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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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konzentriert und angespannt. »Jetzt sind’s sechstausendachthundert Dollar.«
    »Waao! Da sieht man mal wieder, daß die Nigger für die Weißen ’n ganz schönes Geschäft sind.« George sprach sehr langsam. »Aber eins sag ich dir. Ich kann mit den Kampfhähnen umgehn und werd’s auch tun. Und ich hab lang gewartet und ans Sparen gedacht –« Er sah, daß Matilda besorgt dreinsah. »Weiß schon, was du auf dem Herzen hast«, sagte er. »Miss Malizy, Schwester Sarah und Onkel Pompey.«
    Matilda war ihm dankbar dafür, daß er es wußte. Er sagte: »Die waren schon wie ’ne Familie für mich, bevor du sie kanntest–«
    »Jesses, George!« rief sie. »Ich seh überhaupt keine Möglichkeit nicht, wie du allein alle von hier loskaufen sollst, aber einfach weggehn und sie hierlassen, könnt ich auch nicht!«
    »Wir haben ja noch ’ne Menge Zeit, Tilda. Warten wir erst mal ab, bis es soweit ist, dann können wir weitersehn.«
    »Da hast du mal wieder recht.« Sie blickte noch einmal auf die eben niedergeschriebenen Zahlen. »Weißt du, George, ich kann’s einfach nicht glauben, daß wir darüber reden –« Erst jetzt war es ihr so recht zu Bewußtsein gekommen, daß sie und George zum erstenmal über die Zukunft ihrer Familie sprachen. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte ihn von ganzem Herzen umarmt. Doch war sie im Augenblick so gerührt, daß sie nicht einmal ein Wort hervorzubringen vermochte. Schließlich fragte sie: »George, wie bist du eigentlich darauf gekommen?«
    Er schwieg eine Weile. »Ich bin jetzt viel allein, und da denk ich eben mehr nach. Das hab ich dir ja schon mal gesagt –«
    »Na«, sagte sie zärtlich. »Schön ist es, muß ich schon sagen.«
    »Hier kommen wir ja doch zu nichts«, stieß er hervor. »Das einzige, was wir erreichen, nützt bloß dem Masser!« Matilda hätte am liebsten »Hurra« geschrien, aber sie hielt sich zurück. »Ich hab mit den freien Niggern gesprochen, wenn ich mit dem Masser irgendwo unterwegs in einer Stadt war«, fuhr George fort. »Die erzählen, daß es den freien Niggern im Norden am besten geht. Da oben sollen sie miteinander in ihren eigenen Häusern leben und gute Arbeit kriegen. Und ich weiß genau, daß ich das kann! Oben im Norden gibt’s viele Hahnenkämpfe! In New York City sollen sogar ganz berühmte Hahnenkampfnigger leben, wie ich gehört hab, da gibt’s einen Onkel Billy Roger und einen Onkel Pete, die ihre eigene Zucht besitzen und daneben noch ’n großes Spielkasino – dann ist da noch einer, den sie ›Nigger-Jackson‹ nennen, der hat die besten Vögel, die kaum zu schlagen sind!« Vollends in Erstaunen versetzte Matilda allerdings die folgende Bemerkung: »Und noch was – ich will, daß unsre Kleinen mal lesen und schreiben lernen wie du.«
    »Ich hoff nur, die lernen’s besser wie ich«, sagte Matilda mit leuchtenden Augen.
    »Ich will auch, daß sie ’n Beruf lernen.« Er dachte einen Moment nach, dann schmunzelte er plötzlich. »Stell dir bloß mal vor, wie das aussehn würde, wenn du da in deinem eigenen Haus sitzt, mit deinen eigenen bezogenen Möbeln und all dem feinen Zeug, und wie’s ist, wenn Miss Tilda eines Tages die andern freien Niggerfrauen zum Morgentee einlädt und wie ihr da alle rumsitzt und euch über Blumensträuße und solche Sachen unterhaltet. Wie wär’s damit?«
    Matilda brach in quietschendes Gelächter aus. »Mann, du bist ja verrückt!« Als sie sich ausgelacht hatte, verspürte sie mehr Liebe und Zärtlichkeit für ihn denn je zuvor. »Heut abend hat mir der liebe Gott genau das geschenkt, was ich brauche.« In ihren Augen standen Tränen, als sie ihre Hand auf die seine legte. »George, glaubst du wirklich, wir können es schaffen?«
    »Na hör mal, Frau. Wozu, glaubst du, sitz ich hier rum und rede?«
    »Weißt du noch, was ich dir damals gesagt hab, an dem Abend, wo wir beschlossen haben zu heiraten?« Sein Gesicht zeigte, daß er es nicht wußte. »Ich hab dir was aus dem ersten Kapitel Ruth erzählt. Ich hab dir gesagt: ›Wo du hingehst, da will ich auch hingehn; wo du bleibst, da bleib ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott –‹ Kannst du dich nicht mehr erinnern, daß ich dir das gesagt hab?«
    »Doch, ich glaub schon.«
    »Na, jedenfalls hab ich das nie stärker gefühlt wie jetzt.«

Kapitel 101
    Hühner-George nahm seinen Hut ab und reichte Masser Lea einen kleinen Wasserkrug, der so aussah, als sei er aus Draht geflochten. »Mein Junge, der kleine Tom,

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