Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
würdest du mir dann stellen?«
    Rees fühlte sein Herz bis zum Hals schlagen. Dies war der Test, dies war der Moment, in dem er auf dem Rand des Floßes entlangbalancierte – aber so hatte er sich die Prüfung nicht vorgestellt. Eine Frage! Was war der Schlüssel, der die Tür zu all den Geheimnissen öffnete, gegen die sein Geist anrannte wie ein Skitter gegen einen Heliosstrahler?
    Die Sekunden verstrichen; Hollerbach beobachtete ihn unablässig, wobei er seine schmalen Hände vor seinem Gesicht gefaltet hatte.
    Schließlich fragte Rees beinahe spontan: »Was ist ein Gravo?«
    Hollerbach runzelte die Stirn. »Was meinst du?«
    Rees ballte seine Hände zu Fäusten. »Wir leben in einem Universum mit starken, sich verlagernden Schwerkraftfeldern. Aber wir haben eine Standard-Maßeinheit für die Schwerebeschleunigung… ein Gravo. Warum ist das so? Und hat ein Gravo gerade diesen spezifischen Wert?«
    Hollerbach nickte. »Und welche Antwort erwartest du?«
    »Daß das Gravo sich auf den Ort bezieht, von dem die Menschen herkamen. Es muß ein großes Gebiet gewesen sein, auf das eine gleichmäßige Schwerkraft einwirkte, mit einem Wert, den wir ein Gravo nennen. So wurde dieser Wert zum Standard. Eine solche Region gibt es nirgendwo im Universum – nicht einmal das Floß. Vielleicht hat es früher ein großes Floß gegeben, das nun zerbrochen ist…«
    Hollerbach lächelte, und die Haut spannte sich über seinem knochigen Kiefer.
    »Du hast einen scharfen Verstand… Angenommen, ich würde dir erzählen, daß es eine solche Region niemals im Universum gegeben hat; was würdest du dann sagen?«
    Rees dachte darüber nach. »Dann würde ich vermuten, daß die Menschen von irgendeinem anderen Ort kamen.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Natürlich nicht«, verteidigte sich Rees. »Ich müßte es überprüfen… weitere Beweise finden.«
    Der alte Wissenschaftler wiegte den Kopf. »Junge, ich glaube, in deinem untrainierten Kopf steckt mehr wissenschaftliche Methodik als im ganzen Bestand meiner sogenannten Assistenten.«
    »Aber wie lautet die Antwort?«
    Hollerbach lachte. »Du bist ein seltenes Exemplar, nicht wahr? Bist mehr daran interessiert, die Dinge zu verstehen, als an deinem eigenen Schicksal…
    Gut, ich werde es dir sagen. Du hast richtig geraten. Die Menschen gehören nicht zu diesem Universum. Wir kamen auf einem Schiff hierher. Wir durchflogen etwas, das Bolder’s Ring genannt wurde, so eine Art Tor. Irgendwo im Kosmos auf der anderen Seite des Rings ist die Welt, von der wir kamen. Es ist aber ein Planet, kein Floß; eine Kugel mit einem Durchmesser von ungefähr achttausend Meilen. Und seine Oberfläche hat eine Schwerkraft von genau einem Gravo.«
    Rees runzelte die Stirn. »Dann muß er aus einem sehr leichten Gas bestanden haben.«
    Hollerbach nahm das Orbitalmodell vom Regal und betrachtete die hübschen, kleinen Planeten. »Es ist in Wirklichkeit eine Eisenkugel. Sie könnte nicht existieren… hier zumindest.
    Die Gravitation ist der Schlüssel zu dem absurden Ort hier, an dem wir gestrandet sind; die Schwerkraft ist hier eine Milliarde mal höher als in dem Universum, aus dem wir kommen. In diesem Universum hätte unser Heimatplanet an seiner Oberfläche eine Schwerkraft von einer Milliarde Gravos – wenn er nicht augenblicklich implodieren würde. Und die Gesetze der Astronomie kann man hier auch vergessen. Unsere Heimatwelt benötigt über tausend Schichten, um sich einmal um ihren Stern zu drehen. Hier würde sie nur siebzehn Minuten dazu brauchen!
    Rees, wir glauben nicht, daß die Besatzung das Schiff absichtlich hierher gesteuert hat. Es war wahrscheinlich ein Unfall. Als das Schiff in den Einfluß der erhöhten Schwerkraft gelangte, brachen große Sektionen des Raumers auseinander. Auch die Vorrichtung, die sie benutzten, um das Schiff durch die Luft zu steuern – was auch immer das für eine Vorrichtung gewesen sein mag. Sie müssen in den Nebel gestürzt sein, ohne richtig zu begreifen, was geschah, und versuchten verzweifelt, dem Kern zu entkommen…«
    Rees dachte an die Implosion der Gießerei, und in seiner Phantasie entfaltete sich ein Szenario…
    …Besatzungsmitglieder liefen durch die Korridore des dem Untergang geweihten Schiffs; Rauch füllte die Gänge, als glühende Flammen die Luft versengten. In der Hülle des Schiffes hatten sich Risse gebildet; die stickige Luft des Nebels brauste durch die Kabinen, und durch Risse in der silbernen Wand sah die Besatzung fliegende

Weitere Kostenlose Bücher