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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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Versammlung der Plantagenbesitzer von Caswell County kam Hühner-George mit neuen Nachrichten über die Indianer zurück. »Hab gehört, daß der General Winfield Scott die Indianer gewarnt hat. ›Die Weißen sind Christen und wollen kein weiteres Indianerblut vergießen; deshalb sollen die Indianer, die noch ’n Rest Verstand im Kopp haben, lieber schnellstens abhauen!‹ Es heißt, wenn so ’n Indianer auch nur so aussieht, als ob er kämpfen will, knallen ihn die Soldaten sofort ab. Tausende hat die Armee einfach in eine Gegend getrieben, die sie Oklahoma nennen. Aber niemand hat gesagt, wie viele unterwegs abgeknallt oder krank geworden und gestorben sind!«
    »Schlimm, schlimm!« rief Matilda aus.
    Aber es gab auch einige gute Nachrichten – nur warteten sie diesmal auf ihn, als er 1837 von einer seiner Reisen heimkehrte. Sein sechster Sohn war geboren, und Matilda hatte ihn Jules genannt; allerdings schien es Hühner-George, nachdem er herausgefunden hatte, warum sie den vorigen James genannt hatte, nicht der Mühe wert, weitere Fragen zu stellen. Kizzy war diesmal weniger begeistert als bei der Geburt ihrer anderen Enkelkinder und sagte: »Sieht mir ganz so aus, als ob ihr niemals nichts wie Jungens kriegt!«
    »Mammy Kizzy«, rief Matilda aus ihrem Bett. »Da lieg ich hier und stöhne und hab Schmerzen, und du klingst mir grad so, als ob du enttäuscht wärst!«
    »Stimmt nicht! Ich liebe meine Enkel, und das wißt ihr sehr gut. Aber ich finde, ein Mädchen könnte nichts schaden!«
    Hühner-George lachte. »Wir werden uns gleich ranmachen und dir ein Mädchen besorgen, Mammy!«
    »Scher dich raus!« schimpfte Matilda.
    Aber einige Monate später brauchte man Matilda nur anzuschauen, um zu wissen, daß George beabsichtigte, Wort zu halten. »Hm! Man merkt doch gleich, wenn der Mann wieder mal ein bißchen zu Hause gewesen ist«, bemerkte Schwester Sarah.
    Und Miss Malizy stimmte ihr zu. »Scheint’s war er mal nicht die ganze Zeit bei den Hühnern.«
    Nachdem die Wehen eingesetzt hatten, hörte der ungeduldig und nervös wartende George seine Mutter plötzlich rufen: »Jesus, ich danke dir! Jesus, ich danke dir!« Er bedurfte keiner weiteren Erklärung, er war Vater eines Mädchens.
    Bevor das Baby noch gewaschen war, eröffnete Matilda ihrer Schwiegermutter, daß sie und George schon vor Jahren beschlossen hatten, ihre erste Tochter Kizzy zu nennen.
    »Dann hab ich nicht umsonst gelebt!« rief die Großmutter an diesem Tag alle zehn Minuten aus und konnte es kaum erwarten, daß Hühner-George aus dem Hahnengrund heimkehrte und noch einmal seinen sechs Söhnen und dem Baby Kizzy in seinen Armen die Geschichte von dem afrikanischen Urgroßpapa Kunta Kinte erzählte.
    Eines Nachts, etwa zwei Monate später, als alle seine Kinder schliefen, fragte George: »Tilda, wieviel Geld haben wir eigentlich bis jetzt gespart?«
    Sie sah ihn überrascht an. »Bißchen über hundert Dollar.«
    »Ist das alles?«
    »Das ist alles! Ist schon ein Wunder, daß es so viel ist! Hab ich’s dir nicht all die Jahre gesagt? So wie du das Geld rausschmeißt, hat’s ja kaum noch Zweck, von Sparen zu reden!«
    »Na schön, laß mal gut sein«, sagte er schuldbewußt.
    Aber Matilda ließ nicht locker. »Ganz zu schweigen von dem, was du so gewinnst und rausschmeißt und wo ich nichts von weiß, weil’s ja deine Sache ist. – Aber willst du vielleicht mal wissen, wieviel du mir zum Sparen gegeben hast, seit wir verheiratet sind, und was du dir wieder zurückgeborgt hast?«
    »Na schön, wieviel denn?«
    Matilda machte eine effektvolle Pause. »So ungefähr zwischen drei- und viertausend Dollar.«
    »Was!« rief er. »Ist das wahr?«
    Sie sah die Veränderung in seinem Gesichtsausdruck und dachte, daß sie ihn in all den zwölf Jahren ihres Beisammenseins noch nie so ernst gesehen hatte. »Wo ich da unten so viel allein rumsitze«, sagte er schließlich, »hab ich über ’ne ganze Menge Dinge nachgedacht –« Er schwieg und schien fast ein wenig verlegen. »Eins, was ich mir überlegt hab, ist, daß wir in den nächsten Jahren vielleicht genug zur Seite legen sollten, damit wir uns freikaufen können.«
    Matilda war zu überrascht, um etwas erwidern zu können.
    Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Ich will, daß du dir ’n Bleistift nimmst und mal ausrechnest, was das kostet – und hör endlich auf, mich so anzustarren, wie wenn du nicht bei Trost bist!«
    Die immer noch über die Maßen erstaunte Matilda holte

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