Wuppertod
Betäubungsmittelgesetz,
wenn ich mich nicht irre.«
Er massierte sich das
Kinn und dachte nach. Stefan erinnerte sich an eine Studie, die er
einmal gelesen hatte. Suizid-Kandidaten wählten
unterschiedliche Arten, ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Demnach
wählten Männer eher die spektakuläreren Arten, um
aus dem Leben zu scheiden. Sie fuhren mit dem Auto gegen einen
Brückenpfeiler, sprangen von Brücken oder warfen sich vor
Züge, während Frauen die weniger gewalttätigen
Methoden des Selbstmordes wählten. Ein Großteil der
Frauen tötete sich durch Gift. Etwas passte hier nicht, das
spürte er. »Wie kommt die Witwe also darauf, dass beim
Tod ihres Mannes jemand nachgeholfen haben
könnte?«
»Sie hat ihn in
der Wohnung gefunden, als er schon tot war. Er lag im Schlafzimmer,
neben dem Ehebett. Und es roch stark nach
Knoblauch.«
»Vermutlich hat
er sich vorher noch mal ein richtig gutes Gyros
gegönnt«, versuchte Stefan einen Scherz. »Das ist
noch lange kein Grund, einen Suizid anzuzweifeln.«
»Es stank
penetrant nach Knoblauch«, wiederholte Heike unbeirrt.
»Ihr Mann hasste aber alles, was nur entfernt nach Knoblauch
roch oder schmeckte. Mehrmals hatten sie deshalb Streit. Immer,
wenn sie kochte, war er sehr misstrauisch und reagierte cholerisch,
sobald sie ein Essen mit Knoblauch zubereitete.«
Das Telefon klingelte.
Stefan erhob sich mit einem Seufzen.
»Ich bin's, Peer
Finke.«
Stefan
begrüßte den freien Journalisten. »Sehen wir uns
später beim Casting?«, fragte er dann.
»Ja …
allerdings ist mir soeben eine sehr interessante Pressemitteilung
auf den Tisch geflattert.« Peers Stimme klang euphorisch.
»Das dürfte dich interessieren. Es geht um den Lehrer,
der Selbstmord begangen hat. Angeblich.« Peer kicherte am
anderen Ende der Leitung.
»Hat er
nicht?« Stefan traute seinen Ohren kaum. Offenbar war der
tote Lehrer heute Morgen Gesprächsthema Nummer eins im
Tal.
»Hat er
nicht«, stimmte Peer Finke zu. Man hat ihn in die
Gerichtsmedizin nach Düsseldorf gebracht, wo seine Leiche
obduziert wurde. Das ist Routine nach einem Selbstmord. Die
Toxikologen sind auch tatsächlich fündig geworden.
Hansjürgen Jochims starb offensichtlich nicht an den
Schlaftabletten. Man fand Spuren von Arsen in seinem
Körper.«
Stefans
überlegte. Vor Ewigkeiten hatte er einmal ein Seminar
über Toxikologie besucht. Wie war das noch gewesen? Arsen
riecht nach Knoblauch, erinnerte er sich. »Gibt es einen
Tatverdächtigen?«
»Ja, seine Frau
… Henrike Jochims.«
Stefan zuckte
unmerklich zusammen. »Die eigene Frau?« Es würde
passen. Die Art des Mordes würde eher zu einer Frau
passen.
»Ja, man sucht
jetzt nach einem Motiv. Ein Alibi für die Tatzeit hat sie
nämlich nicht. Und da es in ihrer Ehe kriselte, steht sie ganz
oben auf der Liste der Verdächtigen. Sie hatte heute in den
frühen Morgenstunden Besuch von der Kripo und sitzt seitdem in
U-Haft.« Peer holte tief Luft. »Aber das ist nur die
halbe Geschichte. Man will ihr nämlich auch den Mord an ihrem
Exfreund, Tim Heiger, anlasten.«
Das war etwas zu
einfach für Stefan. Eine enttäuschte Liebe, eine
gescheiterte Ehe. Eine unglückliche Dreiecksbeziehung sollte
Schuld am Tod von zwei Menschen sein?: »Ich melde mich, wenn
ich etwas Neues erfahre und hake sofort nach, wenn ich in der
Redaktion bin«, versprach er Peer und legte auf. Etwas
betreten kehrte er zu Heike in die Küche zurück.
»Es sieht aus, als hätte Henrike Jochims Recht
gehabt.«
»Kein
Selbstmord?« Heike schüttete sich Kaffee
nach.
»Kein
Selbstmord. Er wurde ermordet. Und Henrike Jochims unter
Mordverdacht verhaftet.«
12. Kapitel
Freuen Sie sich nicht
zu früh, Bock«, warnte Ulbricht und wanderte ruhelos
durch sein Büro, das im ersten Stockwerk des
Polizeipräsidiums an der Friedrich-Engels-Allee lag. Unten,
auf der Straße, rollte der Verkehr vorüber.
Gedämpft drang der Motorenlärm herauf. In den
Bäumen, die die Straße säumten, zwitscherten die
Vögel. Schräg gegenüber, an der Tankstelle,
herrschte reger Andrang. Die Spritpreise waren mal wieder um zwei
Cent gesunken. Anlass genug für viele Wuppertaler, rasch zu
tanken.
Ulbricht hatte die
Arme wie ein dozierender Professor hinter dem Rücken
verschränkt. Dann verschanzte er sich hinter seinem
Schreibtisch und musterte seinen Assistenten, der etwas kleinlaut
auf dem Besucherstuhl vor dem Schreibtisch saß.
»Mit der
Verhaftung von Henrike Jochims sind wir einen großen Schritt
weitergekommen«,
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