Wuppertod
ihm auf. »Tim ist tot. Er
wurde ermordet.«
* * *
»Es gibt da so
eine kleine Pizzeria, die noch auf hat«, bemerkte Stefan und
nahm Heike an die Hand.
Sie standen vor dem
Studio der Wupperwelle an der Friedrich-Engels-Allee. Rechterhand
erleuchtete die Schwebebahnstation Alter Markt die Nacht. Heikes
Versuch, ein Statement von Tim Heigers Manager
zu bekommen, war erfolglos geblieben. Vermutlich schlief der
Manager den Schlaf des Gerechten und ahnte nicht, dass er
arbeitslos war.
Heike fröstelte,
als sie zu Stefan aufblickte. Es war inzwischen ein Uhr am Morgen.
Der Verkehr auf der Talachse hatte nachgelassen. Nur wenige Taxis
und Nachtschwärmer waren um diese Zeit noch unterwegs.
»Hast du etwa Hunger?«
Er lächelte und
nickte stumm. Verlegen schob er sich das dunkelblaue Baseballcape
in den Nacken.
Heike stieß sich
von ihm ab und stemmte die Hände in die Hüften.
»Stefan Seiler«, rügte sie. »Das darf doch
wohl nicht wahr sein. Um diese Zeit, wo normale Wuppertaler
längst im Bett liegen, knurrt dein Magen?«
»Ehrlich gesagt
- ja.«
Sie schüttelte
den Kopf. »Wo soll das nur hinführen?«
»In die
Pizzeria«, grinste er.
Heike winkte nur ab
und ersparte sich weitere Kommentare. Ihr Twingo stand zu Hause und
so war sie auf Stefans Mitfahrgelegenheit angewiesen. Er legte
einen Arm um ihre Schulter und führte sie zum Parkplatz der
Redaktion. Dort wartete Clemens, sein alter Käfer. Wie ein
Charmeur der alten Schule öffnete Stefan ihr die
Beifahrertür. »Bitte Platz zu nehmen«, sagte er
und machte eine einladende Geste.
»Danke,
James.« Lächelnd ließ Heike sich in den
Beifahrersitz fallen.
Als er neben ihr
saß und den Motor startete, schwärmte Stefan ihr von der
wunderbaren Pizza vor, die er gleich verdrücken würde.
»Nach einem langen Arbeitstag im Studio haben wir uns das
Mittemachtsmahl redlich verdient, mein Schatz.«
Heike lachte und
pustete sich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn.
»Stefan«, sagte sie. »Mitternacht ist längst
vorbei.«
»Egal«,
winkte er ab. »Der Magen knurrt. Und hungrig kann ich nicht
einschlafen.«
Seine Freundin
zwinkerte ihm verschwörerisch zu. »Wer sagt denn, dass
wir zu Hause gleich schlafen gehen?« Ihre Stimme hatte einen
seltsamen Klang bekommen.
Stefan schluckte
trocken, dann schüttelte er den Kopf. »Dazu bin ich mit
leerem Magen schon gar nicht in der Lage.«
»Dann fahr
zu«, seufzte sie. »In Gottes Namen. Fahr zu dieser
Pizzeria. Ich werde dir Zusehen, wie du dir den Wanst
vollschlägst.«
»So würde
ich das nicht nennen«, protestierte Stefan und lenkte den
alten Käfer vom Parkplatz. Er ordnete sich auf die
Linksabbiegerspur am Alten Markt ein, wendete und steuerte den
Wagen Richtung Elberfeld. »Das dient lediglich der Erhaltung
meiner Arbeitskraft in der Redaktion unserer
Wupperwelle.«
»Schwafel nicht,
fahr«, mahnte Heike und rollte genervt mit den
Augen.
Er trat das Gaspedal
tiefer durch. Rechts flog das Gerüst der Schwebebahn an ihnen
vorüber. Die neue, gläserne Station Adlerbrücke
leuchtete im Dunkel der Nacht. Drei rote Ampeln später
bildeten die weit ausladenden Bäume der
Friedrichs-Engels-Allee ein grünes Dach über der
Fahrbahn. Stefan erinnerte sich, dass die Talachse auf diesem
Teilstück vor hundert Jahren schlicht »Allee«
geheißen hatte. Auch heute noch wurde die B7 von den
Wuppertalern so genannt. In einem Buch über Wuppertaler
Straßennamen hatte Stefan gelesen, dass die Prachtallee zu
Kriegszeiten Adolf-Hitler-Straße genannt worden war, bevor
1946 Friedrich Engels Namensgeber für die Hauptstraße
zwischen Elberfeld und Barmen geworden war.
»Hey«,
weckte Heike ihn aus den Gedanken und streichelte ihm über die
Wange. »So nachdenklich?«
Er lächelte, ohne
sich von der Fahrbahn abzuwenden. »Ich dachte gerade an den
Mord.«
»Wer hat
Interesse daran, einen Schauspieler zu töten?«, fragte
sich Heike und spielte mit einer blonden
Haarsträhne.
»Vielleicht gab
es vorher Drohanrufe, einen Erpressungsversuch. Nicht alles wird
von der Presse aufgedeckt.«
»Wohl
wahr.« Seine Freundin seufzte und blickte hinaus in die
Nacht. Die Fachwerk- und Schieferfassaden waren
zurückgeblieben und jetzt tauchten rechts die
Haspelhäuser auf. »Ich habe es im Gefühl, dass
Heiger sterben musste, weil er einen Film in Wuppertal drehen
wollte.«
»Heike«,
brummte Stefan und warf ihr einen flüchtigen Seitenblick zu.
»Übertreibst du da nicht etwas mit deiner … mit
deiner weiblichen
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