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. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

Titel: . . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Bulldozerfahrer beim Straßenbau gearbeitet. Er weiß also, wie man mit einer Planierraupe umgeht. Die Schlüssel dafür hängen sicherlich – für ihn zugänglich – irgendwo an einem Brett im Schuppen. Es gibt also nichts, was ihn hindern könnte, am nächsten Morgen eine Stunde früher als sonst auf der Deponie zu sein, sich einen Bulldozer zu schnappen und Valeries Leiche unter einem Berg von Abfall verschwinden zu lassen. Wer sollte schon etwas davon merken? Niemand.« Er hielt einen Moment inne, um nachzudenken. »Wenn ich recht habe, dann heißt das, daß Valeries Leiche über Nacht noch im Hatfield Way war. Wahrscheinlich haben sie sie gemeinsam in irgendeinen alten Sack gepackt und in den Kofferraum von Georges Morris gelegt. Jetzt im nachhinein frage ich mich, wieso ich nicht von Anfang an so etwas vermutet habe. Die Tatsache, daß sie uns so spät informierten, hätte mich eigentlich gleich mißtrauisch machen müssen.«
    »Glauben Sie denn, daß es möglich wäre, die Leiche jetzt noch zu finden, nach so langer Zeit?«
    »Ich denke, schon. Die Suche dürfte eine ziemlich ekelhafte Angelegenheit werden. Es wird sicher irgendwo festzustellen sein, welche Abschnitte der Deponie wann eingeebnet worden sind, und dann werden wir sie wieder ausgraben – das heißt, was noch von ihr übrig ist. Arme Valerie Taylor! So zu enden …«
    »Und uns lassen sie die ganze Zeit ermitteln! Das muß man sich mal vorstellen.«
    Morse nickt. »Ja, dazu gehört schon eine ganze Portion Nervenstärke und Entschlossenheit, da gebe ich Ihnen recht. Aber nach all dem, was vorhergegangen ist der Mord selbst und dann die Beseitigung der Leiche –, war uns zu täuschen vielleicht noch der einfachste Teil.«
    Während er Morse zuhörte, war Lewis flüchtig der Gedanke an Ainley gekommen. Es gab da im Zusammenhang mit ihm immer noch eine Frage, auf die er gerne eine Antwort gehabt hätte.
    »Meinen Sie, daß Ainley der Wahrheit auf der Spur war?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Morse, »aber das ist auch gar nicht so wichtig – viel entscheidender ist, daß irgendwer es angenommen hat.«
    »Und was, glauben Sie, hat Baines’ Brief mit all dem zu tun? Wissen Sie inzwischen, warum er ihn geschrieben hat?«
    »Ja, vielleicht. Obwohl …«
    Ein Klingeln an der Haustür unterbrach ihn. Unmittelbar darauf führte Mrs. Lewis den Arzt ins Zimmer. Morse stand auf und verabschiedete sich.
    »Sie brauchen nicht zu gehen, die Untersuchung dauert nicht lange«, sagte der Arzt.
    »Nein, nein«, erwiderte Morse, »ich habe noch verschiedenes zu erledigen.« Er wandte sich zu Lewis. »Ich komme heute nachmittag noch einmal vorbei.«
    Er fuhr zurück ins Präsidium, ging in sein Büro und setzte sich in seinen schwarzen Ledersessel. Der Anblick des übervollen Posteingangskorbes wies ihn deutlich auf seine Versäumnisse hin. Es wurde Zeit, daß er die Sachen endlich mal durchsah. Aber heute nicht mehr. Der Arztbesuch vorhin war ihm eigentlich sehr gelegen gekommen. So war ihm erspart geblieben, in seinen Ausführungen weiter fortfahren zu müssen, obwohl er inzwischen schon längst begriffen hatte, daß seine Rekonstruktion der Geschehnisse noch längst nicht hieb- und stichfest war. Die Frage, warum Baines den Brief geschrieben hatte, war nur eine von vielen schwachen Stellen. Er gestand sich ehrlich ein, daß ihn seine Theorie noch nicht restlos befriedigte.
     
     

Kapitel Dreißig
     
    Geld kostet oft zuviel
    Ralph Waldo Emerson
     
    Eine ganze Stunde lang saß er, ohne daß ihn jemand gestört hätte, in seinem Büro und dachte (zum wievielten Male?) über alles nach. Sein Ausgangspunkt war dabei die Frage, warum Baines den Brief geschrieben hatte. Um zwölf stand er auf, ging den Flur hinunter, klopfte an die Tür des Superintendent und trat ein.
    Eine halbe Stunde später war das Gespräch beendet. Strange begleitete Morse zur Tür.
    »Die müssen Sie schon herbeischaffen«, sagte er, »da geht kein Weg dran vorbei. Sie können die beiden natürlich festnehmen und eine Zeitlang verhören, aber früher oder später brauchen wir die Leiche. Das ist einfach unumgänglich.«
    »Ich sehe ja ein, daß Sie recht haben«, sagte Morse. »Ohne Leiche ist das Ganze kaum zu glauben.«
    » Mit Leiche auch«, sagte Strange.
     
    Morse ging in die Kantine, wo der unvermeidliche Dickson gerade dabei war, sich einen Riesenteller Fleisch und Gemüse zu bestellen.
    »Wie geht es Sergeant Lewis, Sir? Haben Sie etwas von ihm gehört?«
    »Schon viel besser.

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