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Junge? Und was ist mit mir? Wenn jemand zu bemitleiden ist, dann doch wohl ich!“
Sie wischte meine Worte beiseite. „Du hast genügend Power, du kommst immer zurecht. Aber der arme Kerl! Wie elend ihm zu Mute sein muss! Hältst du denn noch Kontakt zu ihm? Bleibst du ihm weiterhin freundschaftlich verbunden?“
„Nicht die Bohne! Menschenskind, Mom, wieso sollte ich?“
„Hört sich so an, als bräuchte er einen Freund.“
„Er hätte mich nicht anlügen dürfen. Von Anfang an hätte er mir reinen Wein einschenken sollen.“
„Der arme Junge!“
„Ich hab nichts Unrechtes getan!“ Sie impfte mir ein schlechtes Gewissen ein, und dabei war ich das Opfer. Oder etwa nicht? „Ich will keine Freundschaft mit ihm. Eigentlich haben wir sehr wenig gemeinsam.“
„Warum denn dann die Verabredung mit ihm? Man sollte Freundschaft schließen mit den Männern, mit denen man ausgeht. Leidenschaft, die währt nicht ewig, weißt du. Und wenn sie vergeht, dann braucht man wahre Freunde.“
„Meinst du damit, du und Dad, das sei Freundschaft?“
Sie portionierte den Teig in kleine Häuflein und ließ diese auf ein Backblech plumpsen. „Wir habens behaglich und uns aneinander gewöhnt.“
„Aber Mom!“ Behaglichkeit und Gewohnheit? Das war alles?
Sie lächelte, und zwar ziemlich traurig, wie mir schien. „Such dir jemanden, mit dem du sprechen kannst.“
„Du und Dad – ihr liebt euch doch, nicht wahr?“
„Natürlich liebe ich deinen Vater. Er ist halt nicht gerade gesprächig.“
Ich gab Wasser und Zucker in die Pfanne mit Apfelwürfeln und setzte sie zum Kochen auf den Herd, das rosige Bild, das ich bislang von meinen Eltern hatte, erschüttert.
Im Grunde wollte ich von den Enttäuschungen, die meiner Mutter im Laufe ihrer Ehe widerfahren waren, nichts wissen. Ich wollte mir vielmehr vorstellen, sie sei glücklich und zufrieden verlaufen, und dass mich die gleiche Situation erwartete, fand ich erst den Richtigen.
Und ganz besonders missfiel mir der Gedanke, Mom könnte sich die ganze Zeit, in der sie über einem Jackie-Collins-Roman gesessen hatte, insgeheim gewünscht haben, Dad möge den Fernseher ausschalten und sich mit ihr unterhalten. Wie lange hatte Mom sich wohl nach etwas anderem, nach mehr gesehnt, als ihr vergönnt war?
Gab es überhaupt glückliche Ehen, wenn man erst einmal hinter die Fassade schaute?
Vielleicht war ich besser dran, wenn ich unverheiratet blieb und kinderlos.
Aber nein, so verlockend war das ebenfalls nicht. Zu leicht vermochte ich mir eine Zukunft auszumalen, die tagaus, tagein voll gepfropft war mit endlosen Änderungen, wo Tausende von Hosen zu säumen, Brautkleider zu entwerfen, Kissenbezüge anzufertigen waren.
Ich konnte die nächsten fünfzig Jahren in einer beengten Bude hocken, umgeben von anderer Leute Klamotten, ohne über das Existenzminimum hinaus je auf einen grünen Zweig zu kommen, ohne Aussicht auf den Kauf eines Hauses oder einen echten Urlaub. Mit zunehmendem Alter ließ die Gelenkentzündung wahrscheinlich meine Finger krumm werden, meine schneiderischen Fähigkeiten kamen mir abhanden, und irgendwann dann würde ich sterben, eine vergessene alte Frau, deren Hinscheiden niemand betrauerte.
Bah! War das eine depressive Vorstellung! Mit einem Ehemann hingegen hatte ich zumindest jemanden zum Nörgeln, jemandem, an dem ich meinen Frust ablassen konnte.
Ich legte das Leinen mit der handgestickten Verzierung auf, deckte den Tisch, begab mich dann ins Wohnzimmer zurück und ließ mich auf die Couch sacken. Dad sah sich gerade eine Golfübertragung an, bei Sportsendungen so ziemlich die geringste Belästigung, was den Lärm angeht. Selbst die Kommentatoren sprachen im Flüsterton.
Dad und ich, wir saßen stumm da und sahen uns schlecht gebaute Männer in weiten Klamotten an.
„Du, Dad?“
„Hä?“ grunzte er, ohne den Blick von der Mattscheibe zu wenden.
„Wenn du mir raten müsstest, was für einen Mann ich heiraten sollte – wie sähe dein Rat aus?“
„Was?“
„Dad! Hallo?“ sagte ich und fuchtelte mit den Armen.
Endlich schaute er vom Bildschirm auf. „Weiß ich doch nicht!“
„Ach, komm, Dad, ein Quäntchen Weisheit wirst du doch wohl mitzuteilen haben.“
„Von so ‘nem Kram versteh ich nichts.“
Ich starrte ihn an, ließ nicht zu, dass er sich wieder dem Bildschirm zuwandte, zwang ihn stumm dazu, sich weiter zu äußern. Er hatte ein langes Leben hinter sich und mit vielen Menschen gearbeitet. Eigentlich musste er sich
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