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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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Kinte-Clans, die viele Generationen zurückreichte: Wer wen heiratete; wer welche Kinder hatte; welches Kind dann wen heiratete; danach deren Abkömmlinge. Es war nachgerade unglaublich. Ich war nicht nur von der Fülle der Einzelheiten fasziniert, sondern auch von dem fast biblischen Stil des Vortragenden – zum Beispiel: »Und der und der nahm zum Weibe die und die, und zeugte – – – und zeugte – – – und zeugte – – –« Danach nannte er die Ehefrau oder mitunter mehrere Frauen jedes Abkömmlings und ihre im Durchschnitt zahlreiche Nachkommenschaft – und immer so weiter.
    Die Zeit bestimmte der griot nach Ereignissen, wie etwa: »– im Jahr des großen Wassers –«, also einer Flutkatastrophe, »erschlug er einen Wasserbüffel«. Wollte man das präzise Kalenderdatum wissen, mußte man herausfinden, wann diese bestimmte Flut stattgefunden hatte. Um das für mich Wesentliche dieser stammbaumhaften Saga zusammenzufassen, sagte der griot , daß der Kinte-Clan ursprünglich aus einem Land, genannt Alt-Mali, stammte. Damals waren die Männer dieser Familie traditionsgemäß Schmiede, »die das Feuer gezähmt hatten«, und die Frauen vorwiegend Töpferinnen oder Weberinnen. Mit der Zeit wanderte ein Zweig des Clans in ein Land genannt Mauretanien. Von Mauretanien aus reiste ein Sohn der Familie mit Namen Kairaba Kunta Kinte – ein marabout , also ein Heiliger nach ihrem islamischen Glauben – in ein Land genannt Gambia. Zuerst kam er in ein Dorf mit Namen Pakali N’Ding, blieb dort eine Zeitlang, zog dann weiter in einen Ort namens Jiffarong, bis er in das Dorf Juffure übersiedelte.
    In Juffure nahm Kairaba Kunta Kinte seine erste Frau, ein Mandinka-Mädchen namens Sireng. Mit ihr zeugte er zwei Söhne, die Janneh und Saloum hießen. Dann heiratete er eine zweite Frau, Yaisa, mit der er einen Sohn namens Omoro zeugte. Diese drei Söhne wuchsen in Juffure auf, bis sie erwachsen waren. Danach zogen die beiden älteren, Janneh und Saloum, fort und gründeten ein neues Dorf Kinte-Kundah-Janneb-Ya. Der jüngste Sohn Omoro blieb in Juffure, bis er dreißig Regen zählte – also Jahre –, dann heiratete er ein Mandinka-Mädchen namens Binta Kebba. Zusammen mit Binta Kebba zeugte Omoro Kinte in den Jahren zwischen 1750 und 1760 vier Söhne, deren Namen, in der Reihenfolge ihrer Geburt Kunta, Lamin, Suwadu und Madi lauteten.
    Der alte griot hatte bis dahin beinahe zwei Stunden lang gesprochen, und vielleicht an die fünfzigmal war in seinem Bericht irgendeine besondere Einzelheit vorgekommen. Nachdem er nun diese vier Söhne aufgezählt hatte, erwähnte er wieder eine Einzelheit, und der Dolmetscher übersetzte: »Zu der Zeit, als des Königs Soldaten erschienen« – wieder eine der zeitbestimmenden Bezugnahmen –, »begab sich der älteste dieser vier Söhne, Kunta, von seinem Dorf hinweg, um Holz zu schlagen … und ward nicht mehr gesehen …« Und der griot fuhr fort mit seinem Bericht.
    Ich saß da wie versteinert. Mein Blut schien zu erstarren. Dieser Mann, der sein Leben in diesem schwarzafrikanischen Dorf verbracht hatte, konnte um keinen Preis der Welt wissen, daß er gerade eben das wiederholt hatte, was mir während meiner Jugendzeit auf der Veranda meiner Großmutter in Henning, Tennessee, so vertraut geworden war – von einem Afrikaner, der immer darauf bestanden hatte, sein Name sei »Kintay«, der eine Gitarre »ko« und einen Fluß in Virginia »Kamby Bolongo« genannt hatte und der in die Sklaverei entführt worden war, unweit seines Heimatdorfes, als er Holz schnitt, um sich eine Trommel zu machen.
    Ich holte aus meiner Leinentasche mein Notizbuch hervor, dessen Anfangsseiten Großmutters Bericht enthielten, den ich nun einem Dolmetscher zeigte. Er überlas das kurz, nicht ohne Überraschung, und unterrichtete dann den alten griot , während er immer wieder auf das Büchlein hindeutete. Der sprang sichtlich erregt auf, redete auf die Leute ein und zeigte auf mein Notizbuch in der Hand des Dolmetschers. Staunen ergriff nun alle Anwesenden. Ich kann mich nicht entsinnen, daß irgend jemand einen Wink gegeben hätte, ich weiß nur, daß auf einmal alle diese siebzig fremden Menschen einen weiten Kreis um mich bildeten; sie begannen zu singen, erst leise, dann lauter und abermals leise, und sie bewegten sich in der Runde, ihre Körper ganz eng beieinander, sie hoben ihre Knie und stampften den Boden, wobei leichter, rötlicher Staub aufwirbelte …
    Eine Frau scherte aus dem sich

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