seiner
Wiederauferstehung als »Großraumkneipe« Barmens
war das Brauhaus ein städtisches Hallenbad an der
Flurstraße gewesen. Stefan erinnerte sich an die vergeblichen
Proteste unzähliger Bürger, die einst gegen die
Schließung dieses Stadtbades protestiert hatten. Selbst
ältere Wuppertaler hatten sich selbst gemalte Plakate
umgehängt und gegen die Schließung demonstriert.
Inzwischen krähte danach kein Hahn mehr und man genehmigte
sich hier gerne eines der selbst gebrauten, untergärigen
Vollbiere. Dennoch: Feucht fröhlich ging es hier nach wie vor
zu.         
    Während er das
Treiben im Biergarten des Wuppertaler Brauhauses am frühen
Abend betrachtete, dachte Stefan über die Fakten nach, die er
zusammengetragen hatte.
    Da gab es den Mord an
einem Schauspieler, der ein Verhältnis mit der Gattin eines
Lehrers gehabt hatte. Der gehörnte Ehemann weilte auch nicht
mehr unter den Lebenden, anscheinend hatte er Selbstmord begangen.
Hatte er sich wirklich selbst getötet, oder sollte nur ein
Selbstmord vorgetäuscht werden? Und dann
gab es den Überfall auf den Schwager des ermordeten
Schauspielers. Zufällig war er Rechtsanwalt und hatte den
Regisseur im Scheidungsprozess betreut. Und es gab den Regisseur
mit der Pechsträhne, der auf Biegen und Brechen seinen Film im
bergischen San Francisco drehen wollte und der sich hatte scheiden
lassen.
    Das Bier kam, Stefan
blickte auf, bedankte sich, trank einen Schluck, leckte sich
genießerisch über die Lippen und beschloss, sich Notizen
zu machen, bevor er den Überblick verlor. So zückte er
seinen Filofax und schrieb sich die Fakten auf. Namen, kurze
Angaben zu den Personen, und -soweit erforderlich - auch die
Todesdaten. Das Ganze verband er mit Linien, einem Stammbaum nicht
unähnlich. »Mindmap« nannte er so etwas. Es gab
Namen, die er nicht mit Strichen verbinden konnte. Und genau da
wollte er ansetzen. Sein Handy vibrierte. Wie er auf dem Display
sah, war es Heike.
    * * *
    Keine zehn Minuten
später erschien sie auf der Bildfläche. Als sie Stefan
entdeckt hatte, strahlte sie. Mit einem glücklichen
Lächeln auf den Lippen sank sie zu ihm auf die Bank und
hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
    Dann zeigte Heike auf
Stefans Skizze. »Was ist das?« Sie lächelte.
»Ahnenforschung? Fertigst du einen Stammbaum der Seilers
an?«
    »Nein.«
Stefan erklärte ihr, was es mit der Sammlung von Namen, Daten
und Linien auf sich hatte.
    »Bleibt eine
Frage«, sagte Heike, nachdem er

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