Xander, auf Liebe und Tod
Anblick, der sich mühelos mit
jedem anderen unheimlichen Ereignis messen konnte, dem sie jemals ausgesetzt
gewesen war.
Er grinste.
»Ja, ja, sie ist sehr hübsch«, sagte er täppisch. Buffy hätte
nicht gedacht, dass Giles überhaupt dazu fähig wäre, sich täppisch aufzuführen.
Rasch ergänzte er: »Auf eine alltägliche, aber äußerst wohlproportionierte
Weise.«
Gut abgewehrt, dachte Buffy. »Stellen Sie sich vor, als ich letzte
Nacht auf der Jagd nach dem Typ mit den Krallen war, lief uns Miss
Wohlproportioniert über den Weg. Und jetzt kommt’s: Der Krallentyp sieht sie nur
einmal an und rennt panisch davon.«
Giles zwinkerte. »Er tat was? Er rannte davon?«
»Nicht sofort, eine Sekunde war er wie versteinert.«
»Wegen Miss French?«
»So ist es. Fassen wir also zusammen«, sagte Buffy. »Angenommen,
ich bin ein untotes Ungeheuer, das sich locker mit der eigenen Hand rasieren
könnte. Vor wie vielen Dingen habe ich Angst?«
»Nicht vor vielen«, erwiderte Giles, »und vor Vertretungslehrern
im Allgemeinen schon gar nicht.«
»Was für ein Spiel treibt sie also?«
»Ich denke, es wäre vielleicht keine schlechte Idee, sie im Auge
zu behalten.«
»Dann gehe ich besser mal zum Unterricht«, sagte Buffy und verließ
die Bibliothek. Ihr blieb nur noch weniger als eine Minute bis zum zweiten
Klingeln.
Als sie durch die Halle flitzte, wurde sie von Direktor Flutie
aufgehalten. Der rundliche schwarzhaarige Mann trug zu seinem Anzug die neuste
einer ganzen Reihe grauenhafter Krawatten, die ein wunderbar schreckliches
Vatertagsgeschenk abgegeben hätte. »Sie sind dort gewesen, auch Sie haben Dr.
Gregory gesehen, nicht wahr?«, begann er ohne Vorrede.
Da Flutie dabei gestanden und die meiste Zeit nur lameniert hatte,
während Buffy, Cordelia, Willow, Xander und die Küchenbesatzung ihre Aussagen
machten, kam Buffy diese Frage reichlich albern vor. »Sie meinen, gestern in
der Cafeteria, als wir ihn ...«
»Sagen Sie jetzt nicht tot aufgefunden haben«, fiel Flutie
ihm ins Wort. » Oder enthauptet. Oder zerstückelt. Ich würde
solche Ausdrücke an Ihrer Stelle ganz vermeiden. Aber Sie waren Zeugin des
Vorfalls, ich darf Sie daher also hier entlang bitten.« Er wies ihr die
entgegengesetzte Richtung.
»Äh, nein, ich komme zu spät zum Biologieunterricht.«
»Das wird sich leider nicht vermeiden lassen«, sagte Flutie und
dirigierte sie den Korridor entlang.» Sie müssen den Schulpsychologen
konsultieren. Jeder, der die Leiche gesehen hat, wird zu einem Gespräch
gebeten.«
Wenn Buffy jedes Mal, wenn sie über eine Leiche gestolpert war,
ein Krisengespräch beim Schulpsychologen hätte absolvieren müssen, hätte der
auch gleich bei ihr einziehen können. »Ich brache wirklich keine…«
»Wir alle brauchen dann und wann emotionalen Beistand«, blubberte
Flutie unbeirrt weiter, »sonst fressen wir unsere Probleme in uns hinein, und
ehe man sich versieht, benötigt man… gewissermaßen starke Abführmittel. Ich
glaube, wenn wir uns alle gegenseitig die Hand reichen, werden wir mit dieser
Krise schon fertig Ich bin immer für Sie da, wenn Sie Streicheleinheiten
brauchen, ich meine natürlich keine wirklichen Streicheleinheiten, denn an
deiser Schule gibt es keine… derartigen Übergriffe. Wir sind hier sehr
empfindlich, was unstatthafte Kontakte angeht.«
Er führte sie zu einer Bank vor dem Raum, der eigentlich das Büro
der Krankenschwester beherbergte, doch Buffy weigerte sich Platz zu nehmen.
»Danke, aber ich brauche wirklich, wirklich… «
»Nicht doch«, unterbrach Flutie sie abermals. »Sie müssen mit dem
Psychologen reden und Ihre Genesung einleiten. Sie müssen wieder
genesen.«
»Aber Mister Flutie, ich…«
»Genesen Sie!«, bellte er.
Buffy gab sich geschlagen und ließ sich auf die Bank sinken.
Ich bin wie immer ein Glückspilz. Jetzt sitze ich hier mit unserem
kontaktfreudigen Schuldirektor fest. Na, auf jeden Fall freudig, wir sind hier
ja so »empfindlich, was unstatthafte Kontakte angeht«.
Buffy lehnte sich zurück und hoffte, dass Willow bemerken würde,
wenn Miss French im Unterricht irgendetwas Auffälliges anstellte. Normalerweise
würde sie auch Xander hinzuziehen, aber der war offensichtlich völlig entflammt
und in dieser Hinsicht zu nichts zu gebrauchen.
Entflammt? Ich habe wohl zu viel Zeit mit Giles verbracht.
Aus dem zum Sprechzimmer umfunktionierten Raum drang eine monotone
Stimme an ihr Ohr, es war Cordelia.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«,
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