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. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

Titel: . . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Ich war heute morgen bei ihm. Er wird bald wieder hier sein.«
    Während seines Mittagessens beschäftigte ihn erneut die Frage nach dem Brief. Er hatte sich alle möglichen Gründe überlegt, aus denen man überhaupt einen Brief schreiben konnte, aber wirklich befriedigt hatte bisher noch keiner davon. Vielleicht wird auch dieses Problem sich lösen, wenn die Antworten auf seine Anfragen eingingen; vor einigen Tagen hatte er eine Bank und das Finanzamt um Mithilfe gebeten.
    Möglich, daß bei den Bergen von Post, die auf ihn warteten, schon etwas dabei war. Er war mit dem Essen fertig und hatte das Gefühl, etwas frische Luft zu brauchen, und so verließ er das Präsidium. Auf der Hauptstraße wandte er sich nach rechts und ertappte sich dabei, daß er seine Schritte in Richtung Pub lenkte. Bei seinem Eintritt sah er sich um. Mrs. Taylor war zum Glück nicht da. Er hätte ihr jetzt nicht begegnen mögen. Nachdem er sein Halbes ausgetrunken hatte, verließ er die Gaststätte gleich wieder und ging zur Hauptstraße hinunter. Abseits einer engen Zufahrtsstraße am oberen Ende des Hatfield Way lagen zwei Geschäfte, die ihm vorher nie aufgefallen waren, das eine ein Lebensmittelladen, in dem anderen gab es Obst und Gemüse, und Morse kaufte dort als kleine Aufmerksamkeit für den Kranken Weintrauben. Als er wieder hinaustrat, bemerkte er zwischen dem Lebensmittelladen und dem ersten Reihenhaus ein kleines unbebautes Grundstück. Es war nicht größer als zehn Meter im Quadrat. Maurer hatten halbe Ziegelsteine und einen flachgetretenen Sandhaufen zurückgelassen, ein altes Fahrrad lag herum, ein paar alte Reifen, Zigarettenschachteln, Chipstüten. Zwei Autofahrer nutzten die Fläche als Parkplatz.
    Morse blickte in die Runde, um sich zu orientieren, und merkte, daß er kaum fünfzig Meter vom Haus der Taylors entfernt war, das ein Stück weiter zur Hauptstraße hinunter auf der linken Seite lag. Er blieb wie angewurzelt stehen und faßte die Tüte mit den Weintrauben fester. Mrs. Taylor war in ihrem Vorgarten. Sie drehte ihm den Rücken zu. Er konnte sie deutlich sehen. Sie hatte ihr Haar nachlässig hochgesteckt, ihre schlanken Beine wirkten fast wie die eines jungen Mädchens. Sie beugte sich über die Rosenstöcke und war damit beschäftigt, mit einer Gartenschere die welken Blüten abzuschneiden. Er überlegte, ob er sie erkennen würde, wenn sie plötzlich in Schuluniform mit offenen Haaren aus der Gartenpforte gerannt käme. Der Gedanke verursachte ihm Unbehagen, denn er war sich ganz sicher, daß er sie sofort von einem Mädchen hätte unterscheiden können. Trotz aller Verkleidungen. Vielleicht hatte Mrs. Taylor einfach viel Glück gehabt, daß keiner der Nachbarn sie an jenem Dienstagmittag gesehen hat. Und der alte Joe Godberry war wohl schon damals halb blind gewesen. Plötzlich wurde ihm alles klar … Er schaute sich noch einmal auf dem leeren Grundstück um, das durch die Mauer des Reihenhauses von den Taylors her nicht eingesehen werden konnte, blickte hinüber zu deren Vorgarten, wo jetzt die verblühten Rosen auf einem ordentlichen kleinen Häufchen am Rand des Rasens lagen, drehte sich auf dem Absatz um und machte sich auf den Weg zurück zum Präsidium.
    Ohne sich um die übrigen Briefe, Berichte und Umläufe zu kümmern, fischte er sich aus dem Postkorb die Mitteilungen bezüglich Baines’ Einkommen. Die detaillierten Aufstellungen ermöglichten ihm einen genauen Überblick über seine finanziellen Verhältnisse. Während er sie eingehend studierte, hob er mehrmals die Augenbrauen, denn Baines war wesentlich wohlhabender, als er sich vorgestellt hatte. Abgesehen von verschiedenen Versicherungspolicen hatte er über 5000 Pfund bei einer Oxforder Bausparkasse, 6000 Pfund in langfristigen Kommunalobligationen der Stadt Manchester, 4500 Pfund auf einem Sparkonto bei Lloyds und 150 Pfund auf seinem Girokonto bei derselben Bank. Das alles zusammen ergab eine hübsche runde Summe, obwohl Lehrer in Großbritannien ja nun nicht gerade fürstlich entlohnt wurden – auch wenn sie es zum stellvertretenden Direktor gebracht hatten. Als er sich die Kontobewegungen des vergangenen Jahres genauer ansah, stellte Morse mit einiger Überraschung fest, daß die Gehaltsschecks alle direkt auf Baines’ Sparkonto eingegangen waren und die Abhebungen von seinem Girokonto selten dreißig Pfund im Monat überschritten hatten. Aus dem Steuerausgleich für das betreffende Jahr ging jedoch hervor, daß er keine zusätzlichen

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