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in zehn Jahren wohl denken würde, mit 29 sei ich noch richtig schlank gewesen, und ob ich dann wohl von einer solchen Konfektionsgröße wieder träumen würde.
Ich zog die Jeans aus, schlüpfte wieder in mein Nachthemd, ließ mich auf dem geblümten Läufer mitten im Zimmer nieder und betrachtete den über meinem Bett hängenden Ring mit dem Moskitonetz, die Poster mit den Kunstdrucken barocker Engel, die laienhaft gepinselten Säulen und Bögen an der Wand neben dem Bett, von mir dort verewigt im jungmädchenhaften Bemühen um die Nachbildung einer viktorianischen Illustration, wie ich sie einmal von Dornröschen gesehen hatte.
Zehn Jahre hatten mich weniger weit von meinem Teenager-Dasein entfernt, als ich gedacht hätte. Freilich, ich hatte allein gewohnt, doch in mancherlei Hinsicht wähnte ich mich immer noch wie im Märchen, wartete auf meinen Prinzen, auf die Hochzeit ganz in Weiß mit Pferd und Kutsche, den gewundenen Jungfernkranz und die Burg im Grünen, wo meine zukünftigen kleinen Prinzen und Prinzessinnen fein herausgeputzt umhertollen konnten.
Tief im Herzen glaubte ich, dass mein Leben erst dann wirklich begann, wenn ich den Richtigen fand und den Bund fürs Leben schloss. Wieso ich das glaubte, woher diese Vorstellung stammte, das war mir unerfindlich, aber so verhielt es sich nun mal. Es war etwa so, als wäre ich ein Jockey, der vor den Startboxen darauf wartet, dass ihm endlich jemand sein Rennpferd bringt.
Eine in der Tat hirnrissige Einstellung. Wenn ich nicht inzwischen mein eigenes Leben lebte – ja, was tat ich denn dann?
In zehn Jahren, da wollte ich entweder eine Familie gegründet oder aber finanzielle Sicherheit erreicht haben sowie zudem jene gelassene Noblesse einer Mrs. DeFrang besitzen, deren Schlafzimmervorhänge, Kissen- und Bettbezüge ich genäht hatte. So oder so – mit 39 wollte ich mich nicht dabei ertappen, wie ich in meinem alten Mädchenzimmer auf dem Fußboden kauerte, mein Gewicht bejammerte und darüber nachgrübelte, wann mein Leben denn nun endlich losgehen sollte.
Durchaus möglich, dass ich nie heiratete, nie Kinder haben würde. Vielleicht war es mir bestimmt, Unternehmerin zu sein, mit Angestellten und einem eigenen ausbeuterischen Nähbetrieb. Konnte auch sein, dass ich die Selbstständigkeit aufgab und im Management eines Textilherstellers landete. Möglicherweise besaß ich dann irgendwann meine
eigene
Firma und leitete sie, wie Gert Boyle bei Columbia Sportswear.
Ich hatte nicht die Absicht, mich in ein Erdhörnchen verwandeln zu lassen. Selbst wenn ich die nächsten fünf Jahre in meinem Elternhaus zubringen musste – das sollte mir nicht passieren. Weiterzuarbeiten, weiter mit Herren auszugehen, das hatte ich vor. Und vor allen Dingen weiterzuleben.
Irgendwann würde Mom sterben. Irgendwann auch Dad. Alles lief auf das hinaus, was ich Bethany, der frühreifen Beauty-Queen, erklärt hatte: Es war mein Leben, und es lag an mir, es meinen Wünschen entsprechend zu gestalten, denn letztlich blieb ich diejenige, die es leben musste. Warum dann nicht ein Leben daraus machen, das ich auch gern lebte?
Mochte die Zukunft auch Schlimmes für mich in petto halten – von einem war ich fest überzeugt: Eine Hannah O’Dowd, die darüber rätselte, wohin ihr Leben entschwunden war, die gehörte mit Sicherheit nicht dazu.
„Dad! Ich dachte, du wärst schon weg“, sagte ich, als ich in die Küche kam. Es war fast neun Uhr morgens, und Dad saß am Frühstückstisch, vor sich die Zeitung und daneben eine leere Müslischale, an deren Innenseite noch die Reste von Weizenkleieflocken klebten. Eine Bananenschale baumelte über dem Rand der Arbeitsplatte.
„Vor elf wird sie nicht entlassen.“
„Ich weiß“, sagte ich. Ich nahm eine Schüssel aus dem Schrank sowie eine Packung Rice Krispies. „Wir haben doch soweit alles vorbereitet, oder?“
Das Wohnzimmer war komplett umgestellt und mit einem Bett für Mom ausgestattet worden. Noch war ihr Zustand nicht stabil und kräftig genug, als dass sie einigermaßen sicher die Treppe zum eigenen Schlafzimmer bewältigt hätte, und tragen konnte Dad sie nicht. Somit schien das Bett im Wohnzimmer die beste Lösung zu sein, obschon mir bewusst war, dass es Mom ganz und gar nicht gefallen würde, und zwar nicht nur deshalb, weil die Tagesdecke farblich nicht zur Couch passte.
Außerdem hatten wir die Toilette im Badezimmer angepasst und mit einer Art geländerartigem Handlauf ausgerüstet, mit dem die ganze Anlage wie
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