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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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ich nicht nur den ganzen Tag, sondern ich saß oft noch nachts über Landkarten von Afrika, um mir die verschiedenen Länder und die Hauptwasserstraßen, auf denen Sklavenschiffe verkehrt hatten, genau ins Gedächtnis einzuprägen.
    Nach ein paar Wochen traf ein Brief aus Gambia ein. Darin schlug man mir vor, wenn irgend möglich zurückzukommen. Aber inzwischen war ich vollkommen pleite, weil ich einfach zuwenig Zeit zum Schreiben gehabt hatte.
    Vor längerer Zeit hatte mir auf einer Gartenparty von Reader’s Digest die Mitbegründerin Mrs. Dewit Wallace allerlei Komplimente über meine Erzählung ›Ein unvergeßlicher Charakter‹ gemacht – über einen zähen alten Seebären, der einst als Schiffskoch mein Vorgesetzter bei der U.S. Küstenwache gewesen war –, und bevor wir uns voneinander verabschiedeten, hatte mir Mrs. Wallace angeboten, ich solle mich an sie wenden, wann immer ich Hilfe nötig hätte.
    Nun schrieb ich Mrs. Wallace einen ziemlich verlegenen Brief, in dem ich ihr kurz die Zwangslage darstellte, in die ich durch meine Nachforschungen geraten war. Sie veranlaßte einige Redakteure, sich mit mir zu treffen und mein Projekt zu prüfen. Und jetzt, bei einem Mittagessen mit ihnen, erzählte ich ohne Unterbrechung fast drei Stunden lang davon. Kurz danach wurde mir brieflich mitgeteilt, daß Reader’s Digest mir dreihundert Dollar pro Monat für die Dauer eines Jahres zahlen und darüber hinaus – was für mich enorm wichtig war – die Erstattung von notwendigen Reisekosten in vernünftigem Ausmaß tragen wolle.
    Abermals besuchte ich Cousine Georgia in Kansas City – etwas in mir drängte mich zu dieser Reise, und ich fand sie ziemlich krank. Aber sie war fasziniert von dem, was ich bisher erfahren hatte und was ich noch hoffte, ausfindig machen zu können. Dann sagte sie mir Lebewohl, und ich flog wieder nach Afrika.
    Dieselben Männer, mit denen ich vorher verhandelt hatte, teilten mir jetzt wie eine fast selbstverständliche Tatsache mit, daß sie Umfragen im Hinterland veranlaßt und einen griot gefunden hatten, der in der Geschichte des Kinte-Clans bewandert war – sein Name, wie man mir sagte, lautete »Kebba Kanji Fofana«.
    Ich war begeistert.
    »Und wo ist er?«
    Man schaute mich verwundert an.
    »Natürlich in seinem Heimatdorf.«
    Erst langsam wurde mir bewußt, daß ich, falls ich tatsächlich diesen griot kennenlernen wollte, eine richtige kleine Expedition würde unternehmen müssen – so kam es mir jedenfalls vor, und ich gestehe, daß ich an so etwas vor meiner Abreise kaum zu denken gewagt hätte.
    Ich brauchte drei Tage für die Verhandlungen in einem schier endlosen und ungewohnten Palaver, bis ich endlich ein Motorboot gemietet hatte, das mich stromaufwärts bringen sollte, sowie einen Lastwagen und einen Landrover, um die Ausrüstung auf einem umständlichen Landweg heranzuschaffen. Schließlich belief sich die Zahl der angeheuerten Männer auf vierzehn, darunter drei Dolmetscher und vier Musikanten, denn man hatte mir versichert, diese alten griots im Hinterland pflegten nicht ohne musikalische Untermalung vorzutragen.
    Auf dem Motorboot »Baddibu«, das sich stampfend den weiten, schnellen »Kamby Bolongo« hinaufarbeitete, fühlte ich mich unbehaglich und auf eigenartige Weise fehl am Platz. Betrachteten mich nicht alle Leute als einen von diesen tropenhelmbewehrten Fremden?
    Schließlich lag vor uns James-Island, für zwei Jahrhunderte der Sitz einer Festung, um die England und Frankreich mit wechselndem Erfolg Krieg geführt hatten, da sie ein idealer Standort für den Sklavenhandel war.
    Ich ließ die Fahrt kurz unterbrechen. Dann kletterte ich mühsam zwischen den verfallenen Mauern herum, die immer noch von einer gespensterhaft wirkenden alten Kanone bewacht wurden. Ich malte mir im Geist all die Scheußlichkeiten aus, die sich hier ereignet hatten, ja, ich fühlte nicht übel Lust, mit einer Axt auf dieses Stück schwarzafrikanischer Geschichte einzuschlagen. Ohne Erfolg suchte ich für mich persönlich irgendein symbolisches Überbleibsel, vielleicht den Rest einer alten Kette zu finden – statt dessen nahm ich ein Stückchen Mörtel und einen Ziegelstein mit. In den folgenden Minuten, bevor ich an Bord der »Baddibu« zurückkehrte, schaute ich stromauf- und -abwärts auf diesen Fluß, von dem mein Vorfahr seiner Tochter im fernen Spotsylvania County, Virginia, auf der anderen Seite des Atlantischen Ozeans erzählt hatte.
    Dann fuhren wir weiter, bis wir in

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