Wurzeln
gebot mit schroffer Geste Schweigen. » Maul halten! All das Getue und Gejaule seit gestern abend!« Er ließ finstere Blicke über die Reihe schweifen, bis alle verstummten. »Ich bin kein gewöhnlicher Niggerhändler. Ich vertrete eine der größten und besten Firmen der Branche. Wir liefern auf Bestellung Sklaven nach Richmond, Charleston, Memphis und New Orleans –«
Matilda gab als erste den Befürchtungen aller Ausdruck, als sie rief: »Werden wir alle zusammen verkauft, Masser?«
»Ich hab dir doch gesagt, Maul halten ! Das wirst du schon noch rausfinden! Ich brauch euch nicht erst zu sagen, daß euer Masser hier ein wahrer Gentleman ist, genauso wie die Lady da oben im Haus, die sich wegen euch Wollschädeln das Herz aus dem Leibe weint. Sie können viel mehr bekommen, wenn sie euch stückweise verkaufen, viel mehr!« Er wies auf die weinenden Klein Kizzy und Mary. »Ihr beiden Weibsbilder seid ja beinah reif, Niggerbabys zu vierhundert Dollar das Stück und mehr in die Welt zu setzen.« Dann zu Matilda: »Und du da wirst zwar allmählich alt, aber du hast gesagt, du kannst kochen. Unten im Süden bringt eine gute Köchin heute zwölf- bis fünfzehnhundert Dollar.« Er sah Tom an: »Bei den steigenden Preisen könnte ein junger Zuchtbulle wie der Schmied leicht für zweifünf oder runde dreitausend zu verkaufen sein, noch dazu, wenn er auch für fremde Kundschaft arbeitet, wie er hier tut.« Dann warf er noch einen Blick auf Toms fünf Brüder, die zwischen zwanzig und achtundzwanzig Jahre alt waren. »Für solche Feldarbeiter kann ich leicht zwischen neunhundert und tausend das Stück bekommen –« Der Sklavenhändler machte eine bedeutsame Pause. »Aber ihr Niggerpack hier habt eben Schwein gehabt! Eure Missis besteht darauf , daß ihr alle zusammen verkauft werdet, und euer Masser will es auch!«
» Danke , Missis! Dem Himmel sei Dank!« rief Großmutter Kizzy. »Gelobt sei Gott!« schrie Matilda.
»Maul halten, sag ich!« Der Sklavenhändler machte wieder eine abweisende Handbewegung. »Ich hab’s ihnen ausreden wollen, aber sie haben nun mal kein Einsehen. Und zufällig hab ich auch einen Käufer für euch alle, einen Tabakpflanzer nicht weit von hier, in Alamance County, nahe der Eisenbahn. Der sucht eine Niggerfamilie, die ihm keinen Ärger macht, untereinander nicht streitet, wo keine Ausreißer dabei sind. Nigger, die sich auf alle anfallenden Arbeiten verstehen. Wir brauchen euch also nicht zu versteigern. Man hat mir auch gesagt, daß ich euch nicht anzuketten brauche oder so was, außer wenn ihr Ärger macht.« Er warf ihnen einen lauernden Blick zu. »So. Von jetzt an seid ihr alle, zu denen ich gesprochen habe, meine Nigger, bis ich euch da abgeliefert hab, wo ihr hinkommt. Ich geb euch vier Tage, eure Sachen zusammenzupacken. Samstag früh werdet ihr in ein paar Wagen nach Alamance County gebracht.«
Virgil war der erste, der seine Stimme wiederfand, und er fragte verängstigt: »Was ist denn nun mit meiner Lilly Sue und ihrem Baby drüben bei Currys? Die werdet ihr doch auch kaufen, nicht wahr, Sörr?«
Und aus Tom brach es hervor: »Und was ist mit unsrer Oma und Schwester Sarah und Miss Malizy und Onkel Pompey? Die gehören doch auch zur Familie, von denen habt Ihr nichts gesagt?«
»Hab auch nicht die Absicht gehabt! Kann ja nicht jedes Weibsstück kaufen, mit der einer von euch Böcken geschlafen hat, damit er sich nicht einsam fühlt!« sagte der Sklavenhändler verächtlich. »Und was diese alten Wracks hier angeht, die können ja kaum noch laufen, geschweige denn arbeiten. Die kauft keiner. Aber Mister Lea ist so freundlich und wird sie hier noch rumhumpeln lassen.«
Während des nun folgenden Weinens und Klagens trat Großmutter Kizzy vor, stellte sich direkt vor Masser Lea auf, und die Worte kamen ihr wie abgehackt aus der Kehle: »Ihr habt Euren eigenen Jungen weggeschickt. Kann ich nicht wenigstens ein Enkelkind behalten?«
Masser Lea blickte beiseite, und Kizzy sank vor ihm zu Boden. Man hob sie auf und stützte sie, während die alte Miss Malizy und Schwester Sarah fast gleichzeitig riefen: »Masser, wir sind doch alle eine Familie!« – – – »Ich doch auch, Masser! Über fünfzig Jahre sind wir beisammen gewesen!« Der alte Onkel Pompey saß, unfähig, sich zu erheben, auf seinem Stuhl, Tränen rannen ihm über die Wangen, er blickte starr vor sich hin, seine Lippen bewegten sich wie im Gebet.
»MAUL HALTEN!« herrschte der Sklavenhändler sie an. »Ich sag’s
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