Xeelee 1: Das Floss
von drei Baumflügen und der Kenntnis der Bedingungen im Bereich des Gürtels, hatte nicht einmal davon erfahren, daß sie sich nun an das Entladen machten…
Er verankerte seine Zehen in der Wand der Hütte des Quartiermeisters, streckte sich zu seiner vollen Größe und beobachtete die Formation der Bäume am Horizont des Gürtels. Bei gründlicherem Hinsehen konnte er feststellen, daß sich viele Leute unbeholfen an die Äste klammerten. Die Männer, die über das Netz mit der Versorgungseinheit ausschwärmten, wirkten winzig gegen die zerklüftete Maschine; sie wickelten Seile darum und warfen weitere Taue aus, die sich dem Gürtel entgegenschlängelten.
Schließlich hing ein loses Netz aus Seilen an der Maschine. Kaum hörbare Rufe gingen hin und her. Rees sah die Piloten neben den großen Bäumen stehen, und nun stiegen Rauchwolken durch die Blätterkanzeln auf. Es war ein majestätischer Anblick, wie sich die Rotation der Bäume verlangsamte und sie langsam Kurs auf den Gürtel nahmen.
Das eigentliche Anlegemanöver am Gürtel würde sicher der komplizierteste Teil sein. Vielleicht würde sich die Formation der Rotation des Gürtels angleichen müssen, so daß die baumelnden Taue eingeholt werden konnten, während die Maschine als neue Komponente in die Gebäudekette integriert wurde. Vermutlich war auf diese Art der Gürtel entstanden – über viele Generationen hinweg…
Ein Baum sank etwas zu schnell und schaukelte die Maschine auf. Die Arbeiter schrien auf und klammerten sich an die Netze. Die Baum-Piloten riefen und gestikulierten mit den Armen. Langsam verdickte sich die Rauchwolke über dem vom Kurs abgekommenen Baum, und die Formation verlangsamte ihre Fahrt.
Verdammt, dachte Rees wütend, er sollte eigentlich dort oben sein! Trotz der knappen Rationen und der zermürbenden Arbeit war er noch immer fit und einsatzfähig…
Mit einem kaum wahrnehmbaren Geräusch riß das Netz langsam auseinander.
Rees, noch in seinem innengerichteten Ärger gefangen, benötigte eine Sekunde, um die Bedeutung seiner Wahrnehmungen zu erkennen. Dann fokussierte sich sein ganzes Denken und Fühlen auf diesen kleinen Punkt am Himmel.
Die Piloten arbeiteten verzweifelt, doch das Netz desintegrierte zu einem Gewirr aus Fetzen, und die Formation löste sich langsam in einzelne rauchende Bäume auf. Männer taumelten in der Luft umher und trieben schnell auseinander, während die von ihren Fesseln befreite Versorgungsmaschine unschlüssig in der Luft zu hängen schien. Rees sah, daß ein Mann sich noch an der Seite der Maschine festklammerte.
Das Aggregat begann zu fallen und nahm bald in einer langsamen Kurve Kurs auf den Gürtel.
Rees ließ sich auf Hände und Füße fallen und hielt sich an den Kabeln des Gürtels fest. Wo würde das verdammte Teil landen? Die Schwerefelder sowohl des Sterns als auch des Nebelzentrums zerrten an der Maschine. Die Gravitation des Nebels war zwar viel stärker, aber war die Maschine schon so dicht an dem Stern, daß dieser die Oberhand behalten konnte?
Die Maschine konnte durch die Struktur des Gürtels stoßen wie eine Faust durch feuchtes Papier.
Natürlich würde das enorme Verluste an Menschenleben zur Folge haben, und der durchtrennte Gürtel würde innerhalb weniger Minuten durch sein Drehmoment auseinandergerissen werden. Eine ringförmige Wolke aus Hütten, Röhren, Seilfragmenten und sich windender Menschen würde auseinanderstreben, bis zuletzt jeder Überlebende allein in der Luft hängen und den unausweichlichen Sturz in die Kernzone des Nebels antreten würde…
Oder, entwarf Rees’ auf Hochtouren arbeitende Phantasie ein alternatives Szenario, was wäre, wenn die Maschine den Gürtel verfehlte, dafür aber in den Kern des Sterns einschlug? Er dachte an die Krater, die sogar von Regentropfen an der Basis einer 5-G-Gravitationsquelle hinterlassen worden waren; was würde dann erst die gewaltige Masse der Versorgungsmaschine anrichten? In seiner Vorstellung entstand eine Flutwelle aus geschmolzenem Eisen, die sich über den Gürtel und seine Bewohner wälzte. Vielleicht würde sogar der Stern selbst dabei vernichtet werden…
Er starrte fasziniert auf die herabstürzende Versorgungsmaschine, die sich ihm bedrohlich näherte. Er konnte schon Details wie Ausgabestutzen und Tastenfelder erkennen und mußte dabei unwillkürlich an geregeltere Zeiten denken, wo man sich am Rande des Floßes für die Proviantausgabe angestellt hatte. Jetzt sah er den Mann, der sich noch
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