Wuppertod
Haftrichter
vorgeführt wurde, in U-Haft festzusetzen.«
»Ich kenne die
Vorschriften«, seufzte Heike und blickte zur Decke. Ein Eimer
frische Farbe täte der Decke des Büros sicherlich gut,
dachte sie, bevor sie sich wieder Bock zuwandte.
»Umso besser.
Dann wissen Sie ja auch, dass Ihnen das gleiche Schicksal
blühen könnte.«
»Sie wissen gar
nicht, wovon Sie reden«, konterte Heike. »Sie
müssen Henrike Jochims freilassen. Sofort. Oder wollen Sie,
dass das Kind Schaden nimmt?«
Ihm entgleisten die
Gesichtszüge. »Das Kind?«
»Sie ist
schwanger, ja.«
»Und der
Koffer?« Bock verstand die Welt nicht mehr. Heike sah fast,
wie es hinter seiner hohen Stirn arbeitete. »Was hatte der zu
bedeuten?«
»Sie wollte mit
dem Vater des Kindes durchbrennen. Im Ausland ein neues Leben
beginnen.«
»Also ist
Hansjürgen Jochims, ihr verstorbener Mann, nicht der Vater des
Kindes?«
»Nein, er war
sterilisiert. Er wollte keine Kinder.«
»Und nun so
etwas.«
»Ja.«
Heike nickte. So langsam hatte sie sich beruhigt. Sie merkte, dass
sie die Oberhand in diesem Gespräch gewann.
Und das gefiel ihr.
»Niemand sollte erfahren, dass sie ein Kind
bekommt.«
»Wer ist der
Vater?«
Heike erhob sich. Sie
ging zur Tür, legte eine Hand auf die Klinke und wandte sich
ein letztes Mal um. »Sie sind der ermittelnde Beamte, nicht
ich.« Sie öffnete die Tür. »Denken Sie nach,
Bock. So schwer ist das doch gar nicht.«
Damit war sie
draußen und ließ einen ziemlich verdatterten Jupp Bock
zurück.
* * *
Stefan ermittelte an
einer anderen Front. Nachdem er alle Bembergs im Wuppertaler
Telefonbuch angerufen hatte und man dort einen Gernot Bemberg nicht
kannte oder kennen wollte, musste er los. Also hatte er den
Käfer zur Uni auf dem Grifflenberg gelenkt und beschlossen,
Bemberg dort zu suchen, wo dieser sich wohl tagsüber aufhielt:
in der Bergischen Universität.
Er hatte sich im
Sekretariat erkundigt. Nach anfänglichem Zögern, weil man
eigentlich keine Auskunft geben durfte, hatte er trotzdem erfahren,
dass Gernot Bemberg tatsächlich hier am Campus eingeschrieben
war. Immerhin etwas, dachte Stefan und machte sich auf den Weg zur
Mensa. Ebene ME, ganz unten. Hier trafen sich alle Studenten und
hier würde Stefan Seiler seine Ermittlungen
aufnehmen.
Zur Mittagszeit
herrschte in der Mensa der Bergischen Universität reger
Betrieb. Studenten stürmten die Kantine und plauderten wild
durcheinander. Stefan hatte sich mit dem Foto von Gernot Bemberg in
der Hand am Eingang postiert und immer wieder Studenten
angesprochen, die an ihm vorbeistürmten. Niemand kannte
Bemberg. Kopfschütteln und ablehnende Gesten waren alles, was
Stefan erntete. Er stand an der Glastüre und
versuchte, Gernot Bemberg zu finden. Vergeblich.
Auch im Buchladen
konnte man ihm nicht helfen. Die Bedienung im angrenzenden
Asta-Shop und in der »Cafete«, der kleinen Cafeteria,
wussten mit dem Antlitz von Gernot Bemberg nichts anzufangen. Es
war, als würde es ihn gar nicht geben.
Frustriert kaufte sich
Stefan im Shop der Cafeteria eine Tüte Pralinen, B-Ware einer
namhaften Marke, die man hier offerierte. Kauend stand er ratlos
unter den Studenten und blickte sich um. Er überlegte, ob er
auch die Studenten an den Tischen und Stehtischen ansprechen
sollte, entschied sich aber schließlich dagegen. Die
Mittagspause war heilig. So ließ er sich eine der kostenlosen
Unicum-Tüten mit allerhand nützlichen und unnützen
Proben in die Hand drücken und stand etwas ratlos vor den
Infotafeln, auf denen die Tagesmenüvorschläge angepriesen
wurden. Neugierig begutachtete Stefan den Inhalt der Tüte.
Allesamt Werbeartikel. Er entdeckte eine Minipackung mit 2 ml
Duschgel, eine Puddingprobe zum Anrühren und eine
Zahnpastatube, nicht viel größer als sein Daumen,
dafür warb man aber mit dem Zusatz »strahlend
weiß«.
»Nun«,
murmelte Stefan leise. »Mit dem Inhalt einer solchen
Tüte kann ein Student einen Monat lang
überleben.«
Immer wieder hielt er
Studenten das Foto von Gernot Bemberg unter die Nase, immer wieder
erfolglos. Enttäuscht fiel sein Blick auf den schwarzen
Riesenschnauzer, der aus braunen Augen treu zu ihm
aufblickte.
»Na«,
sagte er. »Kennst du diesen Mann?« Er hielt dem Hund
das Foto hin. Der Schnauzer betrachtete es und schnüffelte
daran, in der Hoffnung auf ein Leckerchen, bevor er schwanzwedelnd
in Richtung Unibuchhandlung verschwand. Dort machte er es sich
mitten im Eingangsbereich bequem und legte
den Kopf auf die
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