Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit
ausgeweidet – ganz zu schweigen davon, daß er die Hälfte seines Sauerstoffvorrats zum Anfachen der Flammen verblasen hatte – daß er sich nicht vorstellen konnte, mit ihrer Hilfe länger als ein paar Minuten zu überleben.
Er bezweifelte ohnehin, daß es einen großen Unterschied machen würde, egal, wie dieses kurze und heftige Gefecht auch ausging; er hielt es in jedem Fall für unwahrscheinlich, daß er diesen Vorgang überleben konnte.
Es war ihm im Grunde auch gleichgültig. Er hatte schon seit Jahren nicht mehr eine solche Ruhe verspürt.
Sein improvisiertes Sauerstoffzelt hielt noch, obwohl es durch die Turbulenzen der entoptischen Flüssigkeit belastet wurde; statische Elektrizität entlud sich flackernd am freiliegenden Nerv des Spline; er mußte dem Nervensystem der desorientierten Kreatur wahre Höllenqualen bereiten. Durch die sich eintrübende Linse des Spline sah er Bahnen kirschroten Lichts, Feuerstrahlen, die sich im Raum verzweigten. Die Strahlen des Sternenhammers beharkten jetzt das näherkommende GUT-Schiff. Aber er konnte auch sehen, wie heftig und ungerichtet das Feuer war.
Zum erstenmal gestattete er sich die Annahme, daß es wirklich funktionieren könnte.
»Jasoft Parz.« Wie Parz belustigt feststellte, war die synthetische, gedolmetschte Stimme des Qax nach wie vor so monoton und nichtssagend wie eine automatische Bahnhofsansage… aber dahinter verbarg sich ein zorniger Schrei. »Du hast mich verraten.«
Jasoft lachte. »Tut mir echt leid. Aber was hattest du denn erwartet? Wer hätte gedacht, daß ein Spline-Kampfschiff so leicht lahmgelegt werden kann… vorausgesetzt, man hält sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort auf. Wie dem auch sei, du irrst dich. Tatsache ist, daß du dich selbst verraten hast.«
»Wie?«
»Durch deine unerträgliche Selbstgefälligkeit«, erläuterte Parz. »Du warst so sehr davon überzeugt, hier einen leichten Sieg verbuchen zu können. Verdammt, Qax, ich wäre aus allen Rohren ballernd aus dem Portal herausgebrettert – und diese Menschen aus der Vergangenheit aufgemischt, bevor sie überhaupt wußten, was los war! Aber nicht du – obwohl du wußtest, daß die Freunde von Wigner Abwehrmaßnahmen gegen dich getroffen haben konnten… und, was noch schlimmer war, du hast mich – einen Menschen, einen Feind – am verwundbarsten Ort deines Kriegsschiffes untergebracht; und das nur aus dem Grund, deinen Triumph bis zum Exzeß auszukosten. Selbstgefälligkeit, Qax!«
»Der Spline ist noch nicht am Ende«, sagte das Qax. »Seine Schmerzunterdrückungsroutinen sind zwar nicht auf den von dir angerichteten Schaden ausgelegt. Aber heuristische Routinen werden die Störung innerhalb weniger Sekunden behoben haben. Und, Jasoft Parz, du kannst dich schon mal auf das Erscheinen von Antikörper-Drohnen einstellen, die sich mit der Schadensursache befassen werden…«
»Jetzt hast du mir aber wirklich Angst gemacht«, meinte Parz trocken. Jenseits des sich eintrübenden Linsen-Fensters seiner Tiefseeambiente ausstrahlenden Zelle raste glitzerndes Kometeneis auf ihn zu; der GUT-Antrieb feuerte sonnenhell. »Aber ich glaube, daß wir nicht einmal mehr Sekunden haben, Qax.«
Schmerzgepeinigt schloß der Spline das Augenlid.
Ein von der beschädigten Kuppel herabhängendes Geschützrohr wurde nach unten bewegt; schließlich berührte die Mündung den Kristallboden unter Bergs Füßen und verschmolz nahtlos mit ihm. Zwei feurige Singularitäten bewegten sich unmerklich auf das Geschützrohr zu, als ob sie nur darauf warteten, in das Weltall geschossen zu werden. Berg spürte, wie sich das Schwerefeld, in das sie eingehüllt war, kaum wahrnehmbar veränderte; es war wie ein Erdstoß, und sie hatte das Gefühl, in ihre eigene Magengrube zu stürzen.
Sie wandte sich Jaar zu. »Hör mir zu«, sagte sie schnell. »Wir werden folgendermaßen vorgehen. Ich will, daß du dieses verdammte Ding so konfigurierst, daß es ein Singularitäten-Paar abfeuert, und zwar so, daß der Scheitelpunkt seiner Flugbahn im Inneren des Spline liegt. Aber das ist noch nicht alles. Ich will eine Fusion der Singularitäten, genau in dem Moment, wo sie in das Herz des Spline eingedrungen sind. Verstehst du?«
Der Blick, mit dem Jaar sie ansah, deutete zunächst nicht darauf hin. Dann dämmerte ihm, was sie vorhatte. Seine Augen verengten sich.
»Wie schnell kannst du das schaffen?« fragte sie.
»Paß auf.«
Als es zur Kollision kam, war es fast wie eine Ballettvorführung.
Die
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