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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Wolkensysteme um den Globus, wie braune und goldene Wasserfarbentupfer. Und auch der größte Mond, Titan, war noch da.
    Aber die Ringe waren verschwunden.
    Louise schlang ein Seil um ihren tropfenden Körper und eilte zu ihrem Computer.
    »…Louise? Ist alles klar bei dir?«
    Von der Oberfläche der Stadt-Welt Titan aus betrachtet waren die Ringe ein geometrisch präzises Lichtband gewesen, das sich kontrastreich gegen das herbstliche Gold des Saturn abhob…
    Louise rang sich eine Antwort ab. »Ich trauere wohl den Ringen nach, Seilspinnerin. Sie boten den schönsten Anblick im ganzen Sonnensystem. Wer würde bloß eine solche harmlose, großartige Schönheit vernichten? Und, verdammt, sie gehörten uns.«
    »Aber«, wandte Seilspinnerin ein, »es gibt hier einen Ring. Ich kann ihn erkennen. Schau…«
    Louise blickte in die von Seilspinnerin angegebene Richtung und studierte ihre Rechnerkonsole.
    Der Ring manifestierte sich als ein schwaches Lichtband zwischen den Sternen, ein Schatten vor der schwellenden, unbeirrbaren Masse des Planeten selbst.
    Früher hatte es noch drei weitere Eismonde gegeben, deren Orbitalradien den von Titan übertrafen: Iapetus, Hyperion und den retrograden Phoebe. Die Reste der drei Monde bildeten diese Trümmerspur. Dünn, farblos und ohne erkennbare Struktur umkreiste der im Licht der sterbenden Sonne rot glühende Ring aus Eisbrocken den Planeten in einem Abstand von etwa sechzig Planetenradien, ein blasser Abglanz seines glorreichen Vorgängers.
    Und wo waren die anderen Monde?
    Louise checkte ihre Daten. Früher hatte Saturn siebzehn Satelliten gehabt. Jetzt – soweit sie aus den Orbits schließen konnte – existierten nur noch Titan und Enceladus. Und auch von Enceladus war nicht mehr viel übrig; der kleine Mond durchlief noch immer einen Orbit in einem Abstand von vier Planetenradien zu Saturn, aber sein Pfad war jetzt viel elliptischer als zuvor. Seine Oberfläche – schon immer zerklüftet und uneben – war jetzt ein einziges Trümmerfeld. Es existierten keine Anzeichen der kleinen menschlichen Stützpunkte mehr, die sich einst funkelnd von den Schatten der gekrümmten Gebirgszüge und kraterbestandenen Ebenen abgehoben hatten.
    Die restlichen Monde – selbst die harmlosen, sechzehn Kilometer durchmessenden Inseln aus Wassereis – waren verschwunden.
    Louise rief sich die alten, klangvollen Namen ins Gedächtnis. Pan, Atlas, Prometheus, Pandora, Epimetheus… Namen, die jetzt fast schon so alt waren wie die Mythen, denen man sie entlehnt hatte; Namen, welche die Objekte, die sie bezeichneten, überlebt hatten.
    »Louise?«
    »Tut mir leid, Seilspinnerin.«
    »Trauerst du noch immer?«
    … Janus, Mimas, Thetys, Telesto…
    »Ja.«
    »Irgend jemand muß das wohl tun.«
    »Seilspinnerin, was hat sich hier ereignet?«
    »Ein Kampf«, erwiderte Seilspinnerin ruhig. »Offensichtlich.«
    Calypso, Dione, Rhea, Hyperion, Iapetus, Phoebe…
    Der Nightfighter breitete die hundert Meilen breiten Schwingen aus und stieg über die Trümmer der vernichteten Monde hinweg.

    Milpitas saß in seinem Büro. Außerhalb des Tempels ertönten Rufe, Schreie und gebrüllte Worte, die zu undeutlich waren, als daß er sie hätte verstehen können.
    Die Geräuschkulisse schien sich zu nähern.
    Er räumte den Schreibtisch ab und verstaute Papiere, Stifte und Disketten in den Schubladen. Dann faltete er die Hände und legte sie auf den Tisch.
    Die Tür zu seinem Büro stand offen.
    Der Renegat von – draußen – schwebte dort in der Luft. In Milpitas’ Perspektive nahm er eine fast horizontale Position ein: Als ob er sich den Bestrebungen des Planers widersetzen würde, ihn in sein ordentliches, gravitationsstrukturiertes Universum zu integrieren.
    Der Renegat breitete die leeren Hände aus. »Ich will dir nichts tun.«
    »Dich kenne ich doch«, dämmerte es Milpitas.
    »Vielleicht tust du das.« Der Renegat war groß und ziemlich muskulös; er trug eine praktische, mit einem Dutzend Taschen bestückte Kombination, die mit unidentifizierbaren Werkzeugen vollgestopft waren. Er trug das Haar kurz, hatte es aber nicht vollständig abrasieren lassen; sein Blick war selbstbewußt, sogar erregt. Milpitas versuchte sich diesen Mann ohne Haar vorzustellen – und außerdem mit etwas weniger von diesem verdammungswürdigen Selbstbewußtsein –, in einem der versifften Standardoveralls von Suprahet und in einer angemesseneren Haltung: Vielleicht mit hängenden Schultern und vor sich gefalteten

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