Xeelee 1: Das Floss
Sternenkern gefressen hast.«
»Gut, ich weiß nichts über die entfernte Zukunft, und ich kann sie verdammt auch nicht im geringsten beeinflussen. Alles, was ich tun kann, ist, die Probleme der Gegenwart zu lösen. Und offen gesagt, Hollerbach, glaube ich nicht, daß wir diese Reise ohne deine Führung überleben können.
Meine Herren, wir haben noch viel zu tun. Packen wir’s an!«
Die Platte hing über dem Floß. Pallis kroch an ihren Rand und ließ den Blick über das trümmerübersäte Deck schweifen.
Rauch legte sich über das Deck wie eine Maske über ein bekanntes Gesicht.
Plötzlich ruckte die Platte durch die Luft und schleuderte Pallis auf den Rücken. Knurrend streckte er die Hände aus und grub sie in das Netz, das über das zerbrechliche Fahrzeug gespannt war. »Bei den Boneys, Barkeeper, kannst du das verdammte Gerät nicht ruhig halten?«
»Das ist ein richtiges Schiff«, schnaubte Jame. »Du hängst jetzt nicht an einem von deinen Holzspielzeugen, Baum-Pilot.«
»Fordere dein Glück nicht heraus, Minenratte.« Pallis schlug mit der Faust auf die rauhe Eisenplatte. »Es ist nur so, daß diese Art zu fliegen – unnatürlich ist.«
»Unnatürlich?« lachte Jame. »Vielleicht hast du recht. Und vielleicht habt ihr Leute zu lange in euren Blätterlauben rumgehängt, als die Mineure kamen und euch vollgepißt haben.«
»Der Krieg ist vorbei, Jame«, stellte Pallis gelassen fest. Er ließ die Schultern hängen und ballte die Hände halb zu Fäusten. »Aber vielleicht sind da noch ein paar Dinge zu regeln.«
Auf dem breiten Gesicht des Barkeepers erschien ein Grinsen der Vorfreude.
»Nichts wäre mir lieber, Baumschwinger. Du kannst Zeit, Ort und Waffen wählen.«
»Oh, keine Waffen.«
»Das paßt mir gut…«
»Bei den Boneys, seid ihr beide endlich mal ruhig?« Nead, der dritte Passagier der Platte, brütete über den auf seinem Schoß ausgebreiteten Diagrammen und Instrumenten. »Wir haben zu arbeiten, wenn ihr euch erinnert.«
Jame und Pallis wechselten einen letzten Blick, und dann widmete Jame seine Aufmerksamkeit wieder der Steuerung seines Fahrzeugs. Pallis schob sich über das kleine Deck, bis er neben Nead saß. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich knurrig. »Wie geht’s voran?«
Nead hielt einen beschädigten Sextanten vors Auge und versuchte dann, die Meßergebnisse mit den Eintragungen in einer handschriftlichen Tabelle zu vergleichen. »Verdammt«, fluchte er sichtlich frustriert. »Ich kann es dir nicht sagen. Ich habe einfach nicht die Expertise, Pallis. Cipse würde Bescheid wissen. Wenn er nur…«
»Wenn er noch lebte, wäre alles kein Problem«, sinnierte Pallis. »Ich weiß. Tu einfach, was du kannst, Kumpel. Was meinst du?«
Wieder liefen Neads Finger über die Tabellen. »Ich glaube, daß es zu lange dauert. Ich versuche gerade, die Geschwindigkeit zu ermitteln, mit der das Floß relativ zu den Fixsternen abgetrieben wird, und ich glaube nicht, daß es schnell genug ist.«
Pallis runzelte die Stirn. Er lag auf dem Bauch und inspizierte erneut das Floß. Das gewaltige alte Fahrzeug erstreckte sich unter ihm wie ein Tablett mit phantastischen Spielsachen. Über dem Deck sah er noch mehr Plattenschiffe hängen, deren Position durch intervallartige Dampfwolken markiert wurde. Ihre Besatzungen beobachteten ebenfalls diese große Werft. Ein Rauchvorhang stieg von einer Seite des Randes auf – von seiner Position war es die Backbordseite –, und außerdem entwickelte jeder der im Zentralwald verankerten Bäume seinen eigenen Rauchschleier. Der Rauch hatte den gewünschten Effekt – er konnte sehen, daß die Trossen der Bäume einheitlich nach rechts schwenkten, als die fliegenden Pflanzen dem Rauchvorhang ausweichen wollten –, und er glaubte die Taue unter der Belastung stöhnen zu hören, als das Floß seine Position veränderte. Die auf das Deck fallenden Schatten der Trossen wurden länger; das Floß bewegte sich tatsächlich unter dem Stern weg, der wie ein Damoklesschwert über ihm hing. Es war ein erhebender Anblick, den Pallis in seinem langen Leben bisher nur zweimal erlebt hatte. Und daß nach den Revolutionswirren eine solche Kooperation zustandekam – und zu einer Zeit, wo so viele der besten Leute des Floßes mit dem Brückenprojekt beschäftigt waren – verdiente, wie er meinte, Bewunderung.
Vielleicht hatte die Notwendigkeit der Verlegung des Floßes tatsächlich ein Band geknüpft, das die Gesellschaft bisher zusammengehalten hatte. Das hier
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