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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einzureden versuchte, aus verstocktem Stolz, in Wahrheit aber wohl eher, weil ihm die Angst die Kehle zuschnürte.
    »Erzählen Sie mir nicht, dass Sie nicht noch immer neugierig wären, Mister Coppelstone«, fuhr Reeves im Plauderton fort. Coppelstones Schweigen beeindruckte ihn nicht im Mindesten, sondern schien ihn im Gegenteil eher zu amüsieren.
    »Und wenn doch?«, fragte Coppelstone widerwillig.
    »Das würde mich enttäuschen«, gestand Reeves.
    »Und wieso?«
    »Ich hätte das Gefühl, dass es gewissermaßen … gegen die Spielregeln verstieße«, sagte Reeves.
    »Spielregeln? Ist es das, was das alles hier für Sie ist, Reeves? Ein Spiel?«
    Reeves seufzte. »In gewissem Sinne ist alles ein Spiel«, sagte er. »Leben, Sterben, Vergehen und Werden … wer will sagen, ob das Universum selbst nicht nur ein Spielzeug ist, das die Götter zu ihrer Kurzweil erschaffen haben?«
    »Ja, und wer will sagen, ob Sie nicht verrückt sind«, murmelte Coppelstone.
    »Wer weiß!«, antwortete Reeves ungerührt. »Alles ist möglich.«
    Sie passierten das Silo, und Coppelstone wollte ganz automatisch weiter zu dem Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite gehen, doch Reeves winkte ab und deutete aus der gleichen Bewegung heraus auf eine niedrige Tür in dem zyklopischen schwarzen Gebäude. »Dort entlang, Mister Coppelstone.«
    Coppelstones Herz begann zu hämmern. Er hatte sich vom ersten Moment an gefragt, was dieses Silo wirklich enthalten mochte, doch nun hatte er fast panische Angst davor, es zu erfahren.
    Im ersten Moment, nachdem sie es betreten hatten, sah er jedoch rein gar nichts, denn in seinem Inneren herrschte absolute Finsternis. Erst nach einigen Sekunden entzündeten zwei von Reeves’ Leuten gelbe Petroleumlampen, die das Gebäude mit einem bleichen Schein erfüllten, der beinahe mehr Schatten als Licht zu spenden schien.
    Das Silo schien wenig mehr als eine Hülle zu sein. In seinem Inneren erhob sich ein zweiter, gewaltiger Turm, der den vorhandenen Raum fast zur Gänze ausfüllte, wodurch zwischen ihm und der äußeren Wand nur ein knapp fünf Fuß messender Spalt blieb, der gut zur Hälfte von einer metallenen Treppe mit durchbrochenen Stufen ausgefüllt wurde, die sich wie eine unendliche Spirale emporwand. Coppelstone legte den Kopf in den Nacken, woraufhin ihm fast sofort schwindelig wurde. Der Turm – und somit die Treppe – war mindestens achtzig bis hundert Fuß hoch, und es gab an der Treppe kein Geländer. Ein einziger falscher Schritt dort oben musste den sicheren Tod bedeuten.
    »Nur keine Angst«, sagte Reeves. Er machte eine einladende Handbewegung. »Es ist nicht so schwer, wie es aussieht. Sie dürfen nur nicht nach unten schauen.«
    Coppelstone starrte ihn finster an, setzte sich dann jedoch gehorsam in Bewegung. Er betrat die Metalltreppe als Erster und ging sogar ein wenig schneller, als er es sich eigentlich zutraute. Die Treppe vibrierte spürbar unter seinen Schritten, und es wurde schlimmer, als ihm Reeves und die anderen folgten. Coppelstone war jedoch klug genug, sich nicht zu ihnen herumzudrehen und dabei womöglich ganz aus Versehen doch nach unten zu blicken. Das bloße Wissen um das Vorhandensein des Abgrundes war schon schlimm genug.
    Er stieß ein paarmal mit der Schulter gegen die Wand des inneren Turmes zu seiner Linken und stellte dabei nicht nur fest, dass dieser offensichtlich aus massivem Gusseisen gefertigt zu sein schien, sondern auch, dass er heiß war. Nicht so heiß, dass er sich durch den Stoff seiner Jacke hindurch verbrannt hätte, aber doch zu heiß, um ihn mit bloßen Händen länger als wenige Sekunden berühren zu können. Zugleich glaubte er so etwas wie ein sanftes, aber trotzdem machtvolles Vibrieren zu spüren, fast als wäre der gewaltige Metallbehälter mit Wasser oder auch einer schwereren Flüssigkeit gefüllt, die sich träge bewegte.
    Als sie die erste Umrundung nahezu beendet hatten, erreichten sie eine Art Fenster, durch das ein schwacher grünlicher Lichtschein fiel, der ihn an die Helligkeit unten in den Katakomben erinnerte. Coppelstone sah, dass sich dahinter tatsächlich eine zähe grün leuchtende Flüssigkeit befand, durch die dunkle Wolken einer anderen Substanz trieben. Das Silo war kein Silo, sondern ein gewaltiger Tank, der mindestens eine Million Gallonen fassen musste, wenn nicht mehr. Da Reeves nichts dagegen zu haben schien, blieb er stehen und versuchte mehr Einzelheiten in dem trübgrünen Wabern jenseits der Scheibe zu

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