. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen
seinem letzten Schuljahr möglicherweise irgendeine peinliche Geschichte gegeben hätte. Ich sprach ihn gestern daraufhin an, aber er verneinte es glattweg. Ich habe nicht weiter insistiert. Es ist nicht so furchtbar wichtig, und wenn ich mir Phillipson vornehme, werde ich es sowieso von ihm erfahren.«
»Was denken Sie, was damals passiert ist?«
»Wahrscheinlich das Übliche – man wird ihn mit einer seiner Schülerinnen erwischt haben.«
Lewis sah Morse mit schräggelegtem Kopf an und lächelte müde. »Sie meinen, mit Valerie Taylor?«
»Warum nicht. Sie scheint ja eine starke Anziehungskraft auf Männer gehabt zu haben. Ich nehm an, daß Phillipson davon erfuhr und Baines ebenfalls – dem blieb, glaube ich, so gut wie gar nichts an der Schule verborgen – und daß die drei sich zusammensetzten und die Schulleitung Acum anbot, die Sache auf sich beruhen zu lassen, wenn er sich zum nächsten Schuljahr an eine andere Schule bewerben würde. Acum hatte vermutlich keine andere Wahl, als zu akzeptieren. Die Roger-Bacon-Schule hätte er nach dem, was geschehen war, sowieso verlassen müssen, und ganz sicher wäre dann seine Frau stutzig geworden und hätte angefangen, Fragen zu stellen – das muß alles ziemlich bedrohlich für ihn gewesen sein.«
»Und Sie meinen, daß Baines sein Wissen benutzte, um Acum bluten zu lassen?«
»Ja. Acum blieb gar nichts anderes übrig, als mitzuspielen. Nach dem, was ich von seiner Frau gesehen habe, kann ich mir vorstellen, daß es sich bei der Sache mit Valerie nur um eine kurzzeitige Gefühlsverwirrung gehandelt hat, die aber, wenn es herausgekommen wäre, nichtsdestotrotz alle seine beruflichen Aussichten hätte zunichte machen können.«
»Also hat er gezahlt.«
»Ja. Ich nehme nicht an, daß für Baines sehr viel dabei herausgesprungen ist, er wußte, daß Acum kein Krösus war, und seine Forderungen werden entsprechend niedrig gewesen sein. Aber Kleinvieh macht auch Mist, wie man so schön sagt; und außerdem war es für Baines wieder eine großartige Möglichkeit, einen anderen Menschen zappeln zu sehen.«
»Und als nächstes werden Sie mir erzählen, daß Baines auch die Taylors erpreßt hat.«
»Nein. Genau umgekehrt. Da hat ausnahmsweise mal er gezahlt, und zwar an Mrs. Taylor.«
Lewis hob erstaunt die Augenbrauen. Hatte er richtig gehört? »Heißt das, daß Mrs. Taylor Baines erpreßt hat?«
»Das habe ich nicht gesagt. Gehen wir noch mal zurück. Ich habe eben davon gesprochen, daß Baines an jenem Abend vor nunmehr dreieinhalb Jahren Phillipson zusammen mit Valerie Taylor gesehen hat. Ich kann mir nun gut vorstellen, daß das für ihn Anlaß gewesen sein könnte, sich mal etwas näher mit den Taylors zu befassen. Er wird ziemlich schnell festgestellt haben, daß dort nicht viel zu holen war – George Taylor war damals arbeitslos. Er nimmt die Dinge, glaube ich, so wie sie kommen, ohne viel zu klagen, aber sie wird, so wie ich sie einschätze, unter den bedrängten finanziellen Verhältnissen gelitten haben. Baines richtete es unter irgendeinem Vorwand ein, daß er sie allein sprechen konnte, und erkannte, daß sich hier eine Gelegenheit für ihn bot, den Wohltäter zu spielen.«
»Aber ich dachte immer, Baines sei eher kalt und berechnend gewesen.«
»War er auch.«
»Aber Sie meinen doch, er habe sie finanziell unterstützt?«
»Ja.«
»Und sie hat es einfach so genommen, ohne irgendwelche Gegenleistungen?«
»Nein, das ist ja gerade der springende Punkt. Sie hat sich schon erkenntlich erwiesen.«
»Und wie?«
»Meine Güte, Lewis, manchmal denke ich wirklich, Sie sind nicht von dieser Welt.«
Lewis wurde rot. »Ich verstehe schon«, sagte er.
»Einmal pro Woche, würde ich denken. Während der Schulzeit – in den Ferien fiel es wohl aus. Wahrscheinlich dienstags, da hatte er nachmittags frei. Dienstag nachmittags! Verstehen Sie, was das heißt, Lewis?«
»Sie meinen, daß Baines wahrscheinlich, also daß er …«
»Daß er mehr über Valeries Schicksal wußte, als wir je vermutet hätten. Er stellte seinen Wagen wohl etwas weiter entfernt vom Haus ab, um nicht aufzufallen, und wartete so lange, bis er sicher sein konnte, daß Valerie auf dem Rückweg zur Schule war. Dann ging er hinein, holte sich, was er brauchte, zahlte …«
»Ganz schön gefährlich, finde ich.«
»Baines war Junggeselle und vermutlich ganz wild darauf, mal wieder mit einer Frau zu schlafen. Da war ihm das Risiko, das er einging, wahrscheinlich egal. Und schließlich
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