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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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den wir nach Euch benannt haben, Masser, hat das für seine Oma gemacht, aber ich wollte, daß Ihr’s Euch mal anschaut.«
    Masser Lea nahm den Krug zögernd und mißtrauisch an seinem Henkel aus Kuhhorn und warf einen flüchtigen Blick drauf. Dann brummte er ein unverbindliches »Hm«.
    George sah ein, daß er es noch einmal versuchen mußte. »Ja, Masser, er hat das Ding aus altem Draht geflochten. Dann hat er ein schönes heißes Holzkohlenfeuer gemacht und die Drähte aneinandergeschweißt und dann noch mal richtig nachgeformt. Hm, der Tom ist schon sehr geschickt, Masser –«
    Er schaute den Masser an und wartete auf eine Reaktion. Aber es kam keine. George sah ein, daß er seine wahre Absicht kundtun müsse, ohne daß es aussah, als wolle er sich den taktischen Vorteil einer günstigen Reaktion auf Toms handwerkliches Geschick zunutze machen. So entschloß er sich zu dem Sprung ins kalte Wasser. »Ja, Masser, der Junge ist mächtig stolz, daß er sein Leben lang Euren Namen tragen darf, und wir glauben alle, daß er einen prima Schmied abgibt, wenn man ihn nur läßt.«
    Bei diesen Worten machte Masser Lea sofort ein mißbilligendes Gesicht, was aber George nur noch mehr in seinem Entschluß bestärkte, dem kleinen Tom zu helfen, wie er es Matilda und Kizzy versprochen hatte. Jetzt mußte er zu den stärksten Argumenten greifen und Masser Lea auf die finanziellen Vorteile seines Vorschlags hinweisen.
    »Masser, jedes Jahr gebt Ihr ’ne Menge Geld fürs Schmieden aus, was Ihr leicht sparen könnt! Wir haben Euch auch niemals nicht erzählt, daß Tom Euch schon allerhand erspart hat, weil er schon oft Sicheln und Hacken und andres Gerät für Euch scharf geschliffen hat – und er hat ’ne Menge Sachen repariert, die zerbrochen waren. Ich sag das alles nur, weil Ihr mich zu Isaiah, dem Nigger, geschickt habt, der hier die Schmiede hat, und der hat mir erzählt, daß Masser Askew ihm schon seit Jahren einen Gehilfen versprochen hat, den er wirklich bitter nötig braucht, denn damit verdiente er ja gutes Geld für seinen Masser. – Er hat uns damals die Eisenreifen für die Wagenräder gemacht. Und dann hat er noch gesagt, daß er herzlich gern einen guten Jungen in die Lehre nehmen würde, und da hab ich mir gedacht: ›Wie wär’s denn mit Tom?‹ Wenn er was lernen kann, Masser, dann kann er ja später viel mehr machen, wie wir hier brauchen, und noch Arbeit für Fremde annehmen, die Euch ’ne Menge Geld einbringt, gradso wie der Nigger Isaiah für seinen Masser Askew.«
    Jetzt war George sicher, den Nerv getroffen zu haben, aber allzu sicher auch wieder nicht, denn der Masser war offensichtlich bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. »Sieht mir ganz so aus, als ob dein Junge mehr Zeit mit diesen Spielereien verschwendet als mit nützlicher Arbeit«, sagte Masser Lea und warf George den kleinen Drahtbehälter wieder zu.
    »Tom hat nicht einen Tag gefehlt, seit er auf den Feldern arbeitet, Masser! Diese Sachen hier macht er nur am Sonntag, wenn er frei hat. Er hat schon als ganz kleiner Kerl seinen Spaß am Reparieren und Basteln gehabt. Das steckt ihm im Blut! Jeden Sonntag geht er in den kleinen Schuppen, den er sich hinter der Scheune zurechtgemacht hat, und haut immer auf irgendwas rum. Er hat es sogar schon so getrieben, daß wir Angst hatten, er würde die Missis stören.«
    »Na schön, ich werd es mir überlegen«, sagte Masser Lea, wandte sich um und ging fort. Hühner-George stand verlegen und entmutigt mit dem kleinen Metallkrug in der Hand da.
    Miss Malizy saß in der Küche und schälte Rüben, als der Masser eintrat. Sie drehte sich halb nach ihm um, sprang aber nicht mehr ehrerbietig auf, wie sie es noch vor einigen Jahren getan hätte, denn sie dachte sich, daß es ihm nichts ausmachen würde; immerhin hatte sie ein Dienstalter erreicht, in dem man sich schon ein paar kleine Freiheiten herausnehmen durfte.
    Masser Lea kam geradewegs zur Sache. »Was ist eigentlich mit diesem Jungen los, der Tom heißt?«
    »Tom? Tildas Tom, Masser?«
    »Wie viele Toms gibt’s denn hier? Du weißt sehr gut, wen ich meine. Also was ist mit dem?«
    Miss Malizy wußte genau, warum er fragte. Erst vor einigen Minuten hatte Großmutter Kizzy ihr erzählt, wie ungewiß Hühner-George sich der Reaktion des Masser auf seinen Vorschlag war. Jetzt wußte sie es also. Aber sie hatte eine so gute Meinung von dem jungen Tom – und nicht nur, weil er neulich S-förmige Topfhaken für sie angefertigt hatte–, daß sie

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