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Wuppertod

Wuppertod

Titel: Wuppertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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klingelte. Am Display erkannte
sie, dass es sich bei dem Anrufer um Peer Finke
handelte.
    »Hallo,
Peer«, sagte sie in Richtung der Freisprecheinrichtung.
»Gibt es Neuigkeiten?«
    »Das kann man
wohl sagen«, klang Peers Stimme verzerrt durch den
Lautsprecher. Er schien aufgeregt zu sein. »Ich wollte Sonja Tickmann
einen Besuch abstatten. Und - stell dir vor - sie ist
weg.«
    »Das kann
Vorkommen«, erwiderte Heike unbeeindruckt. »Vielleicht
hat sie Termine. Oder sie ist schlicht und ergreifend mal kurz zum
Einkäufen gefahren und taucht gleich wieder
auf.«
    »Das glaube ich
nicht«, entgegnete Peer. »Alle Jalousien ihrer Villa
sind herabgelassen und auf dem Anrufbeantworter klingt es nicht so,
als wäre sie nur kurz außer Haus.«
    »Hmm«,
machte Heike. Sie dachte angestrengt nach. Sonja Tickmann war eine
clevere Frau. Und sicherlich war sie schlau genug, um zu wissen,
dass man ihr eines Tages auf die Schliche kommen würde. Hatte
sie den richtigen Moment abgepasst und war von der Bildfläche
verschwunden, bevor man sie zur Rechenschaft ziehen konnte? Heike
schätzte sie so ein, dass Frau Tickmann erst wieder erscheinen
würde, wenn Gras über die Sache gewachsen war und man sie
nicht mehr mit den seltsamen Vorkommnissen in Verbindung bringen
würde.
    »Was soll ich
dazu sagen?«
    Peers Atem ging
rasselnd. »Ich weiß es nicht, Heike. Immerhin scheint
das Verschwinden von Sonja Tickmann kein Zufall zu sein. Ich denke,
dass sie mehr Dreck am Stecken hat, als wir alle
vermuten.«
    »Wie Recht du
hast«, stimmte Heike ihm zu. »Aber das besprechen wir
später. Ich bin gerade unterwegs zur Müngstener
Brücke, wo heute gedreht wird. Bin mal gespannt, was Tickmann
zum Verschwinden seiner werten Ex-Gattin sagt.«
    »Ich
auch«, antwortete Peer. Heike versprach ihm, ihn auf dem
Laufenden zu halten, und beendete die Verbindung. Meter für
Meter schlich sie mit dem Golf durch den Stau. Rechterhand waren
Arbeiter mit dem Ausgießen der Betonwände
beschäftigt.
    Nervös trommelte
Heike auf dem Lenkrad herum und hoffte, dass sich der Stau auf der
Autobahn bald auflöste. Immer wieder warf sie einen Blick auf
die Uhr im Armaturenbrett. Kurz vor der Ausfahrt
Wuppertal-Katernberg hatte sie das Nadelöhr endlich passiert
und trat das Gaspedal des Golf tiefer durch. Der Motor
dröhnte. Am Sonnborner Kreuz wechselte sie auf die L74 in
Richtung Solingen. Für die wundervolle Landschaft der Kohlfurt
hatte sie heute kein Auge. Die Gedanken rasten durch Heikes Kopf.
Nachdem sie erst die Ausfahrt Wuppertal-Kohlfurt und danach
Solingen-Kohlfurt passiert hatte, wusste sie, dass hier, unweit vom
Café Hubraum, die Stadtgrenze zwischen Solingen und
Wuppertal hinter sich gelassen hatte. Es dauerte nicht mehr lange
und die Schnellstraße endete im Morsbachtal an der B229.
Rechts ging es nach Solingen, links nach Remscheid. Sie bog nach
rechts ab und blinkte sofort wieder links. Sie fuhr in die
Sackgasse, die direkt auf die Müngstener Brücke
zuführte. Vorbei am Inside, einer Rockerkneipe, an die Heike
keine guten Erinnerungen hatte.
    Einige
heruntergekommene Andenkenshops säumten den Weg zur
höchsten Eisenbahnbrücke Deutschlands, dann sah sie schon
den Fahrzeugtross der Filmproduktionsfirma. Die schneeweißen
LKW und Wohnmobile blockierten die Parkplätze am Wupperufer,
die sonst den Touristen Vorbehalten waren, die sich für das
imposante, hundertsieben Meter hohe Bauwerk interessierten und
eventuell noch eine Wanderung zum nahen Schloss Burg eingeplant
hatten. Von Ausflugs-Schulklassen, jungen Familien und Rentnern in
Wanderkluft war heute nichts zu sehen. Das Filmteam beherrschte das
Bild unterhalb der Müngstener Brücke. Es herrschte die
übliche Hektik. Mitarbeiter huschten herum, überall
quäkten kleine Walkie-Talkies und Mitglieder der Filmcrew
wieselten geschickt zwischen den kilometerlangen Kabeln herum - zu
Heikes Verwunderung, ohne ständig zu stolpern.
    Die Reporterin parkte
den Wagen am Rand der kleinen Straße. Kaum, dass sie den
Wagen abgeschlossen hatte, ertönte wie aus weiter Ferne ein
dumpfes Grollen, das immer lauter wurde. Erst, als sie sich bewusst
wurde, dass sie sich genau unter der Müngstener Brücke
befand, wusste sie, dass ss sich nicht um ein grollendes Unwetter
handelte, sondern um einen Zug, der hoch über ihrem Kopf die
Brücke passierte. Zahlreiche Anekdoten ranken sich um das
filigrane Bauwerk, das 1897 fertig gestellt wurde. Heike entsann
sich an ein Gerücht, das besagte, es gäbe unter den

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