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Wyler, Leana

Wyler, Leana

Titel: Wyler, Leana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: letzte Tür links (German Edition) Nottingham Castle
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liebt Hinrichtungen.”
    Susannah konnte nicht glauben, was sie da hörte. Sie selbst hatte so einem makabren Schauspiel noch nie beigewohnt. Aber offenbar hatten alle anderen Menschen Freude an solchen Belustigungen.
    Lilibeth trieb den widerspenstigen Esel mit Peitschenhieben an. Ihr Wagen war mit einer Plane abgedeckt, aber sie würde diese sicher bald abziehen, um ihre Waren zum Kauf anzubieten.
    „Kommen die Leute bereits jetzt?”, fragte die Lady. „Das ist aber äußerst frühzeitig. Hat denn der Scharfrichter schon die Richtstätte geprüft? Den Geräuschen nach ist der Galgen doch gerade erst fertig geworden.”
    Ohne zu antworten, blickte Susannah weiter nach draußen. Mehrere Gruppen von Frauen betraten den Burghof. Die Soldaten kümmerten sich nicht weiter um diese, sondern verrichteten ihre eigene Arbeit. Susannah kniff die Augen zusammen, um die Neuankömmlinge genauer ansehen zu können. Einige davon kannte sie, aber in der Mitte, etwas versteckt zwischen den anderen, sah sie Gestalten, die ihr nicht bekannt waren. Großgewachsene Frauen mit gebücktem Gang, die ihre Kapuzen weit ins Gesicht gezogen hatten und die Susannah noch nie hier in der Gegend gesehen hatte.
    Auch Männer fanden sich nun ein, diese wurden von den Wachen genau auf Waffen untersucht. Susannah kaute auf der Unterlippe, während sie die Vorgänge am Tor des Castles beobachtete. Sie wartete verzweifelt darauf, dass einer der Männer ein Schwert hervorzog oder zumindest ein Messer, die Wachen niederstach und zusammen mit anderen Tapferen Robins Rettung in Angriff nahm.
    Doch nichts passierte.
    „Was ist denn jetzt, was siehst du dort oben?”, fragte die Alte. Ihre Stimme war vor Aufregung und Vorfreude hell wie ein Silberglöckchen. Sie rumpelte unruhig mit ihrem rollenden Stuhl hin und her.
    „Noch ein paar Wagen durchfahren das Tor”, berichtete Susannah widerwillig. „Und es sieht aus, als gäbe es sogar warmes Essen.”
    „Hah”, rief die Lady begeistert, „es wird ein richtiges Fest!”
    Susannahs Freude darüber hielt sich in Grenzen, denn sie selbst würde eine der Hauptattraktionen sein. Nicht nachdenken , befahl sie sich selbst. Denn der Gedanke war immer noch so abwegig für sie, dass sie es nicht glauben konnte.
    Es musste einfach eine Rettung geben! Vielleicht kam Eadric im letzten Moment noch in den Kerker, reumütig, und schloss sie in die Arme.
    Doch sie wusste, das war reine Augenauswischerei. Ihr Kopf dachte sich solche Phantasiegespinste aus, weil er die Realität nicht wahrhaben wollte. Sie würde hängen.
    Außer…
    Außer wenn da draußen doch noch irgendetwas passierte! Susannah krallte sich mit den Fingern an den rauen Steinen fest und starrte weiterhin gebannt auf die Geschehnisse im Burghof.
    Der große Wagen, der nun hereinholperte, hatte tatsächlich einen riesigen Suppentopf geladen. Und unter diesem brannte ein munteres Feuer in einer Eisenschale vor sich hin.
    Sie konnte es nicht fassen. Die fuhren sogar eine Herdstelle hier herein? Mit warmem Eintopf, damit die hungrigen Zuschauer sich die Bäuche vollschlagen durften, nachdem der Henker Robin erst aufhing und dann seinen Kopf vom Rumpf trennte?
    Waren das wirklich die Menschen, mit denen sie ihr ganzes Leben schon zusammengewohnt und um die sie sich gekümmert hatte, Tag und Nacht, wann immer sie gebraucht worden war?
    Und die bereitwillig die zahlreichen Gaben von Robin Hood angenommen hatten, demselben Robin, aus dessen Hinrichtung sie nun ein rauschendes Fest machen wollten?
    Hatte die Alte, die dort unten freudig wie ein kleines Kind dem Spektakel entgegenfieberte, tatsächlich recht damit, dass so ein Schauspiel alle Leute begeisterte?
    Sie konnte es einfach nicht glauben. Völlig abgestoßen von den Vorgängen wandte sie sich ab und wollte gerade von ihrem Beobachtungsposten heruntersteigen, da erregte etwas ihre Aufmerksamkeit.
    Musik.
    Ihr Kopf fuhr herum und sie sah wieder hinaus. Traute ihren Augen nicht. Auf einem Wagen saßen vier Musikanten auf Strohballen und fiedelten eine fröhliche Weise. Die Menschen scharten sich um sie, allem Anschein nach mehr als angetan von den munteren Klängen.
    Vollkommen entsetzt klammerte sich Susannah an der Wand fest.
    „Musikanten sind auch da!” Die irre Lady klatschte begeistert in die Hände.
    In Susannahs Kopf drehte sich alles. Das musste ein Traum sein! Doch der stinkende Kerker, die feuchten Steine, die Menschenmenge dort draußen – das war alles mehr als real.
    Und langsam wurde es

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