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Wuppertod

Wuppertod

Titel: Wuppertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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seine Erklärungen
abgeschlossen hatte, »wie war das Verhältnis zwischen
Tickmann und Heiger?«
    »Es heißt,
dass sie sehr gut befreundet waren. Heiger hat auch schon
früher in Tickmanns Filmen mitgespielt.« Stefan zog die
Mundwinkel nach unten und nahm einen Schluck Bier.
    »Das riecht nach
einer Cliquenwirtschaft«, bemerkte Heike. Ihr Bier kam, sie
trank und wischte sich den Schaum von den Lippen.
    »Wie meinst du
das?«
    »Überleg
doch mal: Der Regisseur lässt sich scheiden. Vom Schwager
seines Freundes, der ab und zu - und auch diesmal - eine Hauptrolle
in seinem Film spielt.«
    »Und der tote
Darsteller hatte ein Verhältnis zu einer verheirateten Frau,
deren Mann angeblich Selbstmord begangen hat«, fügte
Stefan hinzu und leerte sein Glas. »Was macht dein
Casting?«, wechselte er dann das Thema.
    Heike strahlte.
»Ich habe schon einiges erreicht. Wir haben im Studio weitere
Beiträge eingesprochen, die auf das Casting hinweisen. Und das
Beste: Ich habe eine anspruchsvolle Location für dieses Event
aufgetan.« Sie zwinkerte ihm geheimnisvoll zu.
    »Mach's nicht so
spannend«, drängte Stefan und bestellte sich bei der
Kellnerin eine Apfelschorle. Wenn er fuhr, trank er höchstens
ein Bier. Sonst war das ganze Jahr Aschermittwoch, wie er zu sagen
pflegte.
    Heike ahmte eine
Fanfare nach. »In der Villa Media werden wir einen
würdigen Nachfolger für Heiger finden.«
    Stefan stieß
einen anerkennenden Pfiff aus. »Heike, Schatz, du bist
klasse.« Er beugte sich zu ihr hinüber und hauchte ihr
einen Kuss auf die Wange.
    »Danke, das
weiß ich«, lachte sie. Dann verdunkelte sich ihre Miene
und sie tippte auf Stefans Aufzeichnungen. »Da wäre noch
etwas. Ist mir vorhin im Studio eingefallen. Die Heiger-Burbach hat
ganz am Anfang, bei unserem ersten Treffen im Lola, eine Bemerkung
gemacht.«
    Stefan schwieg und
blickte sie fragend an.
    »Sie sprach von
einem etwas neurotischen Fan, der ihren Bruder verfolgt haben soll.
Einer von diesen Typen, die ihrem Idol bis ans Ende der Welt folgen
und immer wieder auf sich aufmerksam machen.«
    Stefan erinnerte sich.
Er nickte nachdenklich. »Wie penetrant«, murmelte er,
trank einen Schluck. »Das Phänomen des
Stalkings.«
    »Darauf will ich
hinaus«, nickte Heike. »Ein wahnsinniger
Fan.«
    »Davon habe ich
erst kürzlich gelesen. In Amerika gab es bereits einige dieser
Fälle. Wenn Liebe zu Hass wird …« Stefan dachte
nach. »Es heißt, dass meist prominente Zeitgenossen
verfolgt werden. Wird diese ›Liebe‹ aber nicht
erwidert, dann schlägt die Liebe in Hass um.« Er
musterte Heike fragend. »Glaubst du, dass Tim Heiger ein
Stalking-Opfer wurde?«
    »Stalker sind
meist männlich.« Sie zuckte die Schultern. »Wenn
es sich um einen solchen Hintergrund handeln würde, dann
hätten wir es ja wohl mit einem weiblichen Täter zu
tun.«

7. Kapitel
    Am nächsten
Morgen meinte es die Sonne gut mit Wuppertal. Um neun Uhr zeigte
die Quecksilbersäule schon zwanzig Grad an.
    Das Gebäude der
Schwebebahnstation Ohligsmühle ragte in den wolkenlosen
Himmel. Es war eine gigantische Konstruktion aus meterdicken,
verkröpften Rohren, prismenförmigen Aufgängen zu den
Bahnsteigen und großen Glasflächen, die an ein
riesengroßes Aquarium erinnerten. Erst 1982 war die Station
errichtet worden. Damals hatte man achthundertfünfzig
Quadratmeter türkisblau eingefärbtes Plexiglas in der
Station verbaut. Daher auch der Spitzname, den die Wuppertaler der
Ohligsmühle gegeben hatten: Aquarium. 
    »In fünf
Minuten will ich drehen!«, wetterte Tickmann. Er hatte das
Drehbuch unter dem Arm und marschierte aufgeregt über das Set.
Die Beleuchter hatten mächtige Reflektoren aufgestellt, um die
lindgrüne Konstruktion der Schwebebahn ins rechte Licht zu
rücken. Der Kameramann saß auf seinem Kran und war
einsatzbereit, die Tontechniker hatten die großen
Galgenmikrofone ausgerichtet, nur die Darsteller fehlten noch. Sie
befanden sich noch in der Maske.
    Die fast hundert
Mitarbeiter am Filmset arbeiteten emsig. Aus Walkie-Talkies klangen
verzerrte Stimmen über das Gelände. Im Team herrschte
striktes Handyverbot und so waren die mobilen Funkgeräte die
einzige Möglichkeit zur Kommunikation. Einige Zuschauer hatten
sich eingefunden und beobachteten das geschäftige Treiben rund
um die Ohligsmühle, stets in der Hoffung, einen bekannten
Schauspieler zu Gesicht zu bekommen. Auf dem Parkplatz zwischen der
IHK und der Wupper parkten Wohnmobile und zahllose LKW, in denen das

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