Wuppertod
Ihr
Mann wurde ja heute bestaddet.«
»Ich hatte sie
doch schon besucht«, wunderte Stefan sich.
»Sie war sehr
verschlossen.«
Heike kicherte.
»Bei mir nich … Wir haben uns bei einem Gläschen
Wein nett underhalden.« Wieder kicherte sie. »Von Frau
zu Frau - sozusagen.« Sie fuchtelte mit den Händen in
der Luft herum, machte »Booom« und murmelte: »Da
wird eine Bombe platzen.«
»Bei einem
Gläschen?« Stefan betonte das Wort »einem«
besonders und schüttelte den Kopf. »Das kommt mir vor,
als hättest du die Probierstunde eines Moselwinzers mitgemacht
und dabei alle Sorten ausgiebig getestet.« Er lachte.
»Was hat sie denn so erzählt, die gute Henrike
Jochims?«
»Ihr Exfreund,
Tim Heiger, wollte Schluss machen.«
»Sie hatten doch
schon längst Schluss gemacht.«
»Nein - nicht
so.« Heike schüttelte den Kopf. »Tim Heiger wollte
Schluss machen. Seine Karriere beenden. Wuppertod sollte sein
letzter Film werden.«
»Bitte?«
Stefan glaubte sich verhört zu haben.
Heike gähnte
ungeniert und fiel rücklings aufs Bett. »Außerdem
gibt es da etwas, was sie verbindet. Also wollten sie einen neuen
Anfang wagen.«
Das war allerdings
eine ganz neue Erkenntnis.
»Und …
und was ist so ungewöhnlich daran, dass sich ein Schauspieler
aus dem Geschäft zurückzieht?«, fragte
Stefan.
»Er war auf dem
Höhepunkt… seiner Karriere. So was ist
ungewöhnlich.« Heike sprach mit geschlossenen Augen.
»Und außerdem«, eine Gähnattacke unterbrach
sie, »außerdem wollten sie durchbrennen.« Sie
blinzelte zu Stefan hoch, der sich über sie gebeugt hatte.
»Heiger und die Jochims.«
»Aber sie hatten
sich doch getrennt?« Stefan verstand die Welt nicht mehr. Und
von jetzt auf gleich war Heike eingeschlafen. Er ließ sie in
Ruhe. Morgen war auch noch ein Tag.
11. Kapitel
Der Mann ist Ende
zwanzig, hat einen Kinnbart, eine hohe Stirn, ist zirka 1,85 Meter
groß und muskulös. Er hat kurze, dunkle Haare. Zur
Tatzeit trug er eine dunkle Cordhose, einen weinroten Baumwollpulli
und eine kurze, braune Jacke.« Kommissar Ulbricht blickte
sein Gegenüber mit harter Miene an. »Geben Sie eine
Meldung durch, in den Nachrichten, im Wupper-Journal oder was
weiß ich, wo. Ich will den verdammten
Schützen!«
Michael Eckhardt hatte
zugesehen, wie die Designer-Espressomaschine auf der Fensterbank
seines Büros schnaufend ihre Arbeit verrichtete. Jetzt wandte
er sich zu seinem Besucher um. Wie immer war Kommissar Ulbricht
schlecht gelaunt. Und Eckhardt wurde den Verdacht nicht los, dass
das auch an seinem Begleiter lag. Ein junger, unscheinbarer Knabe,
der sich etwas schüchtern als Jupp Bock vorgestellt hatte.
Offenbar so etwas wie ein Assistent von Ulbricht. Na, der hatte es
sicher nicht leicht bei dem alten Griesgram, durchzuckte es den
Chefredakteur der Wupperwelle. Doch das sollte nicht seine Sorge
sein. »Herr Ulbricht«, setzte er an und schenkte dem
Kommissar ein verbindliches Lächeln. »Ich will gerne
versuchen, Ihnen zu helfen. Allerdings habe ich ein Problem damit.
Wie Sie wissen, findet heute unser Casting für den
Heiger-Ersatz statt. Es ist nicht gut, wenn die Veranstaltung von
Negativschlagzeilen überschattet wird.«
»Verdammt
… ich wusste, dass Sie mir so kommen würden«,
fluchte Ulbricht und nestelte eine zerknautschte Zigarettenpackung
aus der Innentasche seines verschlissenen Jacketts.
»Bitte
nicht… dies ist ein Nichtraucherbüro«, bat
Eckhardt eilig.
Mit einem
unverständlichen Brummen auf den Lippen ließ Ulbricht
die Packung wieder verschwinden. »Sie fangen an wie die
Göbel«, murmelte er und rang sich ein versöhnliches
Grinsen ab. »Aber Sie haben ja Recht. Verdammte
Zigaretten.«
»Also«,
sagte Eckhardt und ließ sich mit einer kleinen Espressotasse
an seinem Schreibtisch nieder. Seine Besucher hatten dankend
abgelehnt, als er ihnen ebenfalls einen Espresso angeboten hatte.
»Ich bin gerne bereit, Ihnen bei der Aufklärung des
Anschlags auf Lars Gemmering zu helfen. Geben Sie mir ein paar
Stunden. Sobald das Casting läuft, gebe ich Ihre
Fahndungsmeldung auf den Sender.«
»Einverstanden«,
nickte Ulbricht und machte Anstalten zu gehen.
Sein Assistent
verharrte. »Frau Göbel …«, sagte er.
»Ich hätte sie gern gesprochen.« Er klang
plötzlich ziemlich sicher und selbstbewusst.
Eckhardt erhob sich,
trat an die große Scheibe, die sein Büro vom Rest der
Redaktion trennte, und blickte sich suchend um. »Noch nicht
da«, erwiderte er. »Ich glaube, sie
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