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Wuppertod

Wuppertod

Titel: Wuppertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Eisentor zu öffnen. Es war nicht abgeschlossen. Da
der große Wagen der Hausherrin vor der Türe stand, war
er sicher, dass Sonja Tickmann sich hier aufhielt.
    »Sie ist hier,
und nichts spricht dagegen, wenn wir Sonja Tickmann um ein
Interview bitten.« Peer zwinkerte ihr durch die dünnen
Gläser seiner Brille zu. »Und wir werden die Ersten
sein, die mit ihr reden.«
    Die Haustüre war
nur angelehnt. Peer blickte Peggy verwundert an, machte einen
Schritt in das kleine Haus und rief den Namen der Hausherrin.
»Frau Tickmann? Mein Name ist Peer Finke. Sind Sie zu
Hause?« Halbdunkel umfing ihn. Die Gardinen der Zimmer waren
verschlossen.
    Stille. Drinnen roch
es muffig. Peer rümpfte die Nase und bedeutete Peggy, ihm zu
folgen. Die Einrichtung im Innern des Flachbaus war eher einfach.
Eigentlich nicht luxuriös genug für eine Frau wie Sonja
Tickmann. Peer wunderte sich zwar, fand aber keine Zeit, sich
darüber Gedanken zu machen. Immer wieder rief er Sonja
Tickmanns Namen, immer wieder erfolglos. Es gab einen kleinen
Korridor, von dem rechts und links jeweils zwei Türen
abzweigten. So fanden sie eine enge Küche, ein einfaches Bad
mit einer alten Badewanne, ein Schlafzimmer, in dem es nur einen
schmalen Kleiderschrank und ein Futonbett gab, und ein Wohnzimmer
direkt gegenüber. Ein alter Kachelofen diente als
Wärmequelle im Winter. Peer wunderte sich darüber, dass
Sonja Tickmann sich hier so etwas wie einen Unterschlupf zugelegt
hatte. Eine Liebeslaube für ein verbotenes Verhältnis? Es
gab tausend mögliche Antworten.
    »Peer …
bitte komm schnell«, rief Peggy plötzlich und schrie
spitz auf. Sie hatte das kleine Wohnzimmer betreten and die
Gardinen aufgezogen, um das Tageslicht hereinzulassen. Dabei hatte
sie einen grausamen Fund gemacht: Zwischen der Couch und dem
niedrigen Tisch lag Sonja Trickmann. Sie hatte die Augen weit
aufgerissen und schien an die Zimmerdecke zu starren. Doch ihre
Augen würden nie wieder etwas sehen. Ihr Mund stand einen
Spalt breit offen, so, als hatte sie im Augenblick ihres Todes
aufschreien vollen. Denn, dass sie tot war, daran bestand kein
Zweifel. sie lag inmitten einer Blutlache. Ein großer,
dunkelroter Fleck zierte ihre helle Bluse.
    * * *
    Die Frau, die vor
seinem Schreibtisch saß, zusammengesunken wie ein
Häufchen Elend, schluchzte. »Ich habe Sonja Tickmann
umgebracht, weil sie meinen Mann umgebracht hat.« Henrike
Jochims blickte Eckhardt aus tränenverschleiertem Blick an.
Der Chefredakteur der Wupperwelle reichte ihr ein Taschentuch, das
sie dankbar entgegennahm. Lautstark schnäuzte sie sich die
Nase.
    »Und warum hat
Sonja Tickmann Ihren Mann getötet?«
    »Sie hatten ein
Verhältnis. Ich bin darauf gekommen, als ich vorgestern den
Kleiderschrank meines Mannes leer räumte. Darin fand ich einen
Schuhkarton mit Liebesbriefen, Fotos und … und
Schweinkram.«
    »Schweinkram?«
Eckhardt verstand nicht.
    »Ja«,
nickte Henrike Jochims. »Nacktfotos. Von … von dieser
Person - dieser kleinen Schlampe. Und ich dachte, er würde
sich nicht für mich interessieren, weil er mit Leib und Seele
Lehrer war.« Sie lachte humorlos auf. »Pustekuchen.
Weiß der Teufel, wie es ihr gelungen ist, ihn für sich
zu gewinnen. Allerdings weiß ich auch nicht, was er ihr geben
konnte.«
    »Eines verstehe
ich nicht«, murmelte Eckhardt und legte nachdenklich die
Fingerspitzen beider Hände aneinander. »Welchen Grund
hatte sie, ihn zu ermorden?«
    »Es gibt auch
darüber Briefe«, sagte sie. »Sonja Tickmann
steckte in finanziellen Schwierigkeiten. Immer wieder trafen sie
sich in einer Hütte. So etwas wie ein Wochenendhaus, oder
so.« Sie fuchtelte mit den Händen in der Luft herum.
»Und sie hat auch vor Verbrechen nicht zurückgeschreckt,
um zu Reichtum zu gelangen. Zuletzt, so geht aus einem der Briefe
hervor, hat sie ihren Ex-Mann erpresst. Hansjürgen war jedoch
ein gesetzestreuer Mann. Ihm war nichts so verhasst wie Straftaten.
Nicht einmal im Parkverbot hat er gehalten. Niemals, verstehen
Sie?«
    Eckhardt nickte und
lehnte sich weit im Stuhl zurück, ohne Henrike Jochims aus den
Augen zu lassen. Sie war eine gebrochene Frau. Sie trug das Kind
von Tim Heiger im Bauch, einem Mann, der kaltblütig ermordet
worden war. Und sie war Witwe, weil die Geliebte ihres Mannes ihn
ermordet hatte.
    »Das bedeutet,
er war für Sonja Tickmann unbequem geworden?«
    Sie nickte.
»Allerdings. Und deshalb musste er sterben.« Ein neuer
Weinkrampf schüttelte sie. »Sie war so kalt, so
berechnend.

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