Wuppertod
den
tagesaktuellen Themen, beratschlagte, welches Thema man davon ins
Programm der Wupperwelle aufnehmen wollte und welches nicht. Die
Mitarbeiter des Senders saßen, wie an jedem Morgen, an einem
langen Tisch im Konferenzzimmer. Und wie an jedem Morgen waren im
Kollegenkreis des kleinen Senders Wetten über die Krawatte des
Chefs abgeschlossen worden. Diesmal beschränkte sich die Zahl
der Kaffeeflecken auf ein Minimum. Auch der oberste Hemdknopf war
noch zu - also schien Eckhardt an diesem sonnigen Morgen noch nicht
zur Hochform aufgelaufen zu sein.
Eckhardt fragte in die
Runde, wer welches Thema aufgetan habe.
»Die
Eröffnung des Opernhauses nach dem Umbau steht bevor«,
bemerkte Hermann »Hermie« Pfeiffer, dienstältester
Mitarbeiter und für das Kulturressort zuständig.
»Vielleicht sollten wir mal einen Blick hinter die Kulissen
des Umbaus werfen.« Er zupfte sich gedankenverloren seinen
dunklen Vollbart. Die Pfeife in seinem Mundwinkel war
erkaltet.
Roland Kracht, der
Nachrichtenredakteur, räusperte sich und richtete sich in
seinem Stuhl auf. Er warf Heike, die ihm am langen Tisch
gegenübersaß, einen Blick zu. »Was mich
interessieren würde: Ihr wart beim großen Casting in der
Villa Media dabei. Wie ist der Stand der Dinge: Gibt es einen
würdigen Nachfolger für Tim Heiger, gehen die
Dreharbeiten für Wuppertod weiter?«
Karin Dahl machte auf
sich aufmerksam. Sie lächelte verbindlich in die Runde.
»Nun«, sagte sie und spielte mit ihrem Kugelschreiber.
»Ich habe gestern mit der Produktionsfirma telefoniert. Dort
teilte man mir mit, dass die Dreharbeiten heute
planmäßig weitergehen.«
»Und was das
Casting betrifft, so ist ein Nachfolger für Tim Heiger
gefunden worden. Dem Wuppertod steht also nichts mehr im
Wege.« Heike zwinkerte Stefan zu, der neben ihr saß.
»Im Übrigen können wir vielleicht heute noch einen
Bericht zu einem Komplott gegen die Dreharbeiten und gegen den
Regisseur Mark Tickmann liefern.«
Eckhardt lachte und
nahm den Ball auf. »Und da Sie beide ja hinlänglich
Erfahrung mit einem Komplott haben, würde ich mich freuen,
wenn ich Sie mit der Story betrauen könnte.«
Heike zwickte Stefan
unauffällig unter dem Tisch in den Oberschenkel. »Unser
Part«, flüsterte sie ihm leise zu. Der Chefredakteur
hatte ihnen grünes Licht gegeben. Somit waren sie ihm bis zur
Aufklärung der Affäre keine Rechenschaft schuldig und
hatten alle Freiheiten.
Der Rest der Konferenz
war die tagesübliche Routine. Nachdem sich die Runde
aufgelöst hatte, blieben Heike und Stefan noch sitzen. Im
Konferenzraum konnten sie ungestört reden.
»Und nun,
großer Frauenheld?«
»Was - und
nun?« Stefan grinste und überhörte Heikes spitze
Bemerkung. »Wir warten ab, was sich bei Erik Meyer tut. Der
Kerl scheint mehr Dreck am Stecken zu haben, als wir
ahnen.«
»Vielleicht
sollte ich gleich mal zum Set fahren«, überlegte
Heike.
»Und
dann?«
»Dann werde ich
mit Tickmann reden.«
Ein Anruf bei der
Produktionsfirma von Hilmar Hanke hatte genügt, um Einblick in
den Drehplan zu bekommen. So wusste Heike, dass heute Dreharbeiten
außerhalb Wuppertals anstanden. Einige Szenen vom Wuppertod
spielten am Fuße der Müngstener Brücke.
Sie hatte sich den
Redaktions-Golf mit den zwei knallroten Ws der Wupperwelle auf den
Türen geliehen, weil sie den Twingo vor Stefans Wohnung hatte
stehen lassen. Vom Redaktionsgebäude aus fuhr sie über
den Steinweg und die Carnaper Straße zur Autobahn, um sich
dort in Fahrtrichtung Düsseldorf in den täglichen
Baustellenstau zu stellen. Die Bauarbeiten an der
Lärmschutzgalerie hinter der Abfahrt Elberfeld-Mitte
führten immer wieder zu Geduldsproben bei den Autofahrern, die
sich dann gerne über den Sinn und Zweck einer
Lärmschutzgalerie stritten. Heike hatte sich aus derlei
Diskussionen herausgehalten. Sie hatte zur Zeit andere Probleme. Es
war höchste Zeit, mit Mark Tickmann zu
reden.
Er hatte einige sehr
obskure Andeutungen gemacht, und wenn das stimmte, was Heike
vermutete, dann könnte Sonja Tickmann, seine Exfrau, sich
schon mal warm anziehen. Das Intrigenspiel, das sie spielte,
reichte, um sie für einige Jahre ins Gefängnis zu
bringen. Es galt jetzt nur noch, ihr das linke Spiel zu beweisen.
Sicherlich eine harte Nuss.
Erpressung, Einbruch,
Diebstahl, der Überfall auf einen Anwalt und
möglicherweise gab es sogar Verbindungen zu einem Mord. Alles
keine Kavaliersdelikte.
Sie schreckte aus
ihren Gedanken auf, als ihr Handy
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