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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Sonne geschah, mit den anderen Sternen. Hatte sie vielleicht angenommen, daß die Photino-Vögel irgendwie Bewohner der Sonne waren, wie eine lokale Infektion? – aber das konnte natürlich nicht sein, denn sie hatte gesehen, wie Vögel von hier wegflogen und durch die Hülle herunterstießen, um sich dem den Kern umkreisenden Schwarm anzuschließen. Also mußte es Vögel außerhalb der Sonne geben – und zwar in beträchtlicher Anzahl.
    Mit beängstigender Klarheit realisierte sie nun, daß ihre mit dem Faszinosum der Vögel selbst verbundene unkritische Annahme, die Vögel würden sich nur auf einen Stern beschränken, dazu geführt hatte, daß sie die Aktionen der Vögel in ihrem Innersten billigte. Es hatte sie dabei nicht einmal tangiert, daß die Aktivitäten der Vögel in der Vernichtung der Sonne resultieren würden – vielleicht sogar in der Auslöschung der Menschheit.
    Sie litt unter diesem unwillkommenen Einblick in ihre Seele. Schließlich war sie einmal ein Mensch gewesen; war sie wirklich schon so zynisch, so alien geworden?
    Die Ermordung der Sonne wäre an sich schon schlimm genug gewesen. Aber vielmehr – wie die Besatzung der Northern ihr in brutaler und expliziter Detailliertheit auseinandergesetzt hatte – starben am ganzen Himmel die Sterne: Sie blähten sich zu degenerierten Giganten auf und schrumpelten dann zu Zwergen zusammen. Das Universum wurde von planetarischen Nebeln durchzogen, Auswürfen von Supernovae und anderem Schutt von sterbenden Sternen, die alle mit komplexen – und nutzlosen – schweren Elementen angereichert waren.
    Die Photino-Vögel töteten die Sterne: Und nicht nur die Sonne, den Stern der Menschheit, sondern alle Sterne, soweit die Sensoren der Northern reichten.
    Mittlerweile gab es im Universum schon keinen Ort mehr, an dem Menschen hätten Zuflucht finden können.
    Und sie, Lieserl – in diesem Glauben schien sich die Crew der Northern zu befinden –, sollte eigentlich mehr tun, als nur ironische Kurznachrichten über ihre Maser-Konvektionszellen auszustrahlen. Sie müßte Warnschreie ausstoßen.
    In ihren komplexen Emotionen eruptierte eine Mischung aus Selbstzweifeln, Einsamkeit und Zorn. Mit welchem Recht wurde sie überhaupt von der Besatzung der Northern kritisiert? – wenn auch nur implizit? Sie hatte sich diesen Auftrag nicht ausgesucht – dieses unsterbliche Exil im Herzen der Sonne. Man hatte ihr kein Leben zugestanden. Und es war auch nicht sie gewesen, die während der Assimilation die telemetrische Wurmlochverbindung gekappt hatte.
    Warum sollte sie also, nach Millionen Jahren der Verbannung, der Menschheit noch irgendwelche Loyalität schulden?
    Und dennoch, überlegte sie, hatte die Ankunft der Northern und die neuen Perspektiven ihrer Besatzung bewirkt, daß sie die Vögel – und sich selbst – jetzt kritischer betrachtete, als sie das seit langer Zeit getan hatte.
    Sie stellte sich das Schattenuniversum aus Dunkelmaterie vor: Ein Universum, das ohne merkliche Interferenz die einst von Menschen bewohnten, sichtbaren Welten durchdrang… Und doch war diese Vorstellung irreführend, dachte sie, denn schließlich war die Dunkelmaterie kein Schatten: Sie umfaßte mindestens neunzig Prozent der Gesamtmasse des Universums. Die glühende, baryonische Materie war nur ein glitzernder Überzug auf der Oberfläche dieses dunklen Ozeans.
    Die Photino-Vögel – und ihre unbekannten Verwandten aus Dunkelmaterie – glitten wie Fische durch das schwarze Wasser, blind und unsichtbar.
    Aber der kleine, leuchtende Anteil der baryonischen Materie schien lebenswichtig für die Kreaturen aus Dunkelmaterie zu sein. Sie diente als Katalysator für die Kausalketten, welche die Existenz ihrer Spezies sicherten.
    Es fing schon damit an, daß keine Sterne aus Dunkelmaterie entstehen konnten. Und die Vögel schienen auf die Gravitationsquellen baryonischer Sterne angewiesen zu sein.
    Wenn eine Ballung aus baryonischem Gas unter Gravitationseinwirkung kollabierte, führte elektromagnetische Strahlung einen Großteil der produzierten Wärme ab – es war, als ob die Strahlung das Gas abkühlte. Die in der Wolke verbliebene Restwärme balancierte schließlich die gravitationale Anziehung aus, und ein Gleichgewicht entstand: Ein Stern wurde geboren.
    Aber Dunkelmaterie konnte keine elektromagnetische Strahlung generieren. Und ohne den Kühleffekt dieser Strahlung hielt eine unter der Schwerkraft kollabierende Wolke aus Dunkelmaterie einen viel größeren Teil ihrer

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