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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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rufen kann …«
    »Mein Pappy hat ’n richtigen Namen«, erklärte Kizzy. »Er heißt Kunta Kinte. Er ist Afrikaner.«
    »Was du nicht sagst!« Miss Malizy schien überrascht. »Mein Urgroßvater soll auch ’n Afrikaner gewesen sein. Meiner Mammy ihre Mammy hat erzählt, er war schwärzer als Pech, und im Gesicht hatte er lange Narben. Aber meine Mammy hat mir nie seinen Namen gesagt …« Miss Malizy überlegte. »Kennst du auch deine Mammy?«
    »Natürlich kenn ich sie. Meine Mammy heißt Bell. Sie ist Köchin im Herrenhaus wie du. Und mein Pappy kutschiert den Einspänner vom Masser, bislang jedenfalls.«
    »Du warst also mit deinem Pappy und deiner Mammy zusammen?« Miss Malizy staunte. »Du lieber Gott, bei uns gibt’s aber nicht viele, die beide Eltern kennen. Entweder ist der Pappy verkauft oder die Mammy.«
    Kizzy hatte das Gefühl, daß Miss Malizy sich zum Gehen anschickte, und weil sie plötzlich Angst bekam, wieder allein gelassen zu werden, suchte sie nach einer Möglichkeit, das Gespräch in die Länge zu ziehen. »Du redest wie meine Mammy«, erklärte sie. Miss Malizy schien überrascht, doch auch erfreut. »Ich nehm an, sie ist ’ne gute Christin, so wie ich.«
    Zögernd stellte Kizzy ihr eine Frage, die ihr durch den Kopf gegangen war. »Was für Arbeit muß ich hier machen, Miss Malizy?«
    Die Frage setzte Miss Malizy in Erstaunen. »Was für Arbeit?« wiederholte sie. »Hat dir denn der Masser nicht gesagt, wie viele Nigger wir hier sind?« Kizzy schüttelte den Kopf. »Mit dir sind wir genau fünf! Und da zähl ich auch noch den alten Mingo mit, der unten bei seinen Hühnern wohnt. Ich hab die Küche, die Wäsche und den Haushalt. Schwester Sarah und Onkel Pompey arbeiten auf dem Feld, und das mußt du auch.«
    Die Bestürzung auf Kizzys Gesicht veranlaßte Miss Malizy, die Brauen hochzuziehen. »Was hast du denn gearbeitet, wo du bis jetzt warst?«
    »Saubergemacht im Herrenhaus und meiner Mammy in der Küche geholfen«, antwortete Kizzy kleinlaut.
    »Das hab ich mir schon gedacht, du mit deinen weichen Händen! Na, dann bereit dich schon mal auf ein paar Schwielen vor, wenn der Masser wieder da ist!« In müderem Ton fuhr sie fort: »Armes Ding! Du bist wohl an eine reiche Farm gewöhnt. Unser Masser hier gehört aber zu den Armen, die sich plagen und alles zusammenkratzen, bis sie ’n kleines Stück Land kaufen und ein Haus bauen können, das nach mehr aussieht, als es in Wirklichkeit ist. In dieser Gegend sind viele arme Weiße. Die Leute sagen hier: ›Für hundert Morgen braucht man vier Nigger.‹ Unser Masser ist so geizig, daß er sich nicht mal die vier kauft. Weil er nämlich nur achtzig Morgen hat und davon grade nur so viel bebaut, daß er noch behaupten kann, ein Masser zu sein. Sein Kapital sind die hundert und etlichen Kampfhähne, die Mingo ihm züchten und abrichten hilft. Für was andres gibt er kein Geld aus. Immer wieder verspricht er der Missy, daß ihn diese Hühner noch mal reich machen. Er säuft sich einen an und erzählt ihr, daß er ihr eines Tages ein Haus bauen wird, zwei Stock hoch, mit sechs Säulen vorn und noch viel schöner als die Häuser von den wirklich reichen Massers, die ihn wie Dreck behandeln, weil er arm ist. Er legt alles Geld beiseite für dieses schöne Haus, sagt er. Hm! Na ja, möglich ist alles. Aber in Wahrheit ist er bloß geizig. Nicht mal einen Stallburschen hat er und auch keinen Nigger, der ihn kutschiert, wie die andern Massers einen haben. Er spannt selber ein, sattelt selbst sein Pferd und kutschiert selbst. Daß ich nicht auf dem Feld arbeite, ist bloß, weil die Missis nicht mal Wasser kochen kann und weil er gern gut ißt. Und weil es gut aussieht, wenn jemand die Gäste bedient. Er bringt nämlich gern welche mit nach Hause, besonders wenn er mit seinen Hähnen gut verdient hat. Er weiß aber, daß Onkel Pompey und Schwester Sarah nicht alles Land bearbeiten können, was er bepflanzen möcht, deshalb hat er dich gekauft …« Miss Malizy machte eine Pause. »Weißt du, wieviel du gekostet hast?«
    »Nein, Ma’am«, antwortete Kizzy mit schwacher Stimme.
    »Sechs- bis siebenhundert Dollar, schätz ich, nach dem, was Nigger heut kosten. Du bist jung und kräftig und kannst Kinder kriegen – das bringt ihm ein paar Pickaninnies, die ihn nichts kosten.«
    Kizzy starrte sie sprachlos an, Miss Malizy ging zur Tür. »Es täte mich nicht wundern, wenn der Masser dich zu einem dieser Zuchtnigger bringt, die die reichen Massers

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